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Großübung130 Rettungskräfte probten den Ernstfall in der Shell-Raffinerie in Wesseling

4 min
Zu sehen ist, wie zwei Feuerwehrleute bei einer Übung einen Verletzten tragen.

Die „Verletzten“ bekamen für die Übung weiße Anzüge übergestreift. 

Laut Drehbuch für die Übung war Schwefelwasserstoff ausgetreten. Zahlreiche „Verletzte“ mussten gerettet werden.

Kein Mensch möchte sich das Szenario vorstellen: Bei der Shell in Wesseling ist Schwefelwasserstoff ausgetreten. In Sekundenschnelle hat die ätzende Chemikalie die Haut der Mitarbeiter aufgerissen – hat ihre Atemwege, ihre Augen und große Flächen ihrer Haut zum Teil sehr schwer verletzt.

„Raus hier – schnell weg“, schreit der gesunde Menschenverstand. Und doch gibt es Menschen, die sogar speziell dafür ausgebildet sind, bei solchen Katastrophen in die Gefahrenbereiche zu gehen – um den verletzten und schreienden Menschen schnell und richtig zu helfen und sie in Sicherheit zu bringen. So wie die Feuerwehrleute der hauptamtlichen und ehrenamtlichen Feuerwehr aus Wesseling, dem Rhein-Erft-Kreis und der Werksfeuerwehr der Shell am Standort Wesseling.

Wesseling: Werksfeuerwehr ist in maximal fünf Minuten am Einsatzort

Im Ernstfall wären bei einem Werksunglück in maximal fünf Minuten die ersten Helfer der Werksfeuerwehr – in spätestens acht Minuten auch die Feuerwehrleute der Wache aus Wesseling am Einsatzort. Und ohne zu zögern würden sie bei einem Schwefelwasserstoffaustritt in schwerem Atemschutz und in ihrer ganz normalen Einsatzkleidung in den Gefahrenbereich vorrücken, um schnellstens die Menschen dort zu retten. „Die Rettung von Menschen hat absoluten Vorrang“, erklärt Kreisbrandmeister Thomas Weiler.

Gleiches bestätigt auch Michael Weiß, Leiter der Gefahrenabwehr bei der Shell Rheinland. Parallel zur Personenrettung würde das Anlagenpersonal der Shell versuchen, die Anlage herunterzufahren. Per Knopfdruck wird zeitnah auch der Wasserschleier an der Anlage aktiviert. „Er verhindert, dass sich der Gefahrstoff weiter ausbreitet“, erklärt die Leiterin der Werksfeuerwehr der Shell am Standort Wesseling, Daniela Pfeiffer. Erst wenn alle Menschen gerettet und in Sicherheit sind, geht es an die Gefahrenabwehr – das ausgetretene Produkt kann dann mit einem Bindemittel aufgefangen und aufgenommen werden.

Zu sehen ist, wie Feuerwehrleute bei einer Übung einen Verletzten auf einem Fabrikgelände versorgen.

Geübt wurde auch die Rettung von Verletzten aus der Höhe.

Um die Abläufe einer solchen Einsatzlage mit einem Massenanfall von Verletzten (MANV) zu trainieren, fand am vergangenen Samstagvormittag (4. Oktober) eine sehr große Übung bei der Shell in Wesseling statt. Fast 170 beteiligte Einsatzkräfte – rund 130 Rettungskräfte, etwa 30 Feuerwehrleute und sechs Notärzte – waren aus dem Rhein-Erft-Kreis und aus Bornheim nach Wesseling gekommen.

„Die Vorbereitungen für die Übung, bei der laut Drehbuch Schwefelwasserstoff ausgetreten war, dauerten fast ein ganzes Jahr“, erklärt der zuständige Unternehmenssprecher Constantin Graf von Hoensbroech. Speziell ausgebildete und für ihren Einsatz auch eigens geschminkte Statisten nahmen die Rolle der insgesamt 15 zum Teil sehr schwer verletzten Mitarbeiter ein.

Die Übung fand im Werk bei laufender Produktion statt. Und auch der Feuerwehr- und Rettungsdienst im Stadtgebiet Bornheim und im Rhein-Erft-Kreis blieb durch die Übung unbeeinträchtigt. Wie Weiler betonte, waren viele Feuerwehrleute und Rettungskräfte an ihrem freien Tag gekommen – darüber hinaus mehr als 60 Ehrenamtler und eine ganze Klasse des dritten Ausbildungsjahres der angehenden Notfallsanitäter der Schule für Notfallmedizin und Rettungswesen aus Bergheim.

Trainiert wurde die Zusammenarbeit von Werksfeuerwehr und den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Feuerwehrleuten aus dem Rhein-Erft-Kreis, sowie die Einsatzlage beim Stichwort „MANV“, wenn es also sehr viele verletzte Menschen gibt. „Hier lag der Fokus auch in der Zusammenarbeit der Rettungskräfte und unserem medizinischen Dienst hier bei der Shell“, sagte von Hoensbroech.

Zu sehen sind Feuerwehrleute bei einer Übung und die Darsteller von Verletzten in weißen Overalls.

Bei der Übung auf dem Werksgelände von Shell in Wesseling galt es, möglichst viele „Verletzte“ zu bergen und zu versorgen.

Mehrere Beobachter hielten das Übungsszenario von allen Seiten genau im Blick. Schnell merkten auch sie, dass alle Einsatzkräfte bald völlig vergessen zu haben schienen, dass es sich nur um eine Übung handelt. „Den haupt- und ehrenamtlichen Feuerwehrleuten und den Rettungskräften war richtig anzumerken, dass sie sehr auf die Einsatzlage konzentriert waren und wirklich alle ihr Bestes gaben“, resümiert Daniela Pfeiffer.

Der Standortleiter der Shell Rheinland, Jan-Peter Groot Wassink, ließ die Männer und Frauen abschließend wissen, wie dankbar er sei, dass solche großen Übungen möglich sind. Laut Landrat Frank Rock hat die Übung bereits gezeigt, wie professionell und abgestimmt die Einsatzkräfte zusammenarbeiten. „Mein herzlicher Dank gilt allen haupt- und ehrenamtlichen Kräften – ihr Einsatz und ihre Bereitschaft sind nicht selbstverständlich und verdienen höchste Anerkennung“, sagte Rock.