Online-Handel und große Ketten kriegen den Fachhandel nicht klein. In Köln gibt es noch eine ganze Reihe von inhabergeführten Geschäften.
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Markus Zimmermann ist Chef in der Bäckerei Zimmermann auf der Ehrenstraße. Das Bild an der Wand zeigt seinen Ururgroßvater, der den Betrieb 1875 gründete.
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Seit 1875: Bäckerei Zimmermann
Ein Bild des Ururgroßvaters hängt im Verkaufsraum, in dem noch immer das berühmte Schwarzbrot nach seinem kleinen (geheimen) Rezept verkauft wird. Ururenkel Markus Zimmermann und sein jüngerer Bruder Andreas führen die Bäckerei Zimmermann auf der Ehrenstraße in fünfter Generation. Seit 150 Jahren besteht das Familienunternehmen und immer noch bilden sich regelmäßig Schlangen vor der Tür. „Wir haben ja auch das volle Duftprogramm bis auf die Straße“, sagt Markus Zimmermann (54). Handgemachtes ohne Schnickschnack , Farb- und Konservierungsstoffe.

Historische Aufnahme der Bäckerei Zimmermann
Copyright: Bäckerei Zimmermann
1875 kaufte der Ururgroßvater, der von der Mosel kam, das Haus in der Ehrenstraße, die damals eine richtige „Fressmeile“ mit Metzgereien und Fischbratküche war. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude komplett zerstört, aber die Backöfen im Keller blieben heile und so konnte man bald wieder arbeiten, zwei Generationswechsel folgten. Markus Zimmermann ist ganz offen: „Ich wollte den Beruf nie machen. Ich habe ja immer gesehen, wie der Vater von 1 Uhr nachts bis 1 Uhr mittags gearbeitet hat.“ Er machte eine Ausbildung bei der Kreissparkasse. Aber dann starb der Vater 1994, da war Sohn Markus erst 23 Jahre alt. Und er entschied sich dann doch für das Familienunternehmen.
Der Laden hat eine große Stammkundschaft und in der beliebten Ehrenstraße auch viele neue, junge Käufer, die über das ein bisschen altertümliche Ambiente staunen. Regelmäßig bleiben auch ganze Gruppen von Asiaten stehen und fotografieren, erzählt Markus Zimmermann. Vor allem in Japan seien Bäcker und ihre Kunst sehr hoch angesehen. Er hatte sogar einmal eine japanische Auszubildende.
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Die Bäckerei befindet sich noch immer im Stammhaus Ehrenstraße 75.
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Zimmermann macht zwar keine Trends mit, hat aber mehr süße Teilchen im Angebot als früher – möglicherweise ein Einfluss der Cookie-Läden in der Nachbarschaft – und Gemüsekuchen für die eilige Mittagspause. Ansonsten wird weiter fleißig Schwarzbrot gebacken, verschickt und auch an ausgewählte Supermärkte und Metzgereien ausgeliefert.
Markus Zimmermanns Mutter, gerade 80 Jahre alt geworden, wohnt immer noch in der Wohnung über dem Geschäft. „Sie packt die Plätzchen ein“, erzählt er. Es bleibt in der Familie.
Seit 1932: Parfümerie Möltgen
„Einfach waren die Zeiten nie“, sagt Peter Möltgen (82). „Es gab Jahre, da hatten wir drei Douglas-Filialen um uns herum.“ Doch die Parfümerie hat das alles überstanden. 1932 hatten Peter Möltgens Eltern das Haus in der Ehrenstraße bezogen und firmierten als „Drogerie und Teehaus“ – ganz bodenständig. „Es gab Kräutermischungen speziell für Abführprobleme. Und Kinder holten sich hier schon mal Pflaster, wenn sie gefallen waren.“ Als Anfang der 1970er die ersten Drogerieketten eröffneten, die ganz andere Preise bieten konnten, begann Sohn Peter mit der Umwandlung in eine Parfümerie. Er fuhr nach Frankreich, um sich weiterzubilden, wollte Innovatives. „Wir waren die erste Parfümerie mit einem eigenen Visagisten. Und die ersten, die Bikinis verkauften und ein Sonnenstudio hatten.“

Ariane Brendel-Möltgen und ihr Vater Peter Möltgen
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Am Anfang sei die Kundschaft sehr gemischt gewesen: Die Frauen aus der benachbarten Kleinen Brinkgasse, in der damals mehrere Bordelle ansässig waren, kamen ebenso wie die Damen der gehobenen Gesellschaft, die vom Chauffeur vorgefahren wurden. In den 1980er Jahren, so formuliert es Möltgen, war die Ehrenstraße die „Carnaby Street“ von Köln. Und Peter Möltgen war Teil der Show. Das Geschäft nahm bald alle fünf Etagen des schmalen Hauses ein, es gab Modenschauen und Abendveranstaltungen mit Beratungen zu Pflegeprodukten. Da konnte keine Kette mithalten.

