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Interview

„Sind ein bisschen stolz“
FC-Präsident Werner Wolf und Vize Eckhard Sauren ziehen Bilanz

7 min
Eckhard Sauren (links) und Präsident Werner Wolf

FC-Präsident Werner Wolf (r.) und Vizepräsident Eckhard Sauren

Das scheidende Präsidium des 1. FC Köln blickt im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf die sechs Jahre im Amt zurück. Hier ist Teil eins des Gesprächs

Herr Wolf, Herr Sauren, darf man nach der Vorbereitung und der überzeugenden Generalprobe vorsichtig optimistisch der Bundesliga-Saison entgegenblicken?

Eckhard Sauren: Ich teile grundsätzlich diese Einschätzung. Natürlich muss man sich in der ersten Saison nach dem Aufstieg immer erst einmal sortieren, da hängt auch viel von einem vernünftigen Start ab. Aber ich finde, dass wir in der Offensive so viel Speed und Möglichkeiten haben wie schon lange nicht. Auch in der Breite des Kaders haben wir mehrere Optionen. Zudem sind wir auch in der Defensive bereits ordentlich aufgestellt und werden uns auf dem Transfermarkt noch weiter verstärken. Wir können zum einen ein sehr unbequemer Gegner sein. Zum anderen sollten wir auch in der Lage sein, attraktiven und sehr schnellen Fußball nach vorne zu spielen. Das hat die Vorbereitung gezeigt. Der Kader gewinnt immer mehr an Struktur. Und die Kaderplanung war nach der ersten Sommer-Transferphase nach der Fifa-Sperre eine gewaltige Herausforderung. Unsere Verantwortlichen haben da einen wirklich guten Job gemacht.

Werner Wolf: Ich war zuletzt fünf Tage im Trainingslager. Da bekommt man ein Gefühl, wie es um die Stimmung bestellt ist. Und sie war sehr gut. Unserem neuen Trainer Lukas Kwasniok ist es gelungen, trotz der vielen Kaderbewegungen und einigen offenen personellen Fragen eine tolle Atmosphäre und ein echtes Gemeinschaftsgefühl herzustellen. Das war kein Selbstläufer und ist bemerkenswert. Seine Klarheit kommt bei den Spielern gut an. Das stimmt mich optimistisch.

Es gab bis dato über 20 Transfer-Bewegungen. Würden Sie von einem echten Umbruch sprechen?

Sauren: Es ist schon so, dass sich eine Menge im Kader getan hat. Ich glaube, wir haben eine gute Mischung gefunden zwischen Spielern, die Mentalität und Erfahrung mitbringen, und anderen, die entwicklungsfähig sind. Wir haben eine Menge Potenzial in den Kader reingeholt. Das hatten wir immer im Fokus, und das ist gut umgesetzt worden.

Hand aufs Herz: Wenn es so läuft, wie Sie es sich erhoffen, dann fahren Sie die Früchte dieser Arbeit jetzt nicht mehr ein, da Sie Ende September aus dem Amt ausscheiden. Schmerzt Sie das?

Sauren: Auf der einen Seite kommt etwas Wehmut auf, auf der anderen Seite sind wir auch ein bisschen stolz, dass wir uns aus dem laufenden Geschäft ein sehr gutes Transferbudget erarbeitet haben. Wir müssen nicht ins Risiko gehen, wir müssen keine künftigen Transfereinnahmen mehr einkalkulieren. Wir konnten alles, was wir an Ablöse für Jonas Urbig, Damion Downs oder Max Finkgräfe erhalten haben, also über 20 Millionen Euro, komplett in den Kader reinvestieren. Zudem konnten wir zweistellige Millionen-Angebote für Said El Mala ablehnen und stattdessen den Vertrag mit ihm vorzeitig bis 2030 verlängern. Wir haben uns eine wirtschaftliche Stärke erarbeitet.

Ihre sechsjährige Amtszeit war aber auch von einem Abstieg, einer nie dagewesenen Transfersperre, hoher personeller Fluktuation und Kritik geprägt. Wie sehr trübt das Ihre Bilanz?

