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Beirat sieht schwere VersäumnisseMissbrauchsopfer zeigen Kardinal Woelki beim Papst an – Entscheidung wohl binnen drei Monaten

Lesezeit 11 Minuten
Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln (Archivbild)

Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln (Archivbild)

Der Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz wirft dem Kölner Kardial schwere Verstöße und Versäumnisse vor. Papst Leo XIV. liegt damit erstmals eine Anzeige durch ein offizielles kirchliches Gremium vor.

Der Kölner Kardinal Rainer Woelki ist durch ein offizielles kirchliches Gremium bei Papst Leo XIV. angezeigt worden. Der Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz wirft Woelki Verstöße gegen päpstliche Spezialnormen zum Umgang von Bischöfen mit Missbrauchsfällen vor. Der neue Papst wird um die Einleitung einer kirchenrechtlichen Voruntersuchung gebeten. Leo XIV. hat über mögliche Sanktionen bis hin zur Amtsenthebung zu entscheiden. Mit einer Antwort aus Rom wird gemäß Kirchenrecht innerhalb von drei Monaten gerechnet. 

Der Beirat wirft Woelki Verstöße gegen päpstliche Spezialnormen zum Umgang von Bischöfen mit Missbrauchsfällen, nachgewiesene Amtspflichtverletzungen sowie weitere schwere Versäumnisse vor. Das Erzbistum weist sämtliche Anschuldigungen als haltlos zurück.

Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz wirft Woelki Verstöße und Versäumnisse vor

Die Anzeige vom 18. Juli, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und dem WDR exklusiv vorliegt, bezieht sich auf die Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltschaft gegen Woelki wegen des Verdachts auf Meineid und uneidliche Falschaussagen. Es sei „nachgewiesen, dass der Kölner Erzbischof in unverantwortlicher und zugleich rechtswidriger Weise seinen Amtspflichten nicht nachgekommen ist. Das betrifft unter anderem seinen Umgang mit Anzeigen möglicher Sexualstraftaten durch Kleriker, die Meldung von Tätern an deren Wohnortdiözese sowie die ohne Ansehen der Person durchzuführenden Untersuchungen zur Aufarbeitung von Missbrauchstaten“.

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Als weitere schwere Vorwürfe benennt der Beirat einen nachlässigen Umgang mit Missbrauchsakten „sowie die Täuschung von Missbrauchsbetroffenen über die vorgeschriebenen bzw. möglichen Wege bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und beim Verfahren zur Anerkennung des ihnen widerfahrenen Leids“.

Papst Leo XIV. um Einleitung einer kirchenrechtlichen Voruntersuchung gebeten

Der Beirat bezeichnet Woelkis Verhalten als unerklärlich. „Wir haben inzwischen jegliches Vertrauen verloren, dass unter Kardinal Woelkis Leitung Missbrauchstaten ohne Rücksicht auf die Täter aufgeklärt werden. Aufarbeitung im Erzbistum Köln scheint vor allem dem Selbstschutz des Kardinals zu dienen.“ Im Anzeigentext wird Papst Leo XIV. um die Einleitung einer kirchenrechtlichen Voruntersuchung gebeten.

Wir haben inzwischen jegliches Vertrauen verloren, dass unter Kardinal Woelkis Leitung Missbrauchstaten ohne Rücksicht auf die Täter aufgeklärt werden
Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz

Die Co-Sprecherin des Gremiums, Katharina Siepmann, sagte dem WDR, Aufklärung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt würden unter Kardinal Woelkis Amtsführung „nicht zielführend vorangetrieben“. Wiederholt würden „die Interessen der Betroffenen massivst missachtet“. Die Betroffenen nähmen Woelkis Verhalten vielfach als verletzend wahr. Siepmann gab der Hoffnung Ausdruck, dass der Papst und die Verantwortlichen im Vatikan Woelkis Verhalten „für unzumutbar halten und intervenieren.“

Papst Leo XIV. gilt als sehr gut unterrichtet über die Lage in Köln.

Papst Leo XIV. gilt als sehr gut unterrichtet über die Lage in Köln.

Der neue Papst habe gleich am Beginn seiner Amtszeit herausgestellt, dass es für Missbrauch keinen Platz in der Kirche gebe und dass es einer Kultur der Achtsamkeit und Transparenz bedürfe, besonders mit Rücksicht auf Betroffenen. „Wir hoffen daher, dass Papst Leo sich unserer Belange annimmt und seinen ersten Ausführungen zum Thema Missbrauch alsbald auch Taten folgen lässt.“

Papst Leo XIV. ließ sich über Kardinal Woelki informieren

Papst Leo XIV., ein ausgewiesener Experte für Kirchenrecht, gilt als sehr gut unterrichtet über die verfahrene Lage in Köln. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat er sich noch kurz vor seiner Wahl in seiner damaligen Funktion als Chef des Dikasteriums für die Bischöfe aus erster Hand ins Bild setzen lassen.

In einer repräsentativen Umfrage des Instituts Forsa hatten sich zuletzt nur noch 3 Prozent der Kölnerinnen und Kölner über 16 Jahren zufrieden über Woelkis Amtsführung geäußert.