Am Anfang das Familienunternehmen ein Kräuter- und Teehaus. Der junge Mann in der Mitte ist Peter Möltgen.
Copyright: Parfümerie Möltgen
Seine Tochter Ariane Brendel-Möltgen (46) wuchs mit dem Geschäft auf und übernahm es 2013 vom Vater. Der schaut noch öfter vorbei, denn die Arbeit war sein „Lebenselixier“ – aber die Tochter hat freie Hand. „Ich bin sehr stolz, hier arbeiten zu dürfen“, sagt sie. Sie genießt den Kontakt zu den Stammkunden. Und führt das Familienunternehmen nun mit ihren neuen Ideen fort. Neu im Angebot sind zum Beispiel die „Nischendüfte“, sehr teure und oft nur in begrenzter Menge angebotene Parfüms, die von Influencern beworben und vor allem von sehr jungen Männern gekauft werden. „Das bringt uns eine neue Kundschaft. Die staunen oft, weil sie zuvor noch nie in einer Parfümerie waren“, sagt die Tochter.
Seit 1947: Juwelier Gadebusch
„Angefangen hat es mit ein paar silbernen Pokälchen und Orden“, erzählt Oliver Meyer, Geschäftsführer von Gadebusch. Die wurden im Schaufenster von Juwelier Gadebusch ab 1947 zunächst in der Weißenburgstraße im Agnesviertel stolz ins Schaufenster gestellt. Für die Gadebuschs war damals es ein Neuanfang: Dedo Philibert Gadebusch hatte seine Hofgoldschmiede bereits 1844 in Potsdam eröffnet, seine Nachfahren wurden jedoch im Zuge des Zweiten Weltkriegs enteignet, das Unternehmen zerstört. In Köln fand man eine neue Heimat.

Das Juweliergeschäft in den 1950er Jahren noch unter dem Namen Dedo Gadebusch. Im Fenster stehen Silberleuchter und -teller.
Copyright: Juwelier Gadebusch
Seit 1953 ist Gadebusch nun auf der Breite Straße. Wer in das Geschäft hinein will, der muss klingeln. Und wird dann freundlich im beige-holzig, eleganten, überraschend großen Ambiente empfangen, das ein wenig an feines Hotel erinnert. Bis Mitte der 1980er Jahre wurde hier vor allem feiner Diamantschmuck für die Damen verkauft, sagt Oliver Meyer. Dann jedoch wuchs das Interesse und der Markt für hochwertige Uhrenmarken. „Da haben wir rechtzeitig reagiert.“
Trotz der Lage auf der Einkaufsstraße – Laufkundschaft gibt es hier kaum. „Wir haben zu 95 Prozent Stammkunden.“ „Blumenwiese“ nennen die Eigentümer ihr Geschäft liebevoll. Weil man hier so abgeschirmt vom Trubel zwischen schönen Dingen sitzen kann. Manchmal kommen Kunden auch nur für einen Kaffee vorbei. Für größere Veranstaltungen gibt es sogar eine Kölsch-Zapfanlage.
In der Geschäftsführung ist zwar kein Mitglied der Familie Gadebusch mehr. Doch Oliver Meyer war mit dem Sohn der Gadebuschs gut befreundet und stieg schon 1992 als Lehrling ein. Zusammen mit seiner Frau und einer weiteren Gesellschafterin führt er nun das Unternehmen. „Wir sind zwar nicht blutsverwandt mit der Familie Gadebusch, aber wir führen die Familientradition fort.“

