Die Initiatoren des Tanztheaters „Disdance Project“ wenden sich zum Erhalt des Spielbetriebs an ihr Publikum und die weitere Öffentlichkeit.
Finanzielle KürzungenNeuehrenfelder Kulturstätte „Alte Wursterei“ droht das Aus

Der Spielbetrieb der Alten Wursterei ist aufgrund von Einsparungen im Kultursektor gefährdet.
Copyright: disdance project gUG André Lehnert und Paula Scherf
„Wir kämpfen und wir hoffen, dass wir bestehen, aber wenn alles schlecht läuft, droht die Schließung dieser kulturellen Begegnungsstätte“, beschreibt André Lehnert die aktuelle Situation des „Disdance Project“, das seit 2019 in der „Alten Wursterei“ seinen Produktions- und Aufführungssitz für multimediales generationenübergreifendes Tanz-Theater hat.
Kürzungen im Kulturetat der Kommune und des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Absagen bereits zugesagter Förderungen, steigende Betriebskosten und aufgebrauchtes Eigenkapital bedrohen zurzeit die Existenz des Hauses, das mehrfach für den Kölner Theaterpreis nominiert war, zuletzt 2024 für die Inszenierung von „Der Bau“.

Schauspielerin Paula Scherf und Regisseur André Lehnert wollen das Disdance Project nicht aufgeben.
Copyright: disdance project gUG André Lehnert und Paula Scherf
Einstige Halle einer Fleischerei aufwendig saniert
Ohne finanzielle Unterstützung sei der Ort verloren, so der Disdance-Mitbegründer. Ohne konkrete Schuldzuweisungen an Behörden zu formulieren, wolle man das Schicksal verstärkter als je zuvor in die eigene Hand nehmen. Um das Theater zu retten, haben Lehnert und seine Partnerin Paula Scherf eine Online-Spendenkampagne eingerichtet.
„Kurzfristig benötigen wir 12.000 Euro, mittel- und langfristig 25.000 bis 30.000 Euro, um den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten“, informiert Lehnert. Rund zwei Wochen nach dem Start beträgt das Spendenvolumen bereits annähernd 10.500 Euro. Man bereichere sich damit nicht. Alles fließe in die Spielstätte, versichern die freien Theatermacher.
Die einstige Halle einer Fleischerei wurde mit der Anmietung aus eigener Kraft mit einem sechsstelligen Betrag saniert. Während der Corona-Pandemie erschöpften sich die Rücklagen des Gründer-Duos. „Wir wollen nicht klagen. Stattdessen gehen wir neue Wege“, so Regisseur Lehnert. Gesucht werden Dauerspender sowie Firmen als institutionelle Sponsoren. Selbstproduzierte Bücher zur Kinderreihe „Peppalina Pappelotti“ werden im neu-gegründeten „Schmunzel-Verlag“ vertrieben. Darüber hinaus werden die Spieltermine auf bis zu zwölf Aufführungen pro Monat erhöht.
Wenn die Faschisten kommen, müssen wir die Kultur erst recht stärken.
Die Verflechtung von Literatur, Theater und Tanz mit digitalen Medien sei in den vergangenen Jahren nicht nur beim Erwachsenenpublikum gut angekommen. Auch die Stoffe speziell für junge Besucher liefen gut, berichtet Paula Scherf, die eine besondere Verbindung mit dem Viertel hervorhebt: „Unsere Kinderstücke haben bisher mehr als 7.000 Zuschauer, davon viele aus dem Veedel, gesehen. Das wird total angenommen. Auch die meisten Spenden kommen aus dem Stadtteil. Die Leute wollen nicht, dass solch ein Ort der Subkultur geschlossen wird.“
Mittels eines solidarischen Ticketmodells, anhand dessen die Theatergänger zwischen verschiedenen Tarifen selbst den Eintrittspreis entscheiden können, soll der soziale Stellenwert der Einrichtung hervorgehoben werden. Eine Kritik bezüglich der Förderstrukturen in Stadt, Land und Bund will André Lehnert nicht unterdrücken: „Der gesellschaftliche Trend ist vollkommen entgegengesetzt zum Verstand, der besagt, wenn die Faschisten kommen, müssen wir die Kultur erst recht stärken und mit unserer Arbeit zumindest zum Austausch in der Bevölkerung anregen, doch das Gegenteil passiert.“
Für die nahe Zukunft kündigt das Disdance Project bereits zwei neue Stücke an. Im Herbst soll die Premiere des koreanischen Kinderbuchs „Die Ecke“ erfolgen, an dem Schüler in den Gestaltungsprozess einbezogen werden. Die Erzählung handelt von einer Krähe, die darüber sinniert, was sie zum Leben braucht. Mit Shumona Sinhas kontroversen Roman „Erschlagt die Armen!“ greift das Haus die Themen Rassismus und soziale Ungerechtigkeit auf.
„Peppa macht Urlaub“, Clowneskes Tanztheaterstück für Familien, 2. August 15 Uhr, 3. August 12 und 15 Uhr, 6. August 15 Uhr, 9. August 15 Uhr, 10. August 12 und 15 Uhr, „Peppa kommt in die Schule“, 22./23./24./25./26. August jeweils 12 und 15 Uhr, Alte Wursterei, Pettenkoferstraße 4, 50823 Köln, Kartentelefon: 0221 16909379,www.disdanceproject.de