Hohes Miscanthusgras schützt das Geflügel auf den Freilaufflächen vor plötzlichen Angriffen durch Raubvögel und spendet kühlen Schatten.
Futter wird selbst angebautAnna Telohe will später Geflügelhof Wirtz in Niederkassel von Eltern übernehmen

Anna Telohe (26) ist in den elterlichen Betrieb eingestiegen, hier mit zwei jungen Masthähnchen auf dem Geflügelhof Wirtz.
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Wenn das Geflügel abends sicher im Stall ist, drehen Rex und Mia auf den Freilaufflächen des Geflügelhofes Wirtz in Niederkassel ihre Runden. „Es passiert immer mal, dass sich ein Huhn versteckt und beim Anbruch der Dunkelheit nicht zusammen mit den anderen geht. Füchse merken das und kommen im Schutze der Nacht aufs Grundstück und reißen das Tier“, berichtet Anna Telohe. Ein Fuchs sei gelenkig und könne Zäune mühelos durch Klettern überwinden. Die beiden Westerwälder Kuhhunde hätten jedoch ein wachsames Auge und vertrieben den Eindringling. Bei Gänsen gebe es dieses Problem nicht. Sie blieben immer in der Gruppe.
Die 26-jährige Anna Telohe ist mittlerweile voll in den Betrieb ihrer Eltern eingestiegen. An die 10.000 Hühner leben auf dem Geflügelhof Wirtz, dazu 1000 Gänse und um die Weihnachtszeit rund 100 Puten. „Mir macht die Arbeit hier Spaß“, betont sie. Nach dem Abschluss auf der Alfred-Delp-Realschule absolvierte sie nach dem Besuch der Höheren Handelsschule in Siegburg erst einmal eine Ausbildung als Kauffrau für Büromanagement in einem Maschinenbauunternehmen.
Anna Telohe ist für Marketing und Vertrieb der Produkte zuständig
Doch wie das so manchmal geht, wenn die Eltern einen Betrieb haben: Anna Telohe konnte nie so richtig loslassen. Seit frühester Jugend war sie in die Abläufe auf dem Geflügelhof eingebunden und half mit, wenn es nötig war. Und so ergab es sich, dass sie nach erfolgreicher Ausbildung bei den Eltern einstieg, „obwohl sie auch einen anderen Berufsweg hätte wählen können“, wie ihre Mutter Astrid Telohe ausdrücklich betont.

Rund 1000 Gänse sind auf den Freiflächen zu finden. Als Schutz gegen Greifvögel wächst an den Rändern hohes Miscanthusgras. Dorthin können die Tiere bei einem plötzlichen Angriff aus der Luft fliehen.
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Die Eltern freute das natürlich. Inzwischen ist Anna Telohe für das Marketing und den Vertrieb zuständig. „Mit den Kunden muss man umgehen können. Und Anna ist da perfekt“, lobt Vater Franz-Josef Telohe. Rund 8000 frisch gelegte Eier müssen jeden Tag in die Geschäfte gebracht werden. Große Supermärkte in der Region werden beliefert. Anna Telohe fährt selbst Touren und führt die Verhandlungen. Nebenbei macht sie noch ihren Wirtschaftsfachwirt.
Die frisch gelegten Eier werden an einem Leuchttisch auf Bruchstellen kontrolliert
Astrid Telohe (59), geborene Wirtz, lernte ihren Mann auf der Meisterschule kennen und lieben. Franz-Josef Telohe (60) zog nach Niederkassel. 1994 übernahm das Ehepaar den Betrieb, baute 2003 den neuen Hof mit den Freilaufflächen für biologische Hühnerhaltung. Der eingeführte Name Wirtz wurde beibehalten.
Ans Aufhören denken die Eheleute noch nicht. Sie hätten viel Freude an der täglichen Arbeit. Das Ehepaar freut sich aber, langfristig die Verantwortung in jüngere Hände abgeben zu können. „Ein Hof wird nicht plötzlich von heute auf morgen übergeben. Es ist ein langsamer Prozess“, betont Astrid Telohe.

Anna Telohe (links) mit ihrer Mutter Astrid, geborene Wirtz. Beide kontrollieren an einem Lichttisch frisch gelegte Eier auf Bruchstellen.
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Sie steht mit ihrer Tochter am Leuchttisch. Dort werden die frisch gelegten Eier überprüft. Nur wenn die Schale unbeschädigt ist, können sie in den Verkauf gegeben werden. Eine Arbeit, die per Hand jeden Tag erledigt wird. Im Familienbetrieb muss jedes alles können. Wenn Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter im Urlaub sind oder plötzlich krank werden, springen die Telohes ein. Dann bliebt auch die Arbeit im Büro erst einmal liegen. Die tägliche Produktion hat Vorrang.
Für die Hühner gibt es einen Stall mit einer großen Freilauffläche. Wer glaubt, Hühner wollten immer ins Freie, täuscht sich. „Wenn es in den Sommermonaten heiß ist, suchen die Tiere gerne den kühlen und schattigen Stall auf“, berichtet Franz-Josef Telohe. Dazu kommt die Gefahr auf den Freilaufflächen durch Greifvögel, die sich auf das Geflügel stürzen und sich ein Huhn holen. Dann fliehen die verängstigten Tiere in den Stall, wo sie sicher vor Angriffen sind.

Das getrocknete Miscanthusgras wird gehäckselt und dient als Einstreu für die überdachten Freilaufflächen der Hühner.
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Auf dem Geflügelhof Wirtz gibt es aber eine Alternative: Größere Teile der Freifläche wurden mit Miscanthus bepflanzt. „Die hohen Pflanzen bieten bei Hitze ausreichend Schatten und zudem Schutz vor Greifvögeln. Da diese Umgebung ihrem natürlichen Lebensraum ähnelt, halten sich unsere Hühner hier gerne auf“, erläutert Franz-Josef Telohe. Im Winter, wenn das Miscanthusgras vertrocknet ist, wird es gehäckselt und dient als Einstreu fürs Geflügel. So wird es gleich zweimal genutzt.
Das Futter für die Hühner wird selbst angebaut. „Damit ist sichergestellt, dass es unseren Qualitätsanforderungen entspricht“, sagt Anna Telohe. Auch das Mahlen des Getreides und das spätere Mischen wird seit Jahrzehnten auf dem Hof erledigt. Die Qualität der Eier verbessere sich, wenn das Futter frisch hergestellt und verfüttert werde.

Landwirt Franz-Josef Telohe mit Rex, der abends auf die Freilaufflächen aufpasst.
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Auch um den Internetauftritt des Geflügelhofes kümmert sich Anna Telohe. So kann man zum Beispiel dort die Martinsgänse ab Oktober bestellen. Das hat sie eingeführt. Ab Sankt Martin bis Weihnachten kann das so reservierte Geflügel auf dem Hof abgeholt werden.