Die SPD versuchte, die anderen Stadtverordneten mit einem spontanen Antrag doch noch umzustimmen, blieb damit aber erfolglos.
Förderrichtlinien vorgestelltKerpen hält an Austritt aus Musikschule La Musica fest

Volker Mießeler (l.) ist Verbandsvorsteher der Musikschule, Theresa Meumertzheim und Peter Protschka teilen sich die Leitung.
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Die Stadt Kerpen hält an ihrem Willen, aus der Musikschule La Musica auszutreten, fest. In der jüngsten Ratssitzung der Kolpingstadt präsentierte die Verwaltung ihren Entwurf für ein Förderrichtlinienprogramm, das die musikalische Bildung nach dem Austritt auffangen soll. Das sei günstiger und entlaste den Haushalt.
Kerpen: CDU will Austritt aus der Musikschule nach wie vor
Doch nicht etwa die Vorstellung der Förderrichtlinien sorgte für große Diskussion. Denn die SPD stieß diese bereits im Rahmen eines früheren Tagesordnungspunkts an, während der Haushaltsdebatte. Andreas Lipp überraschte mit einem spontanen Antrag, doch nicht aus der Musikschule auszutreten. „Wir beantragen, die Kündigung zurückzunehmen“, sagte er. Der Grund? „Wir haben entschieden, dass langfristige Kosteneinsparungen durch den Austritt nicht abzusehen sind und wollen deshalb im Zweckverband bleiben.“
Bei der CDU sorgte das für Verärgerung. Die Schüler hätten bei der Musikschule einen städtischen Zuschussbedarf von je 800 Euro plus die Kosten, die die Eltern zu tragen hätten, hielt Klaus Ripp (CDU) dagegen. „Durch die Regelung über die Förderrichtlinien wird die Situation anders, aber wir können das Angebot doch weiterhin bieten“, zeigte er sich überzeugt: „Wir werden so viel Geld einsparen können.“ In Anbetracht der Haushaltslage sei der Austritt also wichtig.
Ohne Honorarkräfte soll es bald teurer werden
Ripp verwies auch auf die neue Regelung, die es der Musikschule nicht mehr ermöglicht, günstige Honorarkräfte einzustellen, was die Kosten weiter erhöhe. Zudem erinnerte er daran, dass, sollte sich der Rat gegen einen Ausstieg entscheiden, die nächste Gelegenheit erst wieder in drei Jahren bestehe.
Lipp entgegnete, dass es immer noch fraglich sei, ob durch die geplanten Förderrichtlinien Antragsteller ein solches Angebot wie die Musikschule decken könnten.
Mit seinem Antrag hatte Lipp jedoch keinen Erfolg. Zwar stimmten die SPD und die Linke sowie Alessa Flohe (fraktionslos/Piraten) für den Verbleib in der La Musica. Doch sie wurden bei einer Enthaltung vom Rest der Anwesenden überstimmt, womit der Antrag abgelehnt wurde.
SPD stimmte Haushalt auch wegen La Musica nicht zu
Das hatte nun auch Folgen für den Haushalt. Denn, wie später in der Sitzung sowie in einer anschließenden Pressemeldung der SPD deutlich wurde, auch wegen des Austritts aus der Musikschule entschieden sich die Sozialdemokraten dazu, dem Haushalt in der aktuellen Form nicht zuzustimmen.
Auch der Musikschullehrer Martin Endrös, der die Bigband der Gesamtschule in Kerpen in den Musikschulverband überführt hatte, war als Bürger anwesend. Er fragte in der Einwohnerfragestunde nach den Gründen für den Austritt. Der städtische Beigeordnete Markus Meurer entgegnete darauf: „Das ist eine politische Entscheidung.“ Auf die Frage, wer sich künftig über die Vertragsabwicklung und die Logistik kümmere, verwies er darauf, dass die musikalischen Angebote dann über die Schulen liefen.
Einwohner und Musikschullehrer verärgert
Ein weiterer Einwohner, der sich nach eigenen Aussagen im Förderverein der Musikschule engagiert, befürchtete, dass durch die Antragstellung auf Förderung großer bürokratischer Aufwand entstünde. Meurer dagegen war überzeugt, dass der bürokratische Aufwand für Einzelpersonen gering bleibe.
Im Nachgang der Sitzung sprach die Redaktion zudem mit einem Musikschullehrer der La Musica, der nicht namentlich genannt werden will. Er beteuerte, die Kosten pro Kind betrügen nicht 800 Euro, sondern lediglich 400 Euro, Stand Sommer 2024. Ripps Zahlen seien aus der Luft gegriffen. Für die Kinder der Musikschule bedeute die Neuorganisation der musikalischen Bildung gleichzeitig auch ihr Ende, ist er überzeugt.
