Nach dem Vorstand plädieren auch zwei Kandidaten-Teams für eine hybride Mitgliederversammlung des 1. FC Köln. Der Mitgliederrat kritisiert das scharf.
Zoff vor FC-VorstandswahlTeams „Stroman“ und „Adenauer“ für hybride Versammlung – Mitgliederrat antwortet scharf

Die Vorstandskandidaten Tugba Tekkal (v.l.), Wilke Stroman und Carsten Wettich haben eine neue Initiative gestartet und plädieren für eine hybride FC-Mitgliederversammlung.
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Rund siebeneinhalb Wochen sind es noch bis zur mit Spannung erwarteten Mitgliederversammlung des 1. FC Köln, die am 27. September erstmals im Rhein-Energie-Stadion abgehalten wird – an einem Samstag ab 11 Uhr. Und zu der möglicherweise ein Rekordbesuch erwartet wird. Es stehen bekanntlich die brisanten Vorstandswahlen auf dem Programm, und erstmals in der Vereinsgeschichte kandidieren gleich drei Teams für das Präsidium des Bundesligisten.
Seitdem das feststeht, hat der Wahlkampf jetzt noch einmal deutlich an Fahrt aufgenommen. Und es hat sich bereits klar gezeigt, dass zwischen den einzelnen Vorstandsbewerbern deutliche Unterschiede auszumachen sind und vor allem im Hintergrund alle Register gezogen werden. Auch zwischen zwei Gremien des Klubs gibt es Spannungen, mehr noch, zwischen dem scheidenden Vorstand und dem Mitgliederrat existiert bereits seit geraumer Zeit ein offener Bruch.
Dessen Anfänge liegen schon länger zurück und sind in ihrer Gesamtheit komplex, doch spätestens seit der vom Mitgliederrat empfohlenen (und dann auch erfolgten) Nicht-Entlastung des Vorstands bei der letztjährigen Mitgliederversammlung ist das Tischtuch zwischen ihnen zerschnitten. Der Vorstand zeigte vor allem für das Vorgehen des Gremiums, das Präsident Werner Wolf und Co. einst ins Amt verholfen hatte, keinerlei Verständnis und betrachtete die Nicht-Entlastung als vollkommen ungerechtfertigt an.
1. FC Köln: Initiative sorgt für neues Konfliktpotenzial im Verein
Jetzt gibt es bei einer wichtigen Sachfrage erneut Konfliktpotenzial. Und dieses Thema droht sogar zum Politikum zu werden. Bereits Mitte Mai waren zwischen Vorstand und Mitgliederrat diametrale Standpunkte hinsichtlich der Organisation der kommenden Mitgliederversammlung öffentlich deutlich geworden. Der Vorstand warb wortreich für eine Hybrid-Veranstaltung, der Mitgliederrat, der laut Satzung zustimmen muss, war allerdings klar für eine Veranstaltung in Präsenz, führte seine Argumente an und setzte sich satzungskonform damit durch. Doch die Diskussionen waren damit nicht beendet – auch nicht bei vielen Mitgliedern und Fans.
Das „Team Stroman“ um Präsidentschaftskandidat Wilke Stroman, dem neben Tugba Tekkal auch der amtierende FC-Vizepräsident Carsten Wettich angehört, geht bei dem Thema „hybride Mitgliederversammlung“, dessen Ausrichtung bereits eine neu gegründete Projektgruppe des Klubs geprüft hatte, jetzt in die Offensive und startet einen neuen und (und wohl letzten) Anlauf. Es hat sich in einem Brief an Vorstand und Mitgliederrat des FC gewandt und fordert eine hybride Mitgliederversammlung.
Wir haben an Vorstand und Mitgliederrat des FC einen Brief versandt, der den Wunsch der Mitglieder bekräftigt und darum gebeten, die Versammlung hybrid durchzuführen
In den Gesprächen während der Sammlung der erforderlichen Unterschriften zur Zulassung als Vorstandsteam, aber auch jüngst im Trainingslager in Bad Waltersdorf ist eines immer wieder aufgefallen: Viele Mitglieder wünschen sich eine hybride Mitgliederversammlung, um aktiv an der Vorstandswahl am 27. September teilnehmen zu können.
Diese Stimmen und Wünsche nehmen wir ernst und haben daher heute an Vorstand und Mitgliederrat des 1. FC Köln einen Brief versandt, der den Wunsch der Mitglieder bekräftigt und darum gebeten, die Mitgliederversammlung hybrid durchzuführen“, teilt Wilke Stroman dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit und ergänzt: „Dabei haben wir Vorschläge zur Stärkung des Präsenzteils im Stadion unterbreitet, die mit dem zusätzlichen hybriden Element im Sinne einer gelebten Vereinsdemokratie gleichzeitig niemanden von der Teilnahme an der Vorstandswahl ausschließt. Solche hybriden Versammlungen sind anders als noch vor ein paar Jahren mittlerweile technisch erprobt und begegnen rechtlich keinen Bedenken.“ Das Team hoffe, dass Mitgliederrat und Vorstand dem Wunsch nachkämen.
Wir fordern den Verein auf, eine Lösung zu ermöglichen, die die rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt und den Mitgliedern gerecht wird
„Zur Freude“ von Stroman unterstützt das „Team Adenauer“ (Sven-Georg Adenauer, Thorsten Kieswetter, Martin Hollweck) die Initiative. „Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum eine hybride Versammlung im Jahr 2025 nicht möglich sein soll. Viele Mitglieder wünschen sich digitale Teilhabe – gerade jene, die nicht vor Ort in Köln sein können oder aus gesundheitlichen oder familiären Gründen keine Präsenz ermöglichen können“, erklärt Sven-Georg Adenauer auf Anfrage dieser Zeitung und wird deutlich: „Wir fordern den Verein auf, eine Lösung zu ermöglichen, die sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt als auch den Mitgliedern gerecht wird. Eine hybride Versammlung ist ein Zeichen von Offenheit, Fortschritt und Respekt gegenüber allen, die sich mit dem FC verbunden fühlen – egal wo sie leben.“

