Deutsches Kinderhilfswerk kritisiert den Koalitionsvertrag als zu unambitioniert - Zu wenig effiziente Strategien gegen Kinderarmut.
Koalitionsvertrag„Neue Regierung hat kein Herz für Kinderrechte“

Rund zwei Millionen Kinder leben in Deutschland in Armut. Die neue Bundesregierung würde nicht beherzt genug dagegen angehen, kritisiert das Deutsche Kinderhilfswerk.
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Knapp zwei Millionen Kinder und Jugendliche leben hierzulande in Armut. Obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung derzeit nur bei knapp 17 Prozent liegt, sind ein Drittel aller Menschen, die Grundsicherung beziehen, Kinder und Jugendliche. Damit ist die junge Generation in Deutschland nach wie vor in besonderem Maße von Armut betroffen.
Dem würden die, im neuen Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen gegen Kinderarmut bei Weitem nicht gerecht werden, sie seien – trotz punktuell guter Ansätze – zu unambitioniert, um die Situation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland und nachhaltig zu verbessern, kritisiert das Deutsche Kinderhilfswerk (DKH).
Kinderrechte werden im Koalitionsvertrag an keiner Stelle erwähnt
Es hätten vor allem umfangreichere finanzielle Investitionen in die Zukunftschancen der jungen Generation ins Zentrum politischen Handelns der neuen Bundesregierung gehört. Neben der Tatsache, dass die im Koalitionsvertrag verabredeten Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut nicht ausreichten, würden die großen Probleme im Bereich Bildung nicht gelöst, hier brauche es mehr Unterstützung für die Herausforderungen in Schulen, Kitas und in der Kinder- und Jugendarbeit. Zur Stärkung der Demokratie müssten zudem die Beteiligung von jungen Menschen sowie kindgerechte gesellschaftliche Strukturen gestärkt und im Grundgesetz verankert werden.
Es ist wohl kein Zufall, dass die Kinderrechte an keiner Stelle erwähnt werden. Das zeigt symbolhaft auf, dass die Interessen der jungen Generation weiterhin viel zu kurz kommen
„Es ist wohl kein Zufall, dass die Kinderrechte an keiner Stelle erwähnt werden. Das zeigt symbolhaft auf, dass die Interessen der jungen Generation weiterhin viel zu kurz kommen“, mahnt DKH-Präsident Thomas Krüger an.
Kinderrechte müssten endlich im Grundgesetz verankert werden
Stattdessen müssten die Kinderrechte endlich gemäß der Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention verfassungsrechtlich verankert werden. Warum? Eine rechtliche Normierung im Grundgesetz würde dazu beitragen, dass das Kindeswohl vorrangig zu beachten ist, dass Kinder das Recht auf Entwicklung, auf Schutz, auf Förderung und das Recht auf Beteiligung haben. Dafür braucht es im Grundgesetz einen eigenen Passus für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten und ohne mit ihnen in Konflikt zu geraten, gegenüber dem Staat gelten.
Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert von der nächsten Bundesregierung eine zielstrebige Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderarmut und letztlich eine Kindergrundsicherung, die effektiv helfe, aus der Armut herauszukommen. Eine solche Strategie müsse als nationale Aufgabe verstanden werden, und im Sinne eines übergreifenden Gesamtkonzepts finanzielle Leistungen und Infrastrukturmaßnahmen zusammen denken sowie bestehende Leistungen und Unterstützungssysteme überprüfen.
Mehr Geld für Grundsicherung, Teilhabe und Bildung
„Die nächste Bundesregierung muss gezieltere Maßnahmen zur Reduktion der Kinderarmut auf den Weg bringen. Dies kann nur durch das Zusammenspiel einer eigenständigen finanziellen Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit einer gleichzeitigen Absicherung ihrer Bildungs- und Teilhabe-Bedarfe durch ein chancengerechtes, leicht zugängliches und armutspräventives Angebot in ihrem Lebensumfeld gelingen. Deshalb sind die geplante Weiterentwicklung und Vereinfachung des Kinderzuschlags und die Verbesserungen für Alleinerziehende Schritte in die richtige Richtung, zur Reduzierung der Kinderarmut aber bei Weitem nicht ausreichend.
Die gesellschaftliche Teilhabe jedes Kindes muss eigenständig, sozial gerecht und unbürokratisch abgesichert sein und von Armut betroffene Familien brauchen Hilfen aus einer Hand sowie klare Anlaufstellen
Es braucht eine Erhöhung der Grundsicherungsleistungen. Ebenfalls müssen die Leistungen für Bildung und Teilhabe erhöht werden, die vorgesehenen fünf Euro sind keinesfalls ausreichend“, sagt Krüger.
Kölner Grünen-Politikerin fordert neue Regierung auf, Kinderarmut zu senken
Anne Lütkes, die Kölner Fachanwältin für Familienrecht und Grünen-Politikerin ist Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes. Sie fordert von der neuen Regierung, „die gesellschaftliche Teilhabe jedes Kindes eigenständig, sozial gerecht und unbürokratisch abzusichern und von Armut betroffenen Familien Hilfen aus einer Hand und klare Anlaufstellen zu bieten.“ Außerdem müsse das kindliche Existenzminimum neu bemessen werden – ausgerichtet an den tatsächlichen Bedarfen von Kindern und Jugendlichen.