Der Juwelier Gadebusch an der Breite Straße mit den Geschäftsführern Oliver Meyer, Antonija Maric (r.) und Michaela Jung das Geschäft möchte, muss klingeln.
Copyright: Juwelier Gadebusch
Die Geschäfte laufen gut, auf der Mittelstraße und am Wallrafplatz gibt es inzwischen zwei weitere Niederlassungen. Dabei habe man natürlich eine „exklusive Durchschnittspreislage“, wie es Meyer elegant umschreibt. Luxus, teure Uhren – das ist ja für manchen Kölner durchaus etwas Fremdes. In der Tat sei Köln da anders als zum Beispiel Düsseldorf mit seiner Luxusmeile Kö, sagt Meyer. „In Köln macht man das alles ein bisschen leiser.“ Da klingelt man auf der Breite Straße.
Seit 1975: Herrenausstatter Ebinghaus
Als Ralph und Gisela Ebinghaus 1975 – also genau vor 50 Jahren – ihr Unternehmen an der Nord-Süd-Fahrt gründeten, da bezeichneten sie sich als „Sicherheitsberater für Manager“. Beim „Herrenausstatter Ebinghaus“ wurden dem vielbeschäftigten Herrn alle Fragen in Sachen Mode abgenommen, damit er sich ganz auf den Beruf konzentrieren konnte. Damals habe es in Köln Dutzende Herrenausstatter gegeben, lange fand hier auch die Internationale Herrenmodewoche statt. Da wurden die Schaufenster abends abgehängt, damit die Konkurrenz die neue Deko und Ware nicht sehen konnte, erinnert sich Gisela Ebinghaus.

Herrenausstatter Ralph Ebinghaus in den 1970er Jahren
Copyright: Herrenausstatter Ebinghaus
Trotz der großen Konkurrenz: Das Modehaus sei vom ersten Tag an erfolgreich gewesen. Pierre Cardin und Ermenegildo Zegna wurden als Marken geholt. Am Anfang waren nur Anzüge im Angebot, inzwischen gibt es alles von Freizeitmode bis Festkleidung. Und jede Menge Jeans. „Als 1985 die ersten Cerutti-Jeans kamen, da sorgte da noch für Aufsehen“, erinnert sich Gisela Ebinghaus. Viele Prominente und Vertreter der Kölner Society waren und sind Kunden – Joachim Fuchsberger und Mario Adorf ließen sich hier gerne beraten.
Längst ist Tochter Alexandra ins Geschäft eingestiegen. Ebinghaus sei inzwischen einer der wenigen verbliebenen und von den Inhabern (und Namensgebern) noch selbst geführten Herrenausstatter – für alle Lebenslagen. „Die eigene Hochzeit oder die Einladung zu einer Hochzeit ist für viele die erste Begegnung mit einem Anzug“, sagt Alexandra Ebinghaus. Insgesamt werde es nach legeren Zeiten wieder schicker. „Und die Krawatte kommt wieder. Da bringen wir auch gerne den Knoten bei.“ Und ihre Mutter sagt: „Die Kunden können das auch heute noch alles an uns delegieren.“

Gisela Ebinghaus und Tochter Alexandra Ebinghaus ließen zum Jubiläum ein Bild von Ralph Ebinhaus anfertigen.
Copyright: Alexander Schwaiger
Der Begriff „Herrenausstatter“ sei jüngeren Menschen allerdings kaum noch ein Begriff. Und oft werde die Frage gestellt: „Warum gibt es eigentlich keinen Damenausstatter?“ Das liege einerseits an der Sozialgeschichte: Früher gab es einfach noch keine Managerinnen, die umsorgt werden müssten. Außerdem, so Mutter und Tochter Ebinghaus, legen Frauen mehr Wert auf Modetrends statt auf Langlebigkeit wie die Männer – und seien beim Aussuchen auch selbstständiger als die Männer. Die Idee, auch Damenmode aufzunehmen, haben die Ebinghausens jedenfalls schnell wieder verworfen.
Käsehaus Wingenfeld
Das Käsehaus gibt es seit 1896, seit 1950 ist es eine feste Größe auf der Ehrenstraße. 2024 gab es eine Veränderung: Die Inhaberin zog mit dem Namen Wingenfeld in ein Geschäft auf der Severinstraße um. Das Ladenlokal an der Ehrenstraße wurde von dem Franzosen Jeremie Legrand, der schon immer ein Fan von Wingenfeld und der tollen Lage war, übernommen und heißt seitdem Käsehaus Legrand. Das schöne Ambiente ist geblieben.
Printen Schmitz
Das Café an der Breite Straße ist seit mehr als 180 Jahren in Familienhand. Die Familie Schmitz trotzte bisher jeder Welle von hippen Barista-Gründungen in der Nachbarschaft. Ein Iced Matcha gibt es hier nicht. Veränderungen müssten allerdings sein, es wurde umgebaut und ohne Präsenz auf den sozialen Medien geht es nicht. Flockensahne verkauft sich heute überhaupt nicht mehr, dafür Zimtschnecken. Die Printen werden das ganze Jahr gebacken, von Oktober bis Weihnachten dann mehrmals in der Woche.
Filz Gnoss