Thorsten Kieswetter (v.l.), Sven-Georg Adenauer und Martin Hollweck treten ebenfalls zur Vorstandswahl beim 1. FC Köln an.
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Man habe das Thema ebenfalls von Anfang an positiv gesehen und das auch so kommuniziert. Eine hybride Versammlung sei für das „Team Adenauer“ aber kein kurzfristiges Wahlkampfthema, sondern ein „konsequenter Schritt in Richtung moderner Mitgliederbeteiligung.“ Adenauer: „Dabei geht es aber nicht um juristische Spitzfindigkeiten, sondern um eine Frage der Haltung: Mitglieder sollen mitentscheiden können – unabhängig von ihrem Wohnort oder Mobilitätsgrad.“
Vorstand und Mitgliederrat bleiben bei ihren konträren Haltungen
Auch der noch amtierende Vorstand ist weiterhin für eine Hybrid-Veranstaltung. Man wolle sich zwar jetzt nicht zu internen Nachrichten und Abläufen äußern, „allerdings hat sich an unserer Haltung, die wir in unserer Vorstandspost im Mai 2025 deutlich zum Ausdruck gebracht haben, nichts geändert“, teilte Präsident Werner Wolf mit. Diese ungewöhnliche Dreier-Allianz, sie bringt in das Thema zusätzliche Wucht – und eben auch Brisanz und weiteres Konfliktpotenzial.

Der FC-Mitgliederrat mit dem Vorsitzenden Fabian Schwab (rechts) und seiner Stellvertreterin Stacy Krott (links) präsentierte am 11. Juni sein Vorstandsteam um Jörn Stobbe (Mitte), Ulf Sobek (2.v.l), und Jörg Alvermann (2.v.r.)
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Denn an der Haltung des Mitgliederrats und seinem Nein zu einer hybriden Mitgliederversammlung hat sich – wie im Mai im Newsletter deutlich formuliert – nichts geändert.
Am Montagabend verurteilte das Gremium in einer Stellungnahme die Initiative der Teams „Stroman“ und „Adenauer“ und bezeichnete das Agieren des amtierenden Vorstandsmitglieds Wettich sogar als „befremdlich“: „Der Mitgliederrat kritisiert den Vorstoß der Kandidierenden und sieht darin eine Untergrabung demokratischer Entscheidungen und eine Instrumentalisierung des Themas im Wahlkampf.“
Mitgliederrat kritisiert Initiative scharf
Die Mitgliederversammlung als höchstes Organ des Vereins habe das Thema hybride Mitgliederversammlung bereits ausführlich behandelt und demokratisch darüber abgestimmt, ob dieses Format künftig Standard werden soll. „Dabei wurde ein entsprechender Antrag von 77 Prozent der anwesenden Mitglieder abgelehnt – und zwar auf der hybriden Mitgliederversammlung 2021, bei der bemerkenswerterweise rund zwei Drittel der Teilnehmenden online zugeschaltet waren. Aus Sicht des Mitgliederrates besteht keine neue Faktenlage, nur weil drei Teams zur Wahl stehen. Wir sind weiterhin der Überzeugung, dass die Präsenzversammlung Inklusion und echte Beteiligung am besten ermöglicht, während hybride Formate vor allem das Stimmrecht, nicht aber das Rede- und Auskunftsrecht stärken. Aus unserer Sicht sind die getroffenen demokratischen Beschlüsse gegen das Hybrid-Format begründet und wir stehen weiterhin hinter dieser Entscheidung.“
Und wie halten es andere Traditionsklubs? Borussia Dortmund etwa hatte Anfang Juli entschieden, seine Mitgliederversammlungen künftig hybrid abzuhalten. Diese Entscheidung traf beim BVB allerdings der Vorstand. Sie dürfte ebenfalls starken Einfluss auf die kommende Präsidentschaftswahl haben und laut Insidern die Chance des scheidenden Geschäftsführers Hans-Joachim Watzke erhöhen – sollte denn der mächtige BVB-Patron Watzke denn Präsident werden wollen. Beim Hamburger SV und beim VfB Stuttgart wiederum, bei denen im Vorfeld ebenfalls über eine hybride Mitgliederversammlung diskutiert worden war, entschied man sich zuletzt für eine Veranstaltung in Präsenz. Am Ende steht bei vielen Klubs stets auch eine entscheidende Frage: Wer hat eigentlich die Macht im Verein?