Die Zahl der privaten Hühnerhalter im Rhein-Sieg-Kreis hat seit Jahren stark zugenommen – besondere Rassen und Eierfarben sind Gründe.
Verein in Sankt AugustinWarum bei manchen Hühnerhaltern jeder Tag wie Ostern ist

Buntleger-Hühner: Damit ist jeden Tag Ostern im Eierkörbchen.
Copyright: Gero Gellert
Bei mir im Eierkörbchen ist jeden Tag Ostern. Blau, Grün, Beige, Braun, Getupft, Weiß, Rosa. Im Heu liegen die Eier, manchmal noch warm: Seit zweieinhalb Jahren bin ich jeden Tag immer wieder neu begeistert von den Eiern, die meine Hühner legen. Und von den Hühnern selbst.
Hühner stinken (nein), gackern laut (ja!), zerkratzen die Beete (Unkraut hat keine Chance, Blumenzwiebeln auch nicht), machen ihre Häufchen überall hin (leider: auch ja): Das sind die Vorurteile, mit denen wir uns als angehende Hühnerhalter im Vorfeld beschäftigt und die wir dann zum Glück ignoriert haben. Denn Hühner gackern nicht nur, insbesondere, wenn sie ein Ei – ach was, das beste, schönste, perfekteste Ei – gelegt haben, auf das sie nun alle Welt aufmerksam machen wollen. Sie gurren, sie zwitschern und eine meiner Damen versucht sogar zu krähen.
Im Supermarkt gibt es braune und weiße Eier, die Farbvielfalt ist aber viel größer
Hühner sind immer überall. Sie sind in den Beeten, sie stehen vor der Küchentür (und wenn man nicht aufpasst, auch im Haus), sie untersuchen das Auto, bevölkern den Pferdestall, besuchen die Nachbarn. Sie legen sich in die Sonne und spreizen die Federn, sie werfen ein gieriges Auge aufs Croissant, sie kommen gerannt und geflogen, wenn man ruft – es könnte ja etwas Leckeres geben. Hühner sind großartig.
Meine heißen Krummschwanz und Friese, Agnetha und Lady Gacka, Juliette, Gina, Hilde, Prinzessin Leia und Miss Marple. Hahn Solo, der Schuft, ist eines Tages auf und davon zum Nachbarn, der noch mehr Hennen hat. Sie sehen, mit Hühnern ist es nie langweilig.

Küchentür auf, Hühner drin: Mit diesen tierischen Lebensmittelkontrolleuren muss man als Hühnerhalter rechnen...
Copyright: Gero Gellert
Vor allem aber: Hennen legen Eier. Mal haben wir zwei im Nest, mal sechs; immer aber sind sie bunt. Ja, das gibt’s: im Supermarkt werden weiße und braune verkauft, die Farbvielfalt bei Hühnereiern ist tatsächlich aber viel größer.
Unser Produktionsteam besteht aus Juliette, dem prächtigen, schwarzen, französischen Marans-Huhn, mit der tiefen Stimme einer Juliette Gréco, das dunkelbraune Eier legt. Lady Gacka, das schwarze, runde Huhn mit Federhaube, legt grüne Eier – ebenso typisch für diese Rasse wie der niedliche Stummelschwanz. Miss Marple und Hilde sind englische Sussex-Hühner, zuständig für beige-gelbliche Schale. Gina, unsere elegante Italienerin, zaubert formschöne, weiße Eier; Agnetha, das schwedische Blumenhuhn, legt cremefarben. Friese mit großem zur Seite gekippten Kamm und Schiefschwanz dagegen sind Kreuzungen, die leuchtend blaue Eier produzieren.
Die Eier sehen aber nicht nur schön aus, sie sind auch lecker, viel schmackhafter als die aus dem Supermarkt. Das hat auch Daniela Krauß festgestellt, die in Sankt Augustin im Erhaltungszuchtverein für Rassegeflügel Mitglied ist. Das liege vor allem am Futter: In den großen Produktionsbetrieben gebe es häufig sogar Fischmehl zu fressen, was sich auf den Eiergeschmack auswirke. Krauß absolviert derzeit eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin für Geflügel. Denn viele Sorgen, die private Hühnerhalter plagen, könnten schon durch richtige und ausgewogene Fütterung abgestellt werden.
Geflügelverein aus Sankt Augustin will alte Hühnerrassen erhalten
Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie, haben sie und der Vereinsvorsitzende Bruno Bloch beobachtet, hat die Zahl der privaten Hühnerhalter im Rhein-Sieg-Kreis stark zugenommen. „Viele Menschen sagen, sie wollen ein reines Ei haben, ohne Rückstände von Medikamenten, die den Tieren in einer industriellen Haltung verabreicht werden“, weiß Bloch.

Hahn Amadeus sitzt auf dem Arm von Daniela Kraus.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Viele der Hobbyhalter hätten aber auch ein Faible für die besonderen Rassen, erklärt Krauß: „Die alten Rassen sind superschön!“ Dafür wolle vor allem der Verein aus Sankt Augustin seine Mitglieder und Hühnerhalter in der Region begeistern und zugleich helfen, die zum Teil seltenen Rassen vor dem Aussterben zu bewahren. „Es ist schade, wenn eine Rasse eingeht“, sagt Krauß. „Ohne die Rassenvielfalt würde es ja auch die Mischungen wie die Blauleger nicht geben!“
Ihre eigenen Hühner, die sie am Spielplatz in der Wellenstraße für die Kinder hält, legen weiß und braun – und sind aber vor allem niedlich: rund und flauschig und zahm. Hahn Amadeus springt zum Kuscheln auf den Arm. Jedes Huhn hat seinen eigenen Charakter, sagt Krauß. Sogar Kunststücke könne man ihnen beibringen, Clickertraining wie bei Hunden sei mit Hühnern durchaus möglich.