Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

„Marktplätze überflutet“Warum bei Wohnmobilen jetzt Schnäppchen möglich sind

Lesezeit 5 Minuten
Wohnmobil als Kastenwagen mit ausfahrbarem Schlafraum - mit einer mehr als 1,40 Meter breiten Liegefläche.

Wohnmobil als Kastenwagen mit ausfahrbarem Schlafraum - mit einer mehr als 1,40 Meter breiten Liegefläche.

Lange waren Wohnmobile heiß begehrte Fahrzeuge, auf deren Lieferung man ewig warten musste. Für viele Modelle sind die Preise gefallen. Ende August startet der Caravan Salon.

Die Branche der Wohnmobilhersteller gilt als erfolgsverwöhnt. Viele Jahre lang waren neben den Wohnwagen, also Anhängern, vor allem Wohnmobile gefragt, die Hersteller selbst sprechen von Reisemobilen. Dann kam Corona, und das Wohnmobil bestach mit der bislang unbekannten Eignung als fahrende Quarantänezelle.

Während Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen weitestgehend geschlossen waren und Airlines nahezu ihre gesamten Flugzeuge am Boden festsetzten, war der Urlaub mit Caravan oder Reisemobil problemlos möglich. Die weitläufigen Campingplätze mit Duschen und WCs im Freien präsentierten sich als ideale Orte, um die Corona-Abstandsregeln relativ einfach einzuhalten. In Zeiten stark eingeschränkter Freiheit mitten in der Pandemie wurden die Wohnmobile so zu echten Freiheits-Beschaffern.

Entsprechend explodierte die Nachfrage. Allein im Juli des ersten Corona-Jahres 2020 waren 16.100 Reisemobile und Wohnwagen neu zugelassen worden, das war ein Sprung von 86 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Besonders bei den Wohnmobilen, also Fahrzeugen mit eigenem Antrieb, beobachtete man starke Nachholeffekte. 

Hohe Nachfrage in der Corona-Zeit

Hohe Nachfrage stieß zwischen 2020 und 2023 auf ein enorm verknapptes Angebot. Die Produktion von Wohnmobilen war 2023 wegen des Mangels an Fahrgestellen mit einem Rückgang von neun Prozent besonders stark betroffen gewesen. Der Caravan-Industrieverband (CIVD) führte das auf stockende Lieferketten und Personalmangel zurück. Entsprechend stiegen die Preise in ungeahnte Höhen. Die Lieferzeiten betrugen ein Jahr und mehr.

Doch als die Lieferketten wieder funktionierten, erhöhten die Hersteller massiv ihre Kapazitäten, angelockt von den inzwischen deutlich gestiegenen Preisen. Doch die Nachfrage insbesondere nach Wohnmobilen ging wieder zurück. Branchenkenner sprechen in dem Fall von Normalisierung. Einige der Corona-Neucamper stellten fest, dass Camping doch nicht die richtige Urlaubsform für sie ist, und verkauften ihre teuren Mobile wieder.

An diesem Punkt steht der Markt für Wohnmobile und Wohnwagen heute. Zur Freude vieler Käufer, denn zurzeit sind echte Schnäppchen möglich. „Aktuell herrscht auf dem Markt ein enormes Überangebot an neuen und (jungen) gebrauchten Wohnmobilen und Wohnwagen. Diesen Umstand kann jeder aufmerksame Beobachter leicht erkennen, selbst ohne besondere Marktkenntnisse, da die gängigen Online-Marktplätze von Angeboten sowohl von Händlern als auch von Privatverkäufern überflutet werden“, heißt es vom Fachportal Caravanmarkt24.de.

Viele junge Gebrauchte auf dem Markt

Diejenigen, die in den Jahren 2021 und 2022 neue Wohnmobile gekauft haben, sind besonders betroffen. Diese jungen Gebrauchtfahrzeuge verzeichnen einen überdurchschnittlich hohen Wertverlust, der sich mit jedem Monat weiter verschärft. Im Allgemeinen verzeichnen junge Gebrauchtfahrzeuge (ein bis zwei Jahre und zwei bis vier Jahre) derzeit den stärksten Preisverfall, berichtet das Portal. Vor allem große Vermieter und Händler setzen eine beträchtliche Menge an jungen gebrauchten Reisemobilen aus ihrer Mietflotte auf den Markt, was zu einem hohen Angebot und sinkenden Preisen führt, sogar zu einem Preisverfall bei einigen Modellen und Baureihen.

