Mit einem Vortrag beim Geschichtsverein erläutert der ehemalige Schüler des Gymnasiums Frechen am Dienstag (28. Oktober) seine Erlebnisse und Ansichten.
InterviewSo erging es dem in Frechen aufgewachsenen German Moyzhes in russischer Einzelhaft

German Moyzhes, ehemaliger Schüler des Gymnasiums Frechen, wurde in Russland inhaftiert. Er spricht bei einem Vortrag beim Frechener Geschichtsverein über seine Erlebnisse und Ansichten.
Copyright: Bernd Woidtke
Am 23. August 2019 wurde der georgische Asylbewerber Zelimkhan Khangoshvili im Berliner Tiergarten erschossen. Er galt als Gegner der russischen Regierung. Sein Mörder, Wadim Krassikow, russischer Geheimdienstmitarbeiter, wurde von einem Berliner Gericht wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach einer nicht unumstrittenen Entscheidung der Bundesregierung wurde Krassikow am 1. August 2024 gegen 16 in Russland Inhaftierte ausgetauscht, darunter German Moyzhes, der in Frechen zur Schule gegangen ist. Mit ihm sprach Bernd Woidtke.
Herr Moyzhes, Sie sind 1985 in St. Petersburg geboren und in Frechen aufgewachsen. Wie kamen Sie hierhin?
Ich zog mit zehn Jahren mit meiner Familie nach Deutschland im Rahmen des Projektes „Kontingentflüchtlinge“, angestoßen durch Ignatz Bubis, den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland. Am Frechener Gymnasium habe ich Abitur gemacht und an der Fachhochschule Wirtschaftsrecht studiert.
Offenbar war der Kontakt zu St. Petersburg nie ganz abgerissen?
Man konnte immer wieder problemlos dort hin, wir besuchten Freunde, und in der Anfangszeit haben wir mit Wladimir Putin durchaus Hoffnung verbunden, er sprach Deutsch, und hat anfangs viele richtige Dinge gesagt, ganz anders als heute.
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Wie hatte sich Ihre berufliche Situation entwickelt?
Ich hatte nach meinem Studium den Lebensmittelpunkt nach St. Petersburg verlagert und vermögende Menschen aus Russland, Kasachstan und der Ukraine beraten, die geschäftliche Kontakte nach Deutschland suchten.
Sie haben sich auch in anderen Bereichen engagiert?
Ja, ich habe unter anderem eine Fahrrad-Initiative organisiert: „Let's Go – Fahren und Gehen“, vergleichbar mit dem ADFC hierzulande. Außerdem bin ich Mitglied der Jabloko-Partei geworden, einer liberalen Partei, der einzigen, die sich nach wie vor gegen den Ukraine-Krieg ausspricht.
Wie haben Sie Ihre Verhaftung im Mai 2024 erlebt?
Ich saß auf dem Fahrrad und wurde, für mich völlig überraschend, festgenommen. Landesverrat wurde mir vorgeworfen. Darauf steht normalerweise eine Strafe von zwölf Jahren bis lebenslänglich.
Was genau warf man Ihnen vor?
Das war wenig konkret. Die entsprechenden Paragrafen sind sehr allgemein formuliert. In den Verhören wollte man nur wissen, welche Kontakte ich habe, man wollte herausfinden, ob ich irgendetwas verschweige, ob ich kooperiere.
Wie haben Sie die Zeit im Gefängnis empfunden?
Zum Glück musste ich nur zwei Monate in Haft verbringen. Zunächst blieb ich zehn Tage in einer Einzelzelle, das war sehr hart. Allerdings war die Behandlung durch die Aufseher in Ordnung, auch die medizinische Versorgung war gut. Später kam ich zu einem anderen Häftling in die Zelle, der mich emotional aufgebaut hat; er hatte schon einige Jahre Erfahrung im Gefängnis und machte mir Mut. Immerhin setzten sich viele Institutionen für mich ein: das Auswärtige Amt, die Kölner Synagogengemeinde, Sergey Lagodinsky vom Europaparlament und Michael Roth vom Auswärtigen Ausschuss des Bundestages.
Wie lief der Austausch dann ab?
Ich wurde zunächst drei Tage in einer Sonderzelle isoliert, man gab mir meine Sachen, die ich abgegeben hatte, zurück. Dann ging alles sehr schnell, ich bestieg einen Reisebus, sah bekannte Gesichter, darunter den US-Reporter Evan Gershkovich, der auch inhaftiert war. Wir wurden zum Moskauer Flughafen gebracht. Erst im Flugzeug erfuhren wir, dass es nach Ankara geht. Dort fand dann der Austausch statt. Mit einem kleinen Privatflugzeug wurde ich nach Porz-Wahn gebracht. Am selben Abend war ich bei Freunden zu Hause. Der Alptraum war zu Ende.
Vortrag beim Geschichtsverein
German Moyzhes hält am 28. Oktober, 19 Uhr, einen Vortrag beim Frechener Geschichtsverein, im Christian-Beu-Saal, Kolpinghaus, Kolpingplatz 1. German Moyzhes wird dort über seine Erlebnisse in Deutschland und in Russland berichten. Mit seiner Kenntnis beider Welten erläutert er auch die wechselhaften deutsch-russischen Beziehungen und bewertet den Ukraine-Konflikt.
Als Jude, der über gute Kontakte nach Israel verfügt, kann er ferner seine Sicht auf die augenblickliche Situation dieses Landes schildern und zu der in diesem Zusammenhang in Deutschland entstandenen Antisemitismus-Debatte Stellung nehmen. Eine Anmeldung ist online erforderlich.
