Der Eigentümer des Seniorenheims am Michaelsberg will das Haus renovieren und weiter betreiben. Währenddessen nehmen die Bewohner Abschied.
UmbauBewohner verlassen Siegburger Seniorenzentrum – Eigentümer sucht neuen Betreiber

Monika Orth und ihr Mann Walter helfen beim Umzug ihrer Mutter Anneliese Grundmann nach Geilenkirchen.
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Der Eigentümer des Seniorenzentrums am Michaelsberg, die Wert-Investition Holding GmbH mit Sitz in Sarstedt, will das Haus behalten und die Umbauarbeiten abschließen. Das bestätigte Geschäftsführer Werner Ströer am Dienstag auf Anfrage der Redaktion. Binnen sechs bis zwölf Monaten, so hoffe er, könnten die Renovierungsarbeiten abgeschlossen sein. Zudem werde ein neuer Betreiber gesucht.
„Dafür gibt es bereits Interessenten“, so Ströer. Wie berichtet, hatte der letzte Inhaber der Betreibergesellschaften für das Zentrum die Konten gesperrt, so dass die Einrichtung zahlungsunfähig wurde.
Bewohner des Altenheims am Michaelsberg nehmen Abschied
„Unglaublich“ sei es, so Ströer, dass dies in einem Rechtsstaat möglich sei. „Für die Betroffenen tut uns das sehr leid.“ Den abgetauchten Betreiber Robert Schulz, gegen den Strafanzeigen vorliegen, kenne er persönlich nicht. Das Seniorenzentrum sei „eine Perle“, gerade wegen seiner Kombination aus stationärer Pflege und betreutem Wohnen. Im Gebäude waren schwere Brandschutzmängel aufgefallen und eine 24-Stunden-Brandwache eingerichtet worden. Die Kosten, von der Stadt zunächst vorgestreckt, werde die Holding übernehmen, versicherte Ströer.
Abschied nehmen heißt es unterdessen für viele Bewohner und Beschäftigte: Wie berichtet, müssen bis Freitag kommender Woche alle Umzüge gelaufen sein. Auf die Familie von Anneliese Grundmann etwa kam eine Menge Arbeit zu: Tochter und Schwiegersohn Monika und Walter Orth packten an, um die Habseligkeiten der 87-Jährigen aus dem Betreuten Wohnen am Michaelsberg in eine Wohnanlage im mehr als 100 Kilometer entfernten Geilenkirchen zu bringen.
Windecker haben eine Lösung 87-Jährige gefunden
Erst vergangene Woche hatte das Ehepaar aus Windeck die schlechte Nachricht erhalten. „Wir sind froh, dass das so schnell ging“, so Walter Orth, „es ist so gut wie nichts zu kriegen.“
Die Schwiegermutter werde zunächst bei einem Bruder seiner Frau untergebracht, während die neue Wohnung renoviert wird. „Sie soll nichts von dem Stress mitbekommen“, so die Tochter. Auch anderen Senioren setze die Situation sehr zu. Schon zuvor sei der Lärm im Zentrum, das seit Jahren renoviert und umgebaut wird, unerträglich gewesen, „sehr nervig“.
Pflegekräfte aus Siegburg haben Stellen beim Helenenstift angetreten
Dennoch habe sich ihre Mutter in Siegburg wohl gefühlt. Kein Verständnis haben die beiden, dass die Zustände im Seniorenzentrum amtlicherseits nicht früher kontrolliert wurden und der mutmaßliche Täter noch nicht dingfest gemacht wurde. Walter Orth: „Ich dachte, der werde mit internationalem Haftbefehl gesucht.“
Die zuständige Staatsanwaltschaft Braunschweig konnte auf Anfrage der Redaktion keine Details zum Stand der Ermittlungen mitteilen. Der Leiter des Seniorenzentrums, Horst Thuro, hatte versucht, den Betrieb so lange wie möglich aufrecht zu erhalten und teilweise sogar in der Küche mit angepackt. Ohne sein Engagement wäre gar nichts gegangen, zudem habe er die Betroffenen stets gut informiert, lobten die Orths.
Unterdessen haben Pflegekräfte aus Siegburg ihre neuen Stellen beim Helenenstift in Hennef angetreten. Zudem: Die ersten Bewohnerinnen und Bewohner aus dem insolventen Siegburger Visitatis-Altenheim am Michaelsberg sind Anfang dieser Woche eingetroffen; bis zum Ende der kommenden Woche sollen insgesamt 20 Menschen ihr neues Zuhause im Altenzentrum Helenenstift in Hennef bezogen haben, teilte der Träger Caritasverband Rhein-Sieg mit.
Hennefer Helenstift arbeitet „mit Hochdruck“ an Neuaufnahmen
Und sie würden nicht nur auf neue Gesichter in den Teams der vier Wohnbereiche treffen, da sie von einem Dutzend Mitarbeitenden aus Siegburg betreut würden.
„Wir finden es sehr wichtig, dass sich beide Gruppen so schnell wie möglich heimisch fühlen“, sagte Hausleiterin Doris Röhlich-Spitzer. Alle Abteilungen von der Haustechnik über das Einzugsmanagement bis zum Sozialen hätten in der vergangenen Woche und am Wochenende „mit Hochdruck“ die Neuaufnahmen vorbereitet. „Denn hier gilt es nicht nur, die persönlichen Möbelstücke der Senioren und Seniorinnen ins Haus zu tragen oder die Fernsehleitung freizuschalten.
Vor allem ist es wichtig, Gewohnheiten oder auch den Gesundheitsstatus rasch zu klären, damit sich die Menschen wohl und sicher fühlen.“ Für jede neue Bewohnerin und jeden neuen Bewohner müssten Essensgewohnheiten sowie Medikamenten- und Ärzteversorgung geklärt sein.
Viele Mitarbeiter im Seniorenzentrum am Michaelsberg verlieren Jobs
„Es trifft sich auch gut, dass wir am 20. August unser 40-jähriges Bestehen mit unseren Bewohnerinnen und Bewohnern, aber auch mit Angehörigen, Ehrenamtlichen und der Geistinger Nachbarschaft in großer Runde feiern“, ergänzte Röhlich-Spitzer. „Dann kann aus dem Jubiläums- zusätzlich auch noch ein Willkommensfest werden.“
Eine Verwaltungsmitarbeiterin des Seniorenzentrums am Michaelsberg betont, dass außer den Pflegekräften mehr als 20 andere Kolleginnen und Kollgen ebenfalls ihre Jobs verlören, aus der Küche und der Hauswirtschaft etwa. „Die fallen hinten über.“ Auch sie selbst habe keine Zeit, sich um die eigene Zukunft zu kümmern – und helfe bei den Umzügen mit.