Unbeeindruckt von Forderungen nach einer Waffenruhe überzieht Russland die Ukraine weiter mit Raketen- und Drohnenschlägen. Auch Kinder sterben.
„Putin ordnet Morde an Kinder an“Viele Tote nach massiven Luftangriffen auf Ukraine – Kiew fordert mehr Druck

Allein in der Region Kiew starben bei den russischen Luftangriffen mehrere Menschen.
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Bei massiven russischen Luftangriffen auf die Ukraine sind nach Behördenangaben mindestens ein Dutzend Menschen getötet und viele weitere verletzt worden. In der Region Schytomyr westlich der Hauptstadt Kiew starben zwei Kinder im Alter von acht und zwölf Jahren sowie ein Jugendlicher im Alter 17 Jahren, wie der Zivilschutz mitteilte. Allein dort seien auch mindestens zwölf Menschen verletzt worden.
Insgesamt meldete der Zivilschutz nach Luftalarm im ganzen Land wegen russischer Angriffe mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern mehr als zehn Tote und Dutzende Verletzte. Es ist einer der schwersten Angriffe seit Kriegsbeginn, mit über 200 Drohnen und sechs ballistischen Raketen, berichtet die „Kyiv Post“.
Russland überzieht Ukraine mit massiven Drohenangriffen
Im Gebiet Kiew starben bei den russischen Luftschlägen laut Behörden mindestens 4 Menschen, 16 weitere wurden demnach verletzt. Auf Bildern und Videos, die der Zivilschutz verbreitete, waren schwere Verwüstungen in Ortschaften zu sehen, zerstörte und brennende Häuser.

Der ukrainische Zivilschutz spricht von zahlreichen Toten und Verletzten nach Luftalarm im ganzen Land.
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„Mehr als ein Dutzend feindliche Drohnen“ befänden sich im Luftraum über der Hauptstadt, teilte der Leiter der militärischen Verwaltung Kiews, Tymur Tkaschenko, über Telegram mit. „Einige der Drohnen über Kiew und Umgebung wurden bereits abgeschossen“, hieß es. Allerdings bewegten sich weitere Drohnen auf die Hauptstadt zu, warnte er. Es seien bereits Drohnentrümmer auf ein fünfstöckiges Wohnhaus gefallen.
Das russische Militär hatte Kiew in der Nacht zuvor bereits mit Drohnen und Raketen angegriffen. Dabei wurden 15 Menschen verletzt, zahlreiche Häuser in Brand gesetzt. Insgesamt erlebte die Ukraine in der Nacht auf Samstag rund 250 Drohnenangriffe und Luftschläge mit 14 ballistischen Raketen.
„Eine der schlimmsten Nächte, die ich erlebt habe“, beschrieb Vassili Golod, Auslandskorrespondent bei der ARD, die Angriffe. „Wenn dieser Terror nach 1186 Tagen möglich ist, reicht der Druck auf den Aggressor nicht aus“, so das Fazit des Journalisten.
Tote auch im Westen des Landes
In der Nacht zu Sonntag nahm Russland derweil neben Kiew weitere Ziele ins Visier. Vier Tote und fünf Verletzte meldeten die Behörden in der Region Chmelnyzkyj im Westen des Landes nach einem russischen Raketenangriff, auch dort gebe es schwere Schäden an der Wohnbebauung und sozialen Infrastruktur, hieß es. Sechs Wohnhäuser seien völlig zerstört, mehr als 20 weitere beschädigt worden.
In der Stadt Mykolajiw im Süden des Landes habe eine Drohne ein fünfgeschossiges Haus getroffen. Ein Mensch sei dabei getötet worden. Fünf Bewohner seien verletzt worden, darunter ein Jugendlicher, teilte die Stadt mit. Zwei Frauen seien aus den Trümmern gezogen worden.
Kiew fordert mehr Druck auf Russland
Außenminister Andrij Sybiha sprach vom massivsten russischen Luftangriff seit vielen Wochen und von einem schweren Sonntag für die Ukraine mit einer schlaflosen Nacht. Russland habe Hunderte Drohnen, Marschflugkörper und ballistische Raketen gegen Städte und Kommunen eingesetzt. „Während die ganze Welt ein Ende des Tötens fordert, ordnet Putin noch mehr Schläge, Angriffe an und Morde an Kindern“, schrieb Sybiha auf der Plattform X. Es brauche eine bedingungslose und haltbare Waffenruhe für Friedensverhandlungen. Die Weltgemeinschaft müsse den Druck auf Kremlchef Wladimir Putin erhöhen.
Der aktuelle Druck sei ungenügend, teilte der Chef der Präsidialkanzlei, Andrij Jermak, bei Telegram mit. „Ohne Druck wird sich nichts ändern, und Russland und seine Verbündeten werden nur Kräfte aufbauen für solche Morde in westlichen Ländern. Moskau wird kämpfen, solange es die Möglichkeit hat, Waffen zu produzieren.“
Die neuen Angriffe ereigneten sich vor dem Hintergrund des größten Gefangenenaustausches zwischen Russland und der Ukraine seit dem Beginn des Kriegs vor gut drei Jahren.
Am Freitag hatten beide Seiten je 390 Gefangene zurückgegeben, am Samstag kamen jeweils 307 Gefangene frei. Insgesamt sollen 1000 Gefangene ausgetauscht werden, wie bei den ersten direkten russisch-ukrainischen Gesprächen seit drei Jahren in Istanbul vor einer Woche vereinbart worden war. (pst mit dpa/afp)