Bayer 04 braucht ein neues Trainingszentrum. Trotz Gegenwinds aus der Politik und der Bevölkerung will der Klub das Projekt umsetzen.
Carro und Rolfes bei BürgerabendBayer 04 kämpft für den Campus in Monheim

Diskussion am Montagabend in Monheim: Simon Rolfes (v.l.), Fernando Carro und Daniel Zimmermann.
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Am Montagabend ging der Kampf von Bayer 04 um ein 22 Hektar großes Areal in Monheim in die nächste Runde. Dort soll nach Wunsch des amtierenden Fußballmeisters der neue Bayer-04-Campus entstehen. „Eines der wichtigsten Projekte für die Zukunft des Klubs“, wie Fernando Carro, Vorsitzender der Geschäftsführung, betont. Bei einem Bürgerabend stellten Carro, Sportgeschäftsführer Simon Rolfes, Bayers Projektleiterin Anne Dannenberg und Stadtplaner Jan Roth vom Planungsbüro ISR das Projekt vor. Rund 250 Bürger und Bürgerinnen waren anwesend, neben Zuspruch gab es auch kritische Stimmen.
Von der in Monheim regierenden Peto-Partei und Bürgermeister Daniel Zimmermann, der die Veranstaltung moderierte, wird das Projekt an der Alfred-Nobel-Straße auf einem Grundstück der Bayer AG unterstützt. Auch die Bezirksregierung, die die Fläche nach anfänglichen Bedenken aus der allem Anschein nach vorherrschenden Platznot in Leverkusen und Umgebung heraus ins Spiel gebracht hat, ist dem Projekt gegenüber aufgeschlossen. Bayers Problem: Die Oppositionsparteien in Monheim sind zum jetzigen Zeitpunkt geschlossen gegen das Bauvorhaben an diesem Standort. Und auch im Regionalrat, dessen Empfehlung die Bezirksregierung in der Regel folgt, gibt es aktuell keine Mehrheit für das Projekt in der jetzigen Form.
Um das Problem zu verstehen, weshalb Bayer 04 in Monheim ein Trainingszentrum plant, setzt man sich am besten ins Auto und fährt auf der A1 von der Rheinbrücke aufs Leverkusener Kreuz zu. Wenn vorne rechts die Bay-Arena ins Blickfeld kommt, rollt man über eine Hochstraße – die sogenannte Stelze –, die das Bundesverkehrsministerium auf die doppelte Breite ausbauen will. Diese aufgeständerte Autobahn verläuft quer durch die Leverkusener Innenstadt, haarscharf entlang des Stadions, auch die Trainingsplätze der Bayer-04-Profis liegen ganz nah. Unter der Stelze liegen über 1000 Parkplätze. Bei Heimspielen der Werkself sind 1100 Plätze für VIP-Fans, Mitarbeiter und Medienangestellte reserviert. Diese Parkplätze sind Bestandteil der Genehmigung fürs Stadion und für die Lizenz der Fußball-GmbH, beim Autobahnausbau würden sie wegfallen – und müssen wenigstens zum Teil ersetzt werden. Bei Bayer spricht man davon, dass im schlimmsten Fall der Lizenzverlust drohe, dass die Genehmigung der Arena erlöschen könnte. 2031 soll der Autobahnbau beginnen. Daraus ergibt sich, dass die Bagger in Monheim spätestens zu Beginn 2027 rollen müssten.
Parkhaus aus logistischen Gründen unmöglich
Der Druck ist nach dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden 2024 gestiegen, weil der Beton der Stelze zurzeit noch genauer geprüft wird. Wenn sich der Spannbeton als unsicher herausstellt, müsste die Autobahn-Behörde womöglich schnell ein stützendes Gerüst unter der Stelze aufstellen und der Parkraum wäre ziemlich bald weg. Das Ergebnis der Prüfung wird für den kommenden Herbst erwartet. Als erste Hilfe hat die Stadt Leverkusen Bayer 04 einen Ausweich-Parkplatz versprochen: Die Fußball GmbH bekommt das städtische Vereinsgelände des Amateurvereins SC Leverkusen und darf darauf einen ersten ebenerdigen großen Ersatzparkplatz bauen. Die SC-Amateure mit etwas über 500 Mitgliedern sollen einen neuen Platz bekommen, der in einem heutigen Landschaftsschutzgebiet liegt. Zusätzlich plant Bayer 04, in ein paar Jahren seine eigenen Trainingsplätze zu Parkplätzen umzubauen. In der Stadt bringt das Kritiker auf die Palme: Die vielen neuen Parkplätze mitten in der Stadt werden das Klima schlecht beeinflussen, heißt es. Das innerstädtische Landschaftsschutzgebiet anzutasten war bisher tabu, jetzt soll es gehen. Eine Forderung, dass Bayer 04 ein Parkhaus bauen soll, ist laut Werksklub aus logistischen Gründen keine Option.