Betroffen seien allein in den Bläserklassen rund 20 bis 30 neue Schüler pro Schuljahr. In den vergangenen Jahren hätten rund 400 Schülerinnen und Schüler kein Blasinstrument erlernen können, hätte es die Musikschule nicht gegeben, führte er aus.
Politik nahm Förderrichtlinien zur Kenntnis
Nach der ausgiebigen Diskussion nahm die Politik die neuen Förderrichtlinien zur Kenntnis. Diese sehen vor, dass sowohl Vereine und Chöre als auch die Jugendzentren sowie Schulen und Kindertagesstätten Fördermittel beantragen können.
Kinder und Jugendliche beziehungsweise deren Erziehungsberechtigte können zudem einen Anspruch zur Übernahme von Kosten für Einzelunterricht in örtlichen und überörtlichen Musikschulen geltend machen. Die ortsansässigen und überregionalen Musikschulen sind ebenfalls zur Antragstellung im Sinne dieser Förderrichtlinien berechtigt.
Die Kolpingstadt fördert dem Entwurf zufolge Einzelmaßnahmen bis zu einem Betrag von 1500 Euro und Projekte in Form von mehrteiligen Maßnahmen bis zu einem Betrag von 5000 Euro pro Haushaltsjahr. Einzelunterricht und Gruppenunterricht werden bis zu einem auszuzahlenden Betrag von 25 Euro pro Monat und teilnehmender Person gefördert.
Die Musikschüler müssen einen Eigenanteil von 20 Prozent der nachgewiesenen Kosten aufbringen, außer der Unterricht wird durch eine Kindertagesstätte durchgeführt.
Weiter heißt es in dem Entwurf: „Der Förderantrag ist formlos unter Beifügung einer aussagefähigen Projektbeschreibung bis spätestens zum 15. Oktober eines Jahres gegenüber der Abteilung 22.1 der Verwaltung der Kolpingstadt Kerpen zu stellen.“ Die Verwaltung entscheide „nach freiem Ermessen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“, ob eine Maßnahme gefördert werde. Es bestehe kein Anspruch auf eine Förderzusage.
Bereits im Oktober 2022 hatte der Stadtrat entschieden, bis Ende 2025 aus der Musikschule auszutreten. Die Verwaltung wurde jedoch beauftragt, ein Alternativkonzept zur musikalischen Bildung vorzustellen. Der Verbandsvorsteher der Musikschule und Bürgermeister der Stadt Bergheim, Volker Mießeler, hatte sich in der Vergangenheit immer wieder dafür eingesetzt, dass die Musikschule erhalten bleibt.
Er hatte sich Mitte März noch optimistisch gezeigt, dass die sukzessiv ausgetretenen Städte (Elsdorf, Pulheim und Kerpen, Bedburg war Ende 2023 ausgetreten) im Zweckverband der Musikschule ihre Entscheidungen doch noch rückgängig machten - mit einem Ratsbeschluss.
Auch jetzt blieb er bei dieser Einstellung und sagte gegenüber der Redaktion: „Die Beschlussfassung in der entsprechenden Vorlage für den Rat der Stadt Kerpen bedeutet zunächst nur, dass bei der Stadt Kerpen Förderrichtlinien zum 01. Januar 2026 in Kraft treten, sofern nicht die Musikschule La Musica ab dem 01. Januar 2026 in eine Vereinsform übergeht.“
Eine Task Force La Musica erarbeite derzeit ein Positionspapier „mit allen relevanten Zahlen, Daten und Fakten zum Zweckverband La Musica“, das dann den jeweiligen Fachausschüssen und Räten der Mitgliederkommunen vorgelegt werde. „Ziel ist, dass die Räte der Mitgliedskommunen noch vor der Sommerpause die Kündigungen zurücknehmen. Auch der Stadt Kerpen werden wir wie vereinbart diese Informationen zur Verfügung stellen.“
Auch spreche er sich nicht für einen Übergang der Musikschule in einen Verein aus: „Eine externe rechtliche Prüfung hat ergeben, dass die zukünftige Organisation des Zweckverbandes als Verein keine Vorteile sondern nur Nachteile bringt. Auch dieses Gutachten haben wir allen Mitgliedskommunen zur Verfügung gestellt, damit dies in die Entscheidungsfindung mit einfließen kann.“