Wolf: Ich denke, dass wir mit gehobenem Haupt das Geißbockheim verlassen können. Wir haben viele Krisen managen müssen. Wir waren kaum im Amt, da kam die erste mit der Pandemie. Und sie war lebensbedrohlich, das muss man sehr deutlich sagen. Unsere Vorgänger im Vorstand hatten zu Recht mehr Geld für den Kader ausgegeben, um den Wiederaufstieg direkt zu schaffen, der dann auch gelungen ist. Aber Corona hatte dann für einen Verein wie uns, der das Stadion immer ausverkauft hat und auf diese Einnahmen angewiesen ist, existenzielle Auswirkungen. In Windeseile ging es darum, die Insolvenz abzuwenden. Das ist uns gelungen, hinterließ aber tiefe Furchen. Wir hatten einen riesigen Schuldenberg, unsere Bewegungsfreiheit war weg. Und dafür musste ein Sparprogramm her. Es ist uns gelungen, den Verein zu sanieren. Und das in einem ungeheuren Tempo, das meines Wissens beispiellos ist. Das war eine wahnsinnige Leistung von Vorstand und Geschäftsführung. Wir haben ein Fundament geschaffen, dass jetzt nicht mehr auf Sand, sondern auf einem Felsen gebaut ist. Jetzt haben wir wieder diese Bewegungsfreiheit. Davon werden unsere Nachfolger und somit der FC profitieren, und das macht uns auch ein Stück stolz. Wir gehen jetzt mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ein lachendes, da man jetzt auch persönlich wieder etwas mehr Freiheiten und Freizeit hat, denn Vorstandsarbeit ist im Gegensatz zu früher ein Fulltime-Job.

Werner Wolf (69) ist seit 2019 Präsident des 1. FC Köln.

Werner Wolf (69) ist seit 2019 Präsident des 1. FC Köln.

Sauren: Wir hatten ja selbst in der vergangenen Winter-Transferperiode noch nicht die finanziellen Spielräume, die wir jetzt haben. Jetzt geht vieles in die richtige Richtung. Und da ist es schade, dass wir ab Ende September aus dem Amt ausscheiden.

Aber noch einmal: Es gab aber auch viele hausgemachte Fehler. In Ihrem Newsletter an die Mitglieder zeigen Sie Selbstkritik und räumen ein, dass die Fluktuation zu hoch und die Kommunikation teilweise schlecht gewesen sei.

Sauren: Ja, wir hatten eine Transfersperre historischer Natur und sind während unserer Amtszeit einmal abgestiegen. Wir hatten nicht die personelle Kontinuität, die wir uns unbedingt gewünscht hatten und haben nicht immer bestmöglich kommuniziert – auch wenn dies sich zuletzt deutlich verbessert hat. Dennoch würde ich eine positive Bilanz ziehen. Eines unserer wichtigsten Wahlziele war, personenunabhängige Strukturen zu schaffen. Das ist uns gelungen. Wir haben jetzt mit Thomas Kessler (Sportdirektor, d. Red.), Lukas Berg (Technischer Direktor) und Philipp Liesenfeld (Geschäftsführer Marketing und Vertrieb) Leute aus den eigenen Reihen dahingehend entwickelt, dass sie ihren Job beherrschen und exzellent ausüben.

Auch wenn Sie das nicht mehr entscheiden: Hat Kessler das Potenzial, der neue Sport-Geschäftsführer zu werden?

Wolf: Einfache Aussage: Wenn wir nicht glauben würden, dass Thomas das Potenzial dazu hätte, hätten wir ihn nicht zum Sportdirektor befördern dürfen. Aus meiner Sicht hat er das Potenzial dazu. Doch wie Fußballtalente, so benötigen aber auch Management-Talente ihre Zeit und müssen Erfahrungen sammeln.

Der 1. FC Köln ist ein sagenhaft emotionaler Verein. Das haben Sie auch auf der letzten Mitgliederversammlung zu spüren bekommen, als die Mitglieder den Vorstand auf Empfehlung des Mitgliederrats die Entlastung verweigert hatten.

Sauren: Wir haben diese Emotionalität und die unterschiedlichsten Interessenslagen im Klub über vier, viereinhalb Jahre gut gemanagt. Aber in Phasen, in die ein Abstieg oder eine Transfersperre fällt, kann man vieles den 150.000 Mitgliedern nur noch schwierig erklären. Für die Nicht-Entlastung gab es aber keine gerechtfertigten juristischen Gründe. Da fragt man sich dann schon, ob dieser Vorgang wirklich im Sinne des Vereins war. Am Ende geht es aber auch um das Grundverständnis: Wir sehen uns als einen Vorstand, der die Geschäftsführung und Leitplanken bestimmt, der sich aber ins operative Geschäft nicht zu sehr einmischt und nicht permanent öffentlich zu allem äußert. Das ist unsere Überzeugung. Und es wäre wichtig für den Verein, wenn das auch bei unseren Nachfolgern so bleiben würde.

