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Kommentar

Verunsicherung im Welthandel
Warum das Zollchaos auch eine Chance sein kann

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Lesezeit 2 Minuten
Hafen Niehl, Hafenkran im Nebel. Foto: Ralf Krieger

Ein Kran im Niehler Hafen im Nebel.

Ob aufgehobene oder aufgeschobene US-Zölle: Deutschland und Europa sollten die Chance nutzen, die ihnen jetzt geboten wird, schreibt unser Autor.

Wer sich einmal intensiver mit Volkswirtschaftslehre auseinandergesetzt hat, kommt an David Ricardo nicht vorbei. Der Ökonom hat vor rund 200 Jahren ein Theorem aufgestellt, das den sperrigen Namen „Komparative Kostenvorteile“ trägt. Die einfache Idee: Portugal kann preiswerter Wein herstellen, England kann preiswerter Stoff herstellen. Konzentrieren sich beide Länder auf das, was sie am besten können, und importieren das andere Gut vom jeweils anderen Land, steigt der Wohlstand in beiden Ländern.

Kommen nun Zölle ins Spiel, dann wird der Im- und Export zwischen zwei Ländern zunehmend erschwert oder verhindert. In der Folge entstehen in beiden Ländern Ineffizienzen und Wohlstandverluste. In England wächst wenig und dafür mies schmeckender Wein und umgekehrt produzieren die Portugiesen unwirtschaftlich Textilien. Warum Donald Trump das mit Zettel und Stift leicht ausrechenbare Ricardo-Theorem nicht zur Kenntnis nehmen will, bleibt schleierhaft.

Zollchaos mit ungewissem Ausgang

Dass die Zölle aufgeschoben sind, ist zunächst mal eine gute Nachricht. Ob sie damit aber auch am Ende aufgehoben sind, ist äußerst fraglich. Trotz aller Verhandlungsangebote an die Amerikaner wird es am Ende deren Entscheidung sein, ob sie zum Zoll-Wettrennen antreten oder nicht.

Das sollte die Europäer dazu inspirieren, nicht nur auf die USA zu schauen, sondern den Freihandel mit anderen Wirtschaftsnationen dringend voranzutreiben. Ein Beispiel dafür ist das im Dezember 2024 vereinbarte Mercosur-Abkommen, das mit den lateinamerikanischen und EU-Staaten die wohl größte Freihandelszone der Welt schafft. Dringend sollte auch die ins Stocken geratene Freihandelslösung mit Indien vorangetrieben werden. Ja, selbst mit engen Partnern wie Kanada kann der Handel noch erleichtert werden. 

Will man dem Zollchaos etwas Gutes abgewinnen, dann ist es die Besinnung darauf, dass wir Europäer auch mit anderen Ländern freien Handel treiben können.