Erzbistum nennt Anschuldigungen „offenkundig haltlos“

Das Erzbistum teilte auf Anfrage mit, Woelki habe das Schreiben „überrascht zur Kenntnis genommen“. Die vorgebrachten Anschuldigungen seien „offenkundig haltlos“ und bauten „sicherlich unabsichtlich mangels besseren Wissens“ auf einer Reihe falscher Annahmen und Behauptungen auf“. Das Ermittlungsverfahren sei zum einen nicht geführt worden, „um den Umgang mit Anzeigen möglicher Sexualstraftaten, der Meldung von Tätern und erst recht nicht um die Aufarbeitung von Missbrauchstaten aufzuklären. Damit kommt eine Anwendung der im Schreiben erwähnten kirchenrechtlichen Normen also überhaupt nicht in Frage.“

Zum anderen sei es die Aufgabe von Gerichten und eben gerade nicht die Aufgabe der Staatsanwaltschaft, juristisch gesichert Feststellungen zu treffen. „Sie hat es daher selbstverständlich auch in diesem Fall nicht getan. Diese Grundprinzipien sind für unsere Rechtsordnung elementar.“

Für Woelki gelte nach Einstellung der Ermittlungen zu etwaigen Falschaussagen „weiterhin und vollumfänglich die Unschuldsvermutung“. Die weiteren Vorwürfe würden im Schreiben des Beirats „lediglich pauschal in den Raum gestellt, jedoch in keiner Weise konkretisiert oder belegt“. Auch diese seien „offenkundig haltlos und entschieden zurückzuweisen“.

Anzeige gegen Kölner Kardinal Woelki zunächst in Trier angekommen

Die Anzeige wurde auf dem Dienstweg zunächst dem Trierer Bischof Stephan Ackermann zugestellt. Er ist als Dienstältester der Bischöfe, die Woelki als Metropolit (Aufseher) der Kirchenprovinz Köln unterstellt sind für Beschwerden im Umgang mit Missbrauch zuständig, die den Erzbischof selbst betreffen. Ackermanns Sprecherin Judith Rupp bestätigte auf Anfrage den Eingang der an Papst Leo gerichteten Anzeige.

Die Weiterleitung nach Rom kann Ackermann auf direktem Weg oder über den päpstlichen Nuntius (Botschafter) in Berlin, Erzbischof Nikola Eterovic, vornehmen, wie der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke erklärt. In Rom ist das Dikasterium für die Bischöfe zuständig. Es muss die Vorwürfe prüfen und gegebenenfalls Ackermann innerhalb eines Monats mit weiteren Untersuchungen beauftragen. Am Ende entscheidet Papst Leo XIV. nach Beratung mit einem Juristenkollegium.

Ausgang des Verfahrens in der Kirche ist offen

Der Ausgang des Verfahrens ist nach Auffassung von Experten offen. Lüdecke spricht von einem „schwarzen Loch“, da es in der katholischen Kirche zwar geregelte Verfahren gebe, aber letztlich keine Rechtssicherheit. „Wenn der Papst einen schweren Schaden sieht, kann er Woelki seines Amtes entheben.“ Ob er das bei einem Erzbischof und Kardinal auch für opportun hält, sei nicht vorhersagbar, weil „Entscheidungen kirchlichen Autoritäten einer rechtlich gedeckten Willkür unterliegen. Der Papst kann sich über eigene Regeln jederzeit hinwegsetzen.“

Wenn der Papst einen schweren Schaden sieht, kann er Woelki seines Amtes entheben.
Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke

Lüdecke erinnerte daran, dass Woelkis Amtsführung schon einmal vom Papst unter die Lupe genommen wurde.

Der Kirchenrechtsprofessor Norbert Lüdecke (Universität Bonn), hier als Zuhörer im Landgericht Köln  (Archivbild)

Der Kirchenrechtsprofessor Norbert Lüdecke (Universität Bonn), hier als Zuhörer im Landgericht Köln  (Archivbild)

2021, auf dem Höhepunkt der Konflikte um Woelkis Verhalten im Missbrauchsskandal, schickte Leos Vorgänger Franziskus zwei Visitatoren nach Köln. Deren umfangreicher Untersuchungsbericht wurde nie veröffentlicht. Der Papst attestierte Woelki lediglich Fehler in der Kommunikation und beließ ihn nach einer gut fünfmonatigen Auszeit auf seinem Posten. Zugleich aber forderte er vorsorglich ein Rücktrittsangebot.

Papst ist bei der Entscheidung nicht an Fristen gebunden

Beobachter verweisen in diesem Zusammenhang auf den Fall des Pariser Erzbischofs Michel Aupetit. Dessen Rücktrittsgesuch nahm Franziskus 2021 mit der Begründung an, Aupetits Ruf sei nach Vorwürfen zu einer heimlichen Liaison mit einer Frau und Querelen um seine Amtsführung so beschädigt gewesen, dass er das Erzbistum nicht mehr habe regieren können.