Eckhard Sauren (53), Vizepräsident des 1. FC Köln

Eckhard Sauren (53), Vizepräsident des 1. FC Köln

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zum Mitgliederrat beschreiben?

Wolf: Ich bin davon überzeugt, dass der Vorstand eines Vereins mit über 150.000 Mitgliedern einen Aufsichtsrat braucht. Das ist beim FC der Mitgliederrat.

Sauren: Wir haben immer versucht, konstruktiv und im Dialog die Themen aufzulösen. Die Mitgliederversammlung insgesamt und die Äußerungen von einzelnen Personen haben uns aber nachdenklich gestimmt.

Wolf: Man muss auch immer den Kontext der Nichtentlastung sehen. Es stand die Neu-Wahl des Mitgliederrats an, und einige aus dem Gremium wollten wiedergewählt werden und haben Stimmung aufgegriffen. Im Mitgliederrat gab es offenbar die Auffassung, dass man den Vorstand die Ereignisse zuvor nicht so durchgehen lassen kann. Und deshalb hat der Mitgliederrat keine Entlastung empfohlen. Am Ende war es dann eine ganz knappe Entscheidung. Damit muss man aber leben. Das war ein Stück Wahlkampf, der dort betrieben wurde. Wir sind aber nicht dafür da, im Anschluss den großen Streit anzufangen, sondern dafür, den Verein zu einen und konstruktiv weiterzuarbeiten. Das haben wir gemacht.

Der Mitgliederrat hat einige wesentliche Rechte. Er hat das Vorstands-Vorschlagsrecht, kann entscheiden, ob die Mitgliederversammlung in Präsenz oder hybrid abgehalten wird. Und zwei Vertreter des Gremiums sitzen im wichtigen Gemeinsamen Ausschuss. Die Rechte stehen dem Mitgliederrat gemäß der Satzung zu, die sich der Verein unter ihren Vorgängern gegeben hat. Auch mit dem Blick in Richtung Zukunft: Hat der Mitgliederrat zu viel Macht beim 1. FC Köln?

Sauren: Man kann offen darüber diskutieren, ob dem Mitgliederrat das Recht zustehen sollte, eine hybride Mitgliederversammlung zu verhindern. Er entscheidet gegen den Willen der meisten Mitglieder und des Vorstands. Bei Mitgliederversammlungen ist es so, dass häufig wichtige Abstimmungen am Ende einer langen Veranstaltung anstehen. Bis dahin haben oft nicht alle Mitglieder durchgehalten.

Wolf: Die Idee hinter dem Vorschlagsrecht des Mitgliederrats war beispielsweise seinerzeit, dass ein Wahlkampf mit zwei, drei Vorstandsteams den Verein zerreißen könnte. Deshalb hat man dem Mitgliederrat das Recht eingeräumt. Aber: Wir haben gesehen, dass auch zwei nicht vom Mitgliederrat vorgeschlagene Teams die benötigten Mitglieder-Unterschriften einsammeln konnten. Das ist eine gute Sache. Und auch das gibt die Satzung her.

Und besteht jetzt die Gefahr, dass der Wahlkampf den FC zerreißt?

Wolf: Im Moment ist das noch nicht der Fall, aber ich kann auch nicht in die Zukunft schauen.

Sauren: Wir hoffen, dass es einen fairen Wahlkampf gibt und dass alle Teams die gleichen Chancen bekommen.

Wie sehen Sie die einzelnen drei Teams?

Wolf: Es mag Sie kaum überraschen, dass wir uns dazu nicht äußern werden.

Der Mitgliederrat hat Sie bekanntlich nicht erneut zur Wahl vorgeschlagen. Trifft es zu, dass Sie im Fall einer Empfehlung gerne weitergemacht hätten?

Wolf: Wir haben immer gesagt, dass wir im Team mit Carsten Wettich gerne weiter gemacht hätten.

Und jetzt soll Wettich ihr Erbe im Team „Stroman“ fortführen?

Sauren: Jetzt versuchen Sie es schon ein bisschen hintenrum (lacht). Ich möchte dazu nur sagen: Für den Verein wäre eine gewisse Art von Kontinuität sinnvoll. Davon bin ich fest überzeugt. Es wäre wünschenswert, wenn möglichst viele Mitglieder ihre Rechte wahrnehmen und zur Mitgliederversammlung ins Stadion kommen.