Freiraum in der Region ist ein wertvolles Gut, das merkt auch Bayer 04, das seit zehn Jahren nach einem Platz für ein neues Trainingszentrum sucht. 70 Flächen innerhalb der Stadt und an der Stadtgrenze wurden auf ihre Tauglichkeit geprüft, keine wurde von den Bezirksregierungen in Köln und Düsseldorf nach regionalplanerischen Kriterien als geeignet erachtet. Jetzt hat sich der Leverkusener Verein nach Beratungen mit den Bezirksregierungen auf das Feld in Monheim festgelegt. Aber auch da gibt es Gründe, weshalb man es nicht komplett mit einem Sportzentrum bebauen sollte: Bisher ist das Grundstück der Bayer AG auf der anderen Straßenseite von Bayer Crop Science nur teilweise als Gewerbegebiet ausgewiesen, der größte Teil ist ein regionaler Grünzug, der einzige Fluchtweg für Tiere, die bei Hochwasser aus dem Naturschutzgebiet Monheimer Rheinbogen ins Hinterland ziehen müssen.

So könnte das Bayer-04-Profitrainingszentrum gebaut werden. Links liegt Monheim, rechts Bayer Crop Science
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Dort zu bauen, wird für Bayer 04 alles andere als ein Durchmarsch, denn nicht nur eine Mehrheit im tonangebenden Regionalrat hat sich ablehnend geäußert, in der Monheimer Lokalpolitik sind die Opposition, bestehend aus CDU, SPD, Grüne, FDP und Freie Wähler geschlossen gegen das Vorhaben. Der Regionalrat möchte eine abgespeckte Version, die weniger Hektar Land braucht, um einen größeren Abstand zur Siedlung herzustellen und den Tieren weiter einen Fluchtweg zu bieten.
Rund 120 Millionen Euro soll das Projekt kosten, das ohne öffentliche Gelder finanziert werden soll und 12,5 Fußballfelder, eines mit Überdachung und mehrere Funktionsgebäude für Profis, Frauen, Jugend und 450 feste Mitarbeiter umfasst. Dabei hat der Klub aufgrund der Platznot seine Ansprüche schon gedrosselt. Im internationalen – und sogar auch nationalen — Vergleich wäre der neue Campus keineswegs überproportioniert. Die 22 Hektar stellen für den Verein das Minimum an benötigter Fläche dar. Derzeit verteilt sich der Trainings- und Verwaltungsbetrieb auf sieben Standorte in Leverkusen und Köln. Der Campus soll für eine bessere Vernetzung sorgen. Ein Muss für eine erfolgreiche Zukunft des Vereins. Bayer 04 warb am Montag mit mehreren Präsentationen, die unter anderem zeigten, dass sich der Campus optisch in die grüne Landschaft einfügen soll, um die Gunst der Bürger und der Politik. Auch vorläufige Gutachten wurden präsentiert. Nach aktuellem Stand würde das Bauvorhaben alle Richtlinien in Sachen Klima, Lärm, Wasser, Licht und Artenschutz einhalten. Ab 5. Mai sollen die Ergebnisse der aktuellen und folgenden Gutachten auf den Webseiten der Stadt Monheim veröffentlicht werden. „Wir wollen Transparenz schaffen und mit Ihnen in den Austausch eintreten. Bayer 04 ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Region. Dafür müssen wir zwingend auf Herausforderungen reagieren und in unsere Zukunft investieren“, sagte Carro.
Einige der 250 anwesenden Bürger zeigten sich allerdings sehr ablehnend gegenüber dem Bauvorhaben. Sie wollen aus unterschiedlichen Gründen dafür sorgen, dass der Campus nicht in Monheim entsteht. Besonders die direkt betroffenen Anwohner in Monheim-Blee fürchten mehr Hitze, schlechtere Wasserqualität und Ärger durch Lärm und Licht. Insbesondere Anne Dannenberg versuchte, die Vorbehalte zu entkräften. Wo Bayer 04 nach einem möglichen Umzug seiner Trainingsplätze und Teilen der Verwaltung nach Monheim künftig seine Gewerbesteuer zahlen wolle, wo also der Firmensitz sein soll, fragte eine Bürgerin. Unter Verweis auf das Steuergeheimnis gab Bürgermeister Zimmermann darauf keine Antwort. Bayer 04 will diesen Abend als Auftakt für einen Dialog mit den Bürgern und der Politik verstanden wissen, dessen Ergebnisse auch in den Bebauungsplan einfließen sollen. Im Hintergrund laufen die Planungen weiter. Sowohl Zimmermann als auch Bayer 04 sind trotz der ablehnenden Haltung in großen Teilen der Kommunalpolitik und im Regionalrat weiter davon überzeugt, dass die Bezirksregierung grünes Licht für den Campus in der jetzigen Form geben wird. „Wir sind sehr ehrgeizig, das kann ich sagen“, betonte Carro.