Alexander Rubin war in den dunklen Rauch der Nachbarwohnung gelaufen und brachte den zwei Jahre alten Jungen hinaus. Dafür wird er ausgezeichnet.
„Alex, rette das Kind“Sankt Augustiner riskiert sein Leben und holt Kleinkind aus brennender Wohnung

Bei einem Brand im ersten Obergeschoss eines Hochhauses an der Ankerstraße in Sankt Augustin wurden acht Menschen verletzt.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Alexander Rubin aus Sankt Augustin wird am Freitag, 7. November, in Gelsenkirchen von Ministerpräsident Hendrik Wüst mit der Rettungsmedaille des Landes Nordrhein-Westfalen geehrt. Für Doreen Pintscher, ebenfalls Sankt Augustin, wird er eine Öffentliche Belobigung aussprechen.
Die beiden haben am 18. November 2022 ein zwei Jahre altes Kind aus einer brennenden Wohnung an der Ankerstraße in Sankt Augustin gerettet. Bei dem Brand wurden acht Menschen verletzt, drei Kinder im Alter von zwei, fünf und acht Jahren erlitten Rauchvergiftungen und wurden mit Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.

Alexander Rubin steht noch einmal vor der Tür der Wohnung, aus der er das Kind rettete.
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An jenem Freitag müssen sich gegen 10.10 Uhr dramatische Szenen abgespielt haben. Das Feuer war in einem Kinderzimmer ausgebrochen. Die Räume im ersten Obergeschoss waren stark verraucht. Ein acht Jahre altes Mädchen rannte mit ihrem fünf Jahre alten Bruder zur Nachbarin, Doreen Pintscher. Diese alarmierte sofort die Feuerwehr und lief zu der Wohnung.
Die Tür war wieder ins Schloss gefallen. Die Frau trat sie ein, doch giftige Gase quollen ihr entgegen. Aus dem Kinderzimmer schlugen Flammen, bis dorthin gelangte sie, versengte sich aber die Haare und rettete sich in den Flur. Der heute 38 Jahre alte Alexander Rubin erinnert sich: „Ich war gerade eingeschlafen, nachdem ich von der Nachtschicht am Flughafen gekommen war.“
Seine Frau weckte ihn auf. Das war ein glücklicher Zufall, sie war wegen eines abgesagten Termins zu Hause. „Alex, rette das Kind!“ Rubin lief noch in Unterhose in den Flur, wo die beiden Kinder weinten und schrien, und sah den dunklen Qualm. „Ich bin zurück und habe mir eine Hose angezogen, außerdem habe ich ein Tuch nass gemacht für die Atemwege.“ Auf eine Jacke verzichtete er, zu groß, das wusste er aus Schulungen, sei die Gefahr, dass die Kleidung auf der Haut schmilzt.
Nur Sekunden später war er wieder draußen. „Da bin ich reingegangen in die Wohnung und bis zum Kinderzimmer gelaufen. Da war nichts. Die Flammen schlugen durch die offene Tür in den Flur, sodass ich tief geduckt weitergelaufen bin zum Schlafzimmer.“ Sehen konnte er nichts, zu dicht war der Rauch. „Die Geschwister schrien laut auf dem Flur, ich konnte nichts hören von dem kleinen Jungen.“
Die Flammen schlugen durch die offene Tür in den Flur.
Der damals 35-Jährige kehrte noch einmal zurück in den Flur. „Seid leise, habe ich die Kinder und die Frauen aufgefordert.“ Dann rannte er erneut ins Schlafzimmer, gebückt und möglichst nahe am Boden. „Da war alles dunkel. Ich habe wie blind das Elternbett abgetastet und schließlich das Kinderbett gefunden.“
Der Zweijährige lag noch darin. „Das Kind habe ich rausgezogen und mir unter den Arm geklemmt. So tief wie möglich bin ich durch den Flur zurück in den Flur“, erzählt er. „Die Schwester hat geschrien und geweint, als sie uns sah. Wir haben sie alle in unsere Wohnung gebracht.“ Ein Fehler, wie er heute weiß, besser wäre es gewesen, sich nach draußen zu retten.
Der Rettungsdienst stellte bei Rubin keine Verletzungen fest
„Die Feuerwehr hat uns später rausgeholt, da war der Flur vollkommen verqualmt“, sagt er. Im Kinderzimmer wartete er am Fenster auf die Feuerwehr. „Ich habe dem Einsatzleiter direkt berichtet, dass das Kind gerettet ist.“ Mitarbeiter des Rettungsdienstes untersuchten Rubin, stellten aber keine Verletzungen fest.
Tatsächlich hat er damals sein eigenes Leben riskiert, um einem Menschen aus einer lebensbedrohlichen Lage zu helfen. Das ist die Voraussetzung für die Rettungsmedaille. „In dem Augenblick war das unwichtig, das habe ich mir erst nachher überlegt“, sagt er heute.

Feuerwehrleute retteten auch den Hund der siebenköpfigen Familie aus der Wohnung.
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Die Freiwillige Feuerwehr hatte das Feuer seinerzeit schnell gelöscht. Rauch war durch Fenster und Türen ins Treppenhaus und eine darüberliegende Wohnung gezogen, insgesamt fünf Erwachsene wurden leicht verletzt. Den Hund der siebenköpfigen Familie rettete ein Angriffstrupp ebenfalls.
Verursacht hat den Brand vermutlich der fünf Jahre alte Bruder des Zweijährigen. Nach Ermittlungen der Polizei hat er wohl mit einem Feuerzeug gespielt und das Feuer entzündet. Das Verfahren wurde, so die Staatsanwaltschaft Bonn, wegen Strafunmündigkeit niedergeschlagen.
1420 Menschen wurden schon mit der Rettungsmedaille NRW geehrt
Die Familie lebt nicht mehr in dem Haus an der Ankerstraße 34. Die Wohnung habe lange leergestanden, berichtet Rubin, seit etwa einem Jahr ist sie wieder bezogen. Der Flur wurde ebenfalls erst nach Monaten gestrichen, nachdem der 38-Jährige angemahnt hatte, dass die Rußspuren ihn immer wieder an das schreckliche Ereignis erinnerten. Er und Pintscher wurden für ihr vorbildliches Verhalten für die Auszeichnung vorgeschlagen. Die Rettungsmedaille des Landes NRW wird seit 1951 verliehen. Seither wurden 1420 Bürgerinnen und Bürger geehrt.

