Felix Possel und Georg Willig haben sich auf Holzfassaden spezialisiert. Das Geschäft boomt – auch, weil der nachhaltige Rohstoff bei Bauherren beliebt ist.
Schreinerwehr aus Hürth„Wir wollen in diesem Jahr die Zwei-Millionen-Marke knacken“

Felix Possel (links) und Georg Willig haben Schreinerwehr vor fünf Jahren gegründet. Ihr Markenzeichen ist der rote Lieferwagen.
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Als sich Felix Possel und Georg Willig mit Anfang 20 in der Berufsschule kennengelernt haben, wussten sie noch nicht viel vom Leben. Beide wollten Tischler werden, beide verstanden sich gut. Und: Sie reisten gerne. Also packten sie ihre Koffer, waren als Tischler unterwegs in Europa und Australien. Dann kam Corona – und mit der Pandemie gründeten die beiden ihr Unternehmen Schreinerwehr.
„Wir sind erst mit unserem Feuerwehrbus gestartet und haben aus dem Kofferraum montiert“, sagt Willig. „Das Auto hatte ich mir für meinen ersten Küchenauftrag gekauft, um die Teile auch transportieren zu können.“ 2021 haben sie in Köln-Deutz einen Kellerraum angemietet, später eine Garage in Kalk. „Die haben wir bei Ebay-Kleinanzeigen gefunden, da war vorher eine Glaserei drin“, sagt Willig. Die beiden Tischler kauften das Inventar einer Holzwerkstatt aus Oberhausen auf, verlegten Strom, stellten ihren ersten Auszubildenden an. „In der Garage haben wir unsere erste Holzfassade gebaut und festgestellt, wie cool das ist.“
Holz ist als Baustoff beliebt
Das Geschäft lief gut, die beiden wollten sich vergrößern. Felix Possel erinnert sich: „Wir haben nach Betrieben gesucht, die aufhören wollten, und schließlich eine Tischlerei in Wesseling übernommen. Also haben wir alles eingepackt und sind dorthin gezogen.“ Eineinhalb Jahre arbeitete die Schreinerwehr in Wesseling, wuchs und spezialisierte sich endgültig auf Holzfassaden.

2024 wurden bundesweit rund 24 Prozent der Gebäude überwiegend mit Holz gebaut – wie diese Fassade von der Schreinerwehr.
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Inzwischen ist Felix Possel 34 Jahre alt, Georg Willig 32. Und die Entscheidung für Holz hat sich ausgezahlt, das Geschäft läuft gut. „Die Nachfrage nach unserem Produkt ist hoch, der Markt für nachhaltige Fassadensanierung wächst stark“, sagt Willig. Holz ist als Baustoff beliebt: etwa als Dämmmittel aufgrund der geringen Wärmeleitfähigkeit, und weil man es vorfertigen und so Gebäude schneller bauen kann. Holz kann zudem Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und wieder abgeben, was zu einem gesunden und ausgeglichenen Raumklima beiträgt.
Ein Viertel der Neubau-Wohnungen sind überwiegend mit Holz gebaut
Ein Blick auf die genehmigten Neubau-Wohngebäude zeigt: Im Jahr 2024 wurden bundesweit rund 24 Prozent der Gebäude überwiegend mit Holz gebaut. Im Jahre 2020 waren es noch knapp 20 Prozent. Spitzenreiter ist Baden-Württemberg: Hier sind vier von zehn Neubauten vor allem aus Holz. Nordrhein-Westfalen hingegen schneidet mit 15,6 Prozent eher mau ab, schlechter sind nur noch Sachsen-Anhalt und Niedersachsen.
Auch im gewerblichen Bereich hat sich der Baustoff durchgesetzt. Ein Viertel der neu gebauten Nichtwohngebäude wurden 2024 überwiegend mit Holz errichtet, in Bayern war es sogar ein Drittel. Auch hier ist NRW mit einem Anteil von 13,1 Prozent abgeschlagen.

Die Schreinerwehr bezieht ihr Holz vorwiegend aus Europa.
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Davon merkt die Schreinerwehr wenig, denn das Geschäft brummt. Im Jahr 2023 hat das Unternehmen noch 650.000 Euro Umsatz gemacht, ein Jahr später waren es schon 1,8 Millionen. Und in diesem Jahr? „Da wollen wir die Zwei-Millionen-Marke knacken“, sagt Willig. Gerade startet die Firma den größten Auftrag in ihrer Geschichte. Eine Feuerwache in Ennepetal soll umgebaut werden, die 4000 Quadratmeter große Fassade mit Holz verkleidet werden. „Das ist ein Auftragsvolumen von über 800.000 Euro“, sagt Willig. Mit seinem Feuerwehrbus wird er wohl nicht auf die Baustelle fahren, auch wenn das Fahrzeug in passender Umgebung wäre. Das ist nämlich Baujahr 1971 und schon etwas altersschwach.
Warum ist Holz ein nachhaltiger Baustoff?
Zuerst einmal: Holz wächst nach, und bindet dabei Kohlenstoffdioxid. Auch die Ökobilanz ist besser als bei energieintensivem Beton und Stahl, zudem kann Holz am Ende seiner Lebensdauer recycelt oder zur Energiegewinnung genutzt werden. Aber: Holz sollte aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen, nur dann ist es wirklich umweltfreundlich. Nachhaltige Wälder sind nach anerkannten Standards zertifiziert, Förster kontrollieren hier beispielsweise Holzernte und Aufforstung und erhalten die Artenvielfalt.
Die Schreinerwehr bezieht ihr Holz vorwiegend aus Europa. „Gerade geht der Trend zu hochgewachsenen Hölzern aus Kanada“, sagt Felix Possel. „Das klingt erstmal weniger nachhaltig, weil die Hölzer nach Deutschland transportiert werden müssen. Aber Material aus einer nachhaltigen Forstwirtschaft in Nordamerika ist umweltfreundlicher als beispielsweise Holz aus unkontrollierten Rodungen in Europa.“

Im Sommer haben die Gründer ihre neue Werkstatt in Hürth bezogen.
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Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, ist die Schreinerwehr im Frühsommer in eine Werkstatt nach Hürth umgezogen. 15 Mitarbeiter starten hier um sieben Uhr in den Tag mit einem gemeinsamen Frühstück, 20 Minuten später beginnt die erste Teambesprechung.
Gerade haben Possel und Willig ihr neues Lager in Betrieb genommen: Eine künstliche Intelligenz weiß, wo welches Teil verstaut ist. Wenn ein Mitarbeiter etwa einen Akkuschrauber sucht, sagt das System, wo der sich befindet und beschreibt den Weg. Das funktioniert auch andersherum: Wenn jemand ein Werkzeug verstauen will, dass er nicht kennt, macht er einfach ein Foto davon. Die KI sagt dann, was es ist und wo es hingehört.