Kastenwagen, Alkovenfahrzeuge und sogar vollintegrierte Wohnmobile verzeichnen laut Caravanmarkt24.de Preis- und Wertminderungen von bis zu zweistelligen Prozentbeträgen. „Tendenziell lohnt sich für Kaufinteressierte derzeit insbesondere ein Blick auf das Segment der Campervans, in dem in diesem Jahr vermehrt besonders attraktive Konditionen zu beobachten waren. Dort wurden auf auslaufende Modellvarianten sowie weniger stark nachgefragte Fahrzeuge teilweise Nachlässe von über 30 Prozent gewährt. Auch im Caravan-Segment waren stellenweise Preisreduzierungen von rund 20 Prozent möglich“, sagte CIVD-Geschäftsführer Daniel Onggowinarso im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

In manchen Fällen werden jedoch auch auf Caravans und Reisemobile des aktuellen Modelljahres 2025 noch Preisnachlässe gewährt
Daniel Onggowinarso

„Sonderkonditionen und Kaufanreize unterscheiden sich je nach Hersteller, Modell und Händler. Angebote gibt es traditionell insbesondere bei Fahrzeugen aus älteren Modelljahren. In manchen Fällen werden jedoch auch auf Caravans und Reisemobile des aktuellen Modelljahres 2025 noch Preisnachlässe gewährt“, sagt Onggowinarso. Hinzu kämen Händleraktionen, die individuell unterschiedlich ausfallen könnten. „Pauschale Aussagen zur Höhe der Angebote lassen sich daher nur schwer treffen, da sie unter anderem vom Fahrzeugmodell, der Ausstattung und dem jeweiligen Bestand vor Ort abhängen“, so der Geschäftsführer des Branchenverbands.

Arbeiter montieren Wohnwagen im Werk der Knaus-Tabbert AG.

Arbeiter montieren Wohnwagen im Werk der Knaus-Tabbert AG.

Beispiele für die Rabattschlacht: Den Maxia Van, ein ausgebauter Kastenwagen auf Basis des MAN TGE bietet der Hersteller zum Sonderpreis von knapp 70.000 statt fast 90.000 Euro an. Noch größer fällt der Nachlass auf den Knaus Tourer Van Vansation 500 aus. Ein Händler in Süddeutschland bietet das teilintegrierten Wohnmobil auf VW-Bus-Basis für unter 60.000 Euro an, der Ursprungspreis lag im vergangenen Jahr noch bei 93.000 Euro. Bürstner, Weinsberg, Adria - keine der Traditionsmarken kann sich aus der Rabattschlacht heraushalten.

Die Lagerplätze sind mehr als voll, die Finanzierung bei gestiegenen Zinsen belastet die Bilanzen von Händlern und Herstellern. Beide leiden unter dem Überangebot, das sich wegen einer zu positiven Einschätzung der Marktentwicklung durch das Hochfahren der Produktion gebildet hat. Betroffen sind besonders die Massen-Hersteller.

„Ein vorübergehendes Überangebot an Fahrzeugen stellt sowohl für die Hersteller als auch den Handel eine Herausforderung dar“, sagt Daniel Onggowinarso. Einzelne Hersteller hätten beispielsweise ihre Produktion gedrosselt oder die Werksferien verlängert, um den Markt zu entlasten. „Für Händler bedeuten nicht verkaufte Fahrzeuge vor allem eine finanzielle Belastung. Darum sind Industrie und Handel auch im ständigen Austausch mit den wichtigsten Finanzierungsdienstleistern der Branche“, sagt der CIVD-Chef.


Der Caravan Salon, die weltgrößte Messe der Campingbranche, findet dieses Jahr vom 29. August bis 7. September 2025 wieder in Düsseldorf statt. Die Veranstalter erwarten 750 Aussteller in 15 Messehallen und auf dem Freigelände der Messe Düsseldorf. Die Ausstellungsfläche umfasst 250.000 Quadratmeter. Neben den vorgestellten Wohnmobilen und Caravans bietet der Salon auch Beratung hinsichtlich Tourismus-Destinationen, Naturregionen, Zubehör sowie Camping- und Stellplatzangebote. Die Tageskarte für Erwachsene kostet am Wochenende 20 und unter der Woche 18 Euro. Der erste Freitag (29.8.) ist der Preview Day, mit weniger Besuchern und einem Tageskartenpreis von 39 Euro. Die Tickets können nur online unter www.caravan-salon.de gebucht werden.


Die Drosselung der Produktion begann bereits im Jahr 2024, was aus den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes hervorgeht. Während die Zahl der Neuzulassungen bei Wohnmobilen 2024 um neun Prozent auf 75.000 Fahrzeuge stieg, wurde die Produktion um mehr als ein Achtel auf 85.000 reduziert. Mit 34.000 wurde die Produktion von Caravans 2024 sogar um ein Viertel gedrosselt. 

Schnäppchenjäger sollten aber nicht zu lange warten. Denn angesichts der drastischen Reduktion bei der Produktion dürfte das Überangebot an bestimmten Wohnmobilen nur eine vorübergehende Erscheinung sein. Die Nachfrage nach Wohnmobilen ist nämlich nicht eingebrochen, sondern weitgehend auf dem Niveau vor dem Corona-Boom. „Insbesondere klassische Reisemobile – also teil- und vollintegrierte Modelle – verzeichnen derzeit wieder eine spürbar gestiegene Nachfrage“, sagt CIVD-Chef Daniel Onggowinarso.