Biobauer Bernd Schmitz hat vor zehn Jahren mit der solidarischen Landwirtschaft begonnen, damals noch gemeinsam mit der Solawi in Bonn.
Zehn Jahre SolawiWie in Hennef Gemüse solidarisch angebaut und geerntet wird

Die Solidarische Landwirtschaft Hanfer Hof existiert seit zehn Jahren, gerade beginnt das neue Erntejahr. Lotte Jobs bereitet die Verteilung vor.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Die Radieschen sind schon blitzerot, der Schnittlauch wächst, zartes Grün sprießt aus dem Boden. Im geschlossenen Folientunnel erntet Gärnter Daniel Schöb den ersten Salat des Jahres. Draußen ist der Kartoffelacker abgesteckt, der Boden ist oberflächlich bearbeitet, um die feuchten Schichten darunter nicht freizulegen. Ein paar Hundert Meter weiter, in Sichtweite, sortiert Lotte Jobs den Lauch, der frisch ausgeliefert wird.
Zehn Jahre ist die Solidarische Landwirtschaft Hanfer Hof (Solawi) jetzt alt. „Wir haben uns damals reingestürzt“, erinnert sich Biobauer Bernd Schmitz. „Was gibt es für Möglichkeiten, mit Menschen zuverlässig zusammenzuarbeiten?“ Das war die Idee. Milch und Fleisch hatte er zuvor schon direkt vermarktet. „Aber Gemüse war nie ein Thema auf dem Hanfer Hof.“ Ist es aber jetzt, seit sechs Jahren, für drei Menschen sind Stellen geschaffen worden, mit Arbeitszeiten, wie sie sie wollen.
Solawi in Hennef: Schon im April gibt es frische Radieschen aus der ersten Ernte
Mehr als 50 Kulturen werden angebaut. Schon im Frühjahr gibt es die erste Ernte, eben jene blitzeroten Radieschen. Alles ist eingebunden in die Kreislaufwirtschaft des Betriebes. Schmitz arbeitet insekten- und bodenschonend, der Humusaufbau auf den drei Hektar Fläche ist ihm enorm wichtig. „Der kommt oft zu kurz, weil es sonst wirtschaftlich nicht geht“, erklärt er.
Bei der Solawi wird das getragen von den Mitgliedern. In einer Bieterrunde, die gerade gelaufen ist, wird ein monatlich zu zahlender Betrag festgelegt. Da haben die Familien die Möglichkeit, anzugeben, wie viel sie bezahlen können. Wer mehr Geld hat, gibt mehr, andere können weniger beitragen. Ist der Durchschnittsbetrag ermittelt, können gern noch weiter Menschen dazukommen. Für sie ist der Monatszahlung dann aber festgelegt.

Gärtner Daniel Schöb pflückt im Folientunnel frischen Salat für die Abholung.
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Aktuell kostet die große Einheit 112 Euro. Eine drei- bis vierköpfige Familie kann damit ihren Bedarf decken. Im Frühjahr rollen die Lieferungen an, Palmkohl, Lauch, Möhren, Pastinake, Postelein, Schnittlauch, Salat - schon jetzt ist der Warenkorb vielfältig. Im Laufe des Jahres wird es immer diverser. Kartoffeln, Tomaten, Paprika, Kräuter, verschiedene Salate, Zwiebeln, Knoblauch - alles in bester, zertifizierter Bio-Qualität.
Übrigens gibt es auch eine kleine Einheit für 78,40 Euro, ausreichend für zwei Personen. Der Betrieb ist ausgelegt auf insgesamt 97 große Einheiten oder, als Beispiel, 74 große und 32 kleine. 75 Anteile sind schon fest zugesagt. Mit 26 Einheiten ging es los, 16 Familien sind von Anfang an dabei. Die Möglichkeit einzusteigen gibt es nahezu immer. Schmitz wünscht sich zudem aktive Mitarbeit, beim Jäten, Kartoffelernten, der Verteilung, Ernten, Zäunebau oder beim Pflanzen des schmalen Waldstreifens zwischen beiden großen Feldern.

Die Mitglieder haben einen Agro-Forst zum Windschutz angepflanzt.
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„Das ist ein so genanntes Agro-Forst-System“, erläutert der Landwirt, „der wurde von den Mitgliedern gepflanzt auf städtischem Grund. Die Stadt hat uns dabei unterstützt.“ Es wird künftig den Wind brechen, der auf der nach Osten exponierten Fläche über den Boden streicht und ihn bei fehlenden Niederschlägen weiter austrocknet. Trockenheit ist ein ernstes Thema. Im Dürrejahr 2018 war die Erde staubtrocken.
Kartoffelkäfer sammeln gehört zu den Aufgaben der Mitglieder in Hennef
Auch das gehörte zu den Herausforderungen der Solawi. Schmitz ließ einen Brunnen bohren, um die Wasserversorgung sicherzustellen. Am Rand eines der Felder, die in Sieben-Jahres-Fruchtfolgen bewirtschaftet werden, steht ein Insektenhotel. Schon jetzt früh im Jahr herrscht dort reges Leben. Solitärbienen finden hier Quartier und bestäuben die ersten Blüten.

Landwirt Bernd Schmitz hat sich vor zehn Jahren ins Abenteuer Solawi gestürzt.
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Wir sind eine Wirtschaftsgemeinschaft, bei der die Mitglieder die Schwarmintelligenz liefern.
Solidarität ist für ihn und seine Frau Natalie Fehling wichtig, muss aber mit Inhalt gefüllt werden. „Wir sind eine Wirtschaftsgemeinschaft, bei der die Mitglieder die Schwarmintelligenz liefern“, formuliert der Landwirt. „Jede und jeder bringt sich nach seinen persönlichen Möglichkeiten ein, der eine kann Tore bauen, der andere Werbung machen oder die Internetseite pflegen“, zählt Fehling auf. „Wir wollen nicht nur den zahlenden Kunden, sondern den, der mitdenkt, teilt und überlegt, dann reicht es bei der Verteilung auch für den Letzten.“
Eine der wiederkehrenden Aufgaben ist das Einsammeln des Kartoffelkäfers. Der hat keine natürlichen Feinde, außer dem Truthahn. Der aber ist, anders als die Kartoffeln, nicht eingeführt. Vielleicht kann der Fasan aushelfen, Schmitz will es probieren. Die Hühner jedenfalls gehen nicht ran. Probieren ist auch so ein Stichwort. „Wir testen jetzt market gardening“, schildert Schmitz, das ist ein neues Anbausystem, händisch werde mit der Bodenfräse gearbeitet. Die Pumpe für die Wasserversorgung will er mit Sonnenenergie antreiben: „Immer weiter schauen.“

Vorn sind kleine Parzellen für Feingemüse vorbereitet, im Hintergrund wächst noch der Kohl.
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2,5 Hektar des südlichsten Ackers von Hennef hat er gepachtet, ein halber Hektar gehört ihm. Vernünftigen Lohn sollen Lotte Jobs, Daniel Schöb und Marie Jacobs bekommen. Die Abholung ist selbst organisiert, es gibt zwei Depots in Sankt Augustin-Hangelar und Hennef sowie Abholgemeinschaften und viele Einzelfamilien-Abholung. „Du bezahlst kein Einzelstück“, sagt Fehling, „sondern ein zukunftsfähiges, stabiles Gesamtsystem. Geschmack, den kann ich gar nicht woanders einkaufen.“