Die Kölner Wirtschaft zeigte zuletzt gleichsam Licht und Schatten. Ein Thema bremst das wirtschaftliche Wachstum besonders.
Jobs, Flächen & ausländische FirmenWo der Wirtschaftsstandort Köln glänzt – und wo er versagt

Die Sonne geht über Köln auf.
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Viel Licht, viel Schatten. So lässt sich der aktuelle Zustand des Wirtschaftsstandorts Köln zusammenfassen. Die städtische Wirtschaftsförderung Köln-Business hat am Mittwoch eine Bilanz des Jahres 2024 gezogen, die zeigt, in welchem Bereich Köln erfolgreicher ist als andere deutsche Großstädte. Gleichzeitig wird deutlich, wodurch die Kölner Wirtschaft ausgebremst wird und schwach ist.
Kölner Job-Rekord
Der Kölner Arbeitsmarkt ist ein wichtiger Seismograf für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt – und bietet interessante Erkenntnisse. So hatten in Köln im vergangenen Jahr mehr Menschen eine Arbeit als je zuvor. Zur Jahresmitte 2024 erhöhte sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Köln gegenüber 2023 um 13.600 auf den bisherigen Höchstwert 627.200 – plus 2,2 Prozent. Ende September wurde mit 633.900 Beschäftigten sogar der absolute Kölner Job-Rekord erreicht.
Bundesweit sticht Köln heraus: Im Wettbewerb der größten deutschen Städte nimmt Köln beim Beschäftigungszuwachs gemeinsam mit Frankfurt die Spitzenposition ein. Es folgen Leipzig (plus 1,9 Prozent) und Düsseldorf (1,4), während München, Hamburg (beide 1,1) und vor allem Berlin (0,4) deutlich schlechter abschneiden.
Dass die Zahl der Arbeitslosen ebenfalls deutlich gestiegen ist – mit 4,2 Prozent noch stärker als die Zahl der Beschäftigten – führt die Stadt Köln in einem Bericht aus dem Frühjahr „auf die fehlende Übereinstimmung der Qualifikationsprofile der Kölner Beschäftigten mit den Anforderungsprofilen der angebotenen Stellen“ zurück. So beruhe die steigende Zahl der Beschäftigten nämlich vor allem auf Menschen, die neu nach Köln ziehen – während die Vermittlung arbeitsloser Kölnerinnen und Kölner schwieriger sei. 60 Prozent von ihnen besitzen demnach keine Berufsausbildung.
Dienstleistung hui, Produktion pfui
Die Wirtschaftsförderung Köln-Business nennt in ihrer Bilanz auch die Top-3-Wachstumsbranchen. Sie werden vom Dienstleistungssektor dominiert, der alleine 14.200 Beschäftigte mehr zählte als im Jahr 2023: An der Spitze stehen das Finanz-, Beratungs- und Versicherungswesen (plus 5912 Arbeitsplätze), die Gesundheitswirtschaft (plus 2723) sowie der IT- und Kommunikationssektor (plus 1456). Andere Branchen wie die Logistik (plus 623) sowie Wissenschaft und Forschung (plus 659) wüchsen ebenfalls weiter, jedoch verhaltener als in Vorjahren.
In der Kultur- und Kreativwirtschaft (minus 350 Arbeitsplätze) und in der Produktion (minus 159) gibt es derweil leicht weniger Beschäftige. Vor allem im zweiten genannten Bereich lohnt sich ein Blick in die Detailzahlen: So legt das Handwerk mit 659 neuen Arbeitsplätzen ordentlich zu, auch die Energie- und Umweltwirtschaft (plus 588) gehört zu den Gewinnern. Die Verlierer sind hingegen das Baugewerbe (minus 680) – und noch stärker der Automobilsektor, der im vergangenen Jahr 734 Arbeitsplätze abgebaut hat. Ford hat seit 2018 alleine in Köln rund 8500 Jobs gestrichen, in den kommenden zwei Jahren sollen weitere 2900 abgebaut werden. Das trifft auch die Zulieferer.
Firmen drängen nach Köln
Das Wirtschaftsblatt „Financial Times“ veröffentlicht regelmäßig seinen „FDI-Intelligence Index“ und listet dort die begehrtesten Standorte für Investoren und internationale Unternehmen auf. Und Köln taucht dort auf, wurde zuletzt europaweit in den Top 10 gelistet. Die Wirtschaftsförderung berichtet, sie habe im Laufe des vergangenen Jahres 114 ansiedlungswillige Unternehmen aus dem Ausland intensiv beraten – 18 davon hätten sich daraufhin in Köln niedergelassen. Insgesamt hätten 57 ausländische Firmen einen Standort in der Stadt eröffnet.
Eine weitere Zahl unterstreicht, dass Köln grundsätzlich attraktiv ist für Unternehmen: 2024 habe Köln-Business 235 Flächengesuche erhalten, die Hälfte davon von Unternehmen mit Sitz außerhalb von Köln. Aber: „Für nur 30 dieser Anfragen konnte bisher ein passender Standort gefunden werden“, heißt es in der Bilanz.
Flächen fehlen
Wenn nur 30 von 235 Flächengesuchen – bloß jedes achte – positiv beschieden werden können, ist klar: Der Mangel an Gewerbeflächen bremst das Kölner Wirtschaftswachstum. Manfred Janssen, Chef der Wirtschaftsförderung, nennt ihn eine der „größten Herausforderungen für die Kölner Wirtschaft in den kommenden Jahren“. Unternehmen, die sich ansiedeln oder in Köln expandieren wollen, bräuchten ausreichend Raum, um Arbeitsplätze und Wertschöpfung zu schaffen. „Ohne eine vorausschauende Strategie riskieren wir, dass sich Unternehmen für andere Standorte entscheiden und Köln als Wirtschaftsmetropole an Attraktivität verliert. Es müssen dringend neue Flächen bereitgestellt und bestehende Standorte weiterentwickelt werden.“