Filz Gnoss macht heute seinen Umsatz mit bunten Bastelstücken, Taschen und Souvenirs.
Copyright: Filz Gnoss
Das Geschäft auf der Apostelnstraße ist gerade 100 Jahr alt geworden. Die Inhaber haben es geschafft, das Nischenprodukt Filz in die Gegenwart zu retten. Lange wurde Filz vor allem als Dämm-Material für Maschinen eingesetzt, nach technischen Veränderungen brach der Absatz ein. Um das Jahr 2000 setzte jedoch ein Bast- und Nähboom um das Naturmaterial ein – und darauf stellte sich Filz Gnoss ein. Heute machen Dekomaterialien, Untersetzer, Tischsets, Schlüsselanhänger, Handyhüllen und Taschen den Hauptumsatz aus. Dazu kommen die bewährten warmen Filzpantoffeln.
Foto Lambertin

Foto Lambertin um 1950 unter den Gleisen der Hohenzollernbrücke
Copyright: Lambertin
Der Lambertin-Schriftzug mit dem stilisierten Dom ist den Kölnern seit langem vertraut. Das erste Geschäft entstand 1949 unter den Gleisen der Hohenzollernbrücke. Später kamen die Filialen am Dom (in den charakteristisch gezackten Domplatten-Aufbauten) und am Wallrafplatz. Das Haus am Wallrafplatz stammt aus dem 13. Jahrhundert und wurde schon damals „Schmales Handtuch“ genannt. Die Straßenfront ist nur 3,80 Meter breit. Die Ware ist deshalb sehr hoch gestapelt. Die Leiter sei das wichtigste Verkaufshilfsmittel, heißt es auf der Lambertin-Internetseite. Wegen des hochwertigen Sortiments sei es gelungen, „an die sechs Konkurrenzbetriebe zu überleben, die in unmittelbarer Nähe Fotobedarf anboten“.
Lengfeld'sche Buchhandlung
Die älteste Buchhandlung Kölns feierte 2022 ihren 180. Geburtstag. Am Kolpingplatz ist Hildegund Laaff seit mehr als 30 Jahren die Chefin. Der Laden wirkt mit seinem Sofa, den hohen Regalen und den vielen Klassikern wie ein Wohnzimmer – das ist für viele junge Besucher so exotisch, dass sie hier gerne Selfies machen. Wie man so lange überleben kann? „Wir haben unser Profil und unsere Qualität immer beibehalten.“
Betten Sauer
Die Firma feierte 2023 ihren 200. Geburtstag. Mit der Postkutsche war der Gründer aus Böhmen nach Köln gekommen, aus seiner Heimat brachte er Federn und Daunen mit. Betten Sauer sei damit die älteste Bettwarenhandlung in Deutschland, sagt der heutige Chef Michael Gouram. „Widersprochen hat da bisher jedenfalls niemand.“ Das erste Geschäft wurde 1823 an der Großen Neugasse eröffnet, heute befindet sich die Firma am Brücker Mauspfad. Trotz oder wegen der großen Billig-Konkurrenz habe man durchgehalten. „Die Leute wollen Fachgeschäfte, in denen sie etwas anfassen und ausprobieren können.“ Hier werden Kunden mit einem Ganzkörpergerät vermessen und bei Bedarf werden Lattenroste bei Hausbesuchen eingestellt.
Lederwaren Voegels

Das Stammhaus von Voegels an der Cäcilienstraße in den 1950er Jahren, später zog man in die Ludwigstraße.
Copyright: Archiv Voegels
Den Koffer- und Taschenfachhändler Voegels gibt es seit 1923 mitten in der City. Martin Voegels führt das Unternehmen in dritter Generation. „Jede Generation hat andere Schwerpunkte gesetzt“, sagt er. Der Großvater fertigte Aktentaschen und Werkzeugkoffer für Geschäftskunden. Der Vater nahm Fremdfabrikate ins Sortiment auf, unter anderem als erster in Deutschland die Kölner Rimowa-Alukoffer. In den 1980er Jahren wurde die Eigenproduktion ganz eingestellt, weil sie zu teuer war. Dann kam der Firma der Zeitgeist entgegen: Der Wohlstand wuchs, die Menschen begannen zu reisen und brauchten Koffer. Der Trend hält bis heute an. Ein weiterer Schwerpunkt sind Schulranzen. Die werden auch immer gebraucht.