Manfred Janssen ist Geschäftsführer der Köln-Business Wirtschaftsförderung.
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Bis 2046 fehlen laut Köln-Business in der Stadt 500 Hektar Gewerbefläche, die, wenn es sie gäbe, für 50.000 neue Arbeitsplätze sorgen könnten. Die Wirtschaftsförderung beruft sich dabei auf den Regionalplan der Kölner Bezirksregierung, der einen Bedarf von insgesamt 900 Hektar formuliert – wobei nur 400 Hektar ausgewiesen seien.
Auch Carglass, das seine deutsche Hauptverwaltung in Köln-Godorf hat, suchte in der Vergangenheit händeringend nach mehr Fläche. „Wir sind seit 20 Jahren in den Räumlichkeiten in Godorf. Wir wachsen immer weiter und brauchen nicht nur mehr Platz, sondern wollen auch dafür sorgen, dass unsere Mitarbeiter modern arbeiten können“, sagte Bernd Zimmermann, der für das operative Geschäft in Deutschland zuständig ist, im Juni. „Wir dachten, dass wir für dieses Projekt ins Kölner Umland ziehen müssten, weil es dort größere Gewerbeflächen gibt.“ Dann sei glücklicherweise ein Mieter auf dem bisherigen Gelände ausgezogen. „Da haben wir direkt zugeschlagen.“
Wirtschaftsförderung gefragt
Die Wirtschaftsförderung Köln-Business berichtet von 10.432 Beratungskontakten ihrer Expertinnen und Experten im vergangenen Jahr – ein Fünftel mehr als 2023. Jede zehnte Beratung erfolge zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung, rund 500 Anfragen beschäftigten sich mit Flächengesuchen oder Genehmigungsverfahren wie beispielsweise Bauanträgen.
Das städtische Unternehmen zählt derzeit 70 Vollzeitstellen und verfügte 2024 über ein Projektmittelbudget von 4,3 Millionen Euro. Zudem akquirierte Köln-Business rund 790.000 Euro Drittmittel. Der Kölner Haushalt sieht in diesem Jahr 20 und im kommenden Jahr 35 Prozent weniger Projektmittel für die Wirtschaftsförderung vor.
Kritik vom Kölner Gründer
Ob die Kölner Stadtverwaltung zur Attraktivität des Standorts eher beiträgt oder ihr abträglich ist, wird in der Bilanz der Wirtschaftsförderung nicht thematisiert – als städtischer Tochtergesellschaft steht es Köln-Business allerdings auch nicht zu.

Daniel Attallah ist der Gründer des Kölner Online-Foto-Services Pixum.
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Daniel Attallah, der vor 25 Jahren den Online-Foto-Service Pixum in Köln gegründet hat und bis heute führt, nimmt hingegen kein Blatt vor den Mund. „Ich bin eine kölsche Jung, hier geboren und ich liebe diese Stadt als meine Heimat. Aber als Unternehmer sage ich ganz klar: Hier läuft vieles nicht gut.“ Der Digitalunternehmer zählt auf: „Wir haben eine bescheidene Stadtverwaltung, eine nicht-zukunftsorientiert handelnde Oberbürgermeisterin und einen zu stark ideologisch handelnden Stadtrat. Wir geben offensichtlich lieber eine Milliardensumme für die Oper aus, statt es an anderen Stellen zu investieren, wo es dringlicher gebraucht würde: zum Beispiel bei der Digitalisierung der Verwaltung und bei der Förderung von Start-ups.“
Sein Herz schlage für Köln, sagt Attallah dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, und er bleibe der Stadt mit seinem 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählenden Unternehmen loyal. Wie der Kölner Verwaltungsapparat Unternehmen aber vergraulen kann, weiß er auch zu berichten: „Wir haben unseren Sitz in einem zweistöckigen Gebäude“, erzählt Attallah. „Früher waren wir im Erdgeschoss und im zweiten Stock. Dann wurde der erste Stock frei und wir wollten dort einziehen.“ Nach nur drei Monaten seien die Umbauarbeiten abgeschlossen gewesen, baulich habe sich nicht viel verändert, sagt der Pixum-Gründer. „Die anschließende Abnahme durch das Bauamt hat neun Monate auf sich warten lassen und in der Durchführung gerade mal 30 Minuten gedauert. Da muss man weiter nichts zu sagen…“
Mit Wartezeit kennt sich auch Carglass-Manager Bernd Zimmermann aus. In einem Jahr will das Unternehmen mit seiner Zentrale und 600 Mitarbeitenden in neue Räume in Godorf einziehen. Die Baugenehmigung liegt aktuell bei der Stadt Köln: „Egal ob man neue Fahrzeuge zulassen möchte oder Genehmigungen benötigt, muss man mit verlängerten Wartezeiten rechnen. Wir würden uns manchmal wünschen, dass das schneller ginge.“