Das Kirchenrecht sieht für die Entscheidungen über Beschwerden im Allgemeinen eine Frist von drei Monaten vor. Auch hieran ist der Papst aber nicht zwingend gebunden. Lüdecke empfiehlt dem Beirat, Transparenz einzufordern, jeden Schritt zu dokumentieren und sich vor allem nicht durch etwaige Verschwiegenheitsverpflichtungen „einen Maulkorb umbinden“ zu lassen.

Der Betroffenenbeirat ist ein mit zwölf Personen aus dem ganzen Bundesgebiet besetztes Gremium. Die Mitglieder werden vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, berufen. Der Beirat soll die Bischöfe unter anderem in Fragen des sexuellen Missbrauchs beraten. In seiner aktuellen Besetzung hat sich der Beirat im Dezember 2024 für eine zweite Amtsperiode von drei Jahren konstituiert.

Petition an Papst Leo XIV. nennt Woelki einen „Hirten ohne Herde“

Der Vorwurf, kirchenrechtliche Normen verletzt zu haben, ist auch in einer Petition enthalten, die Papst Leo XIV. auffordert, Woelki seines Amtes zu entheben. Er sei „moralisch vollständig korrumpiert“ und habe jede Glaubwürdigkeit verloren. „Kardinal Woelki ist sowohl innerhalb der Erzdiözese Köln als auch innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland weitestgehend isoliert.“ Er sei „ein Hirt ohne Herde“, das Erzbistum Köln eine Herde ohne Hirt. Das auf der Plattform change.org veröffentlichte Gesuch fand seit seiner Veröffentlichung am 26. Mai fast 64.000 Unterstützer (Stand: 20. Juli). Der Initiator, der Münchner Priester Wolfgang Rothe, gehört auch dem Betroffenenbeirat an. Dessen Entscheidung, Woelki formell beim Papst anzuzeigen, fiel nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ einstimmig bei einer Enthaltung.

Eine Gegenpetition an Papst Leo XIV. unter dem Titel „Solidarität mit Kardinal Woelki – Stoppen Sie Schmierkampagne“ vom 4. Juni fand auf change.org bislang gut 2000 Unterstützer.

Zwei Dokumente aus der Amtszeit des verstorbenen Papstes Franziskus (2013 bis 2025) sind es, die Bischöfe bei einem pflichtwidrig nachlässigen, leichtfertigen Umgang mit Missbrauchsfällen in Unruhe versetzen müssten. Auf beide bezieht sich der Betroffenenbeirat in seiner Anzeige gegen Kardinal Woelki.

Kirchenrechtliche Vorschriften zum Umgang mit Missbrauch

Das Apostolische Schreiben „Come una madre amorevole“ (Wie eine liebende Mutter, CUMA) von 2016 richtet den Blick auf die gebotene Sorgfalt in der Amtsführung eines Bischofs. Franziskus bestimmt, dass ein Bischof seines Amtes enthoben werden kann, „wenn er durch Fahrlässigkeit Handlungen vorgenommen oder unterlassen hat, die anderen … schweren Schaden zugefügt haben“. Voraussetzung für eine Absetzung ist generell eine „sehr schwerwiegende“ (molto grave) Verletzung der geforderten Sorgfaltspflicht. Handelt es sich aber um das Thema Missbrauch, „reicht es aus, wenn der Mangel an Sorgfalt schwerwiegend (grave) ist“ (CUMA Artikel 1, Paragrafen 1 bis 3).

Im Apostolischen Schreiben „Vos estis lux mundi“ (Ihr seid das Licht der Welt, VELM) von 2019 (aktualisierte Version 2023) regelt Franziskus die Meldepflichten zu Fällen sexualisierter Gewalt und Sanktionen gegen Verstöße. Ob die Bestimmungen mit Blick auf Woelkis Verhalten einschlägig sind, etwa für seine von der Staatsanwaltschaft als objektiv unwahr bewerteten Aussagen vor Gericht, ist unter Kirchenrechtlern umstritten.

Zudem verweist der Betroffenenbeirat auf Canon 1399 des kirchlichen Gesetzbuchs (CIC). Dort ist eine „gerechte Strafe“ unter anderem vorgesehen, „wenn die Notwendigkeit drängt, Ärgernissen zuvorzukommen oder sie zu beheben“.

Anzeige stützt sich auf Dokumente der Kölner Staatsanwaltschaft

Die Anzeige bei Papst Leo XIV. stützt sich auf zwei ausführliche Schreiben der Kölner Staatsanwaltschaft zu ihren Ermittlungen gegen Woelki. Beide Dokumente vom Mai 2025 liegen dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor. Die Behörde teilt darin im Ergebnis mit, dass sie das Verfahren mit Zustimmung des Landgerichts Köln gegen die Zahlung einer Summe von 26.000 Euro für einen gemeinnützigen Zweck eingestellt hat. Sie kommt aber zu dem Schluss, Woelkis Angaben unter Eid beziehungsweise an Eides statt hätten in Teilen „objektiv nicht der Wahrheit entsprochen“ oder sich „als unwahr erwiesen“.

Im Hinblick auf Aussagen zu seinem Kenntnisstand und seiner Handhabung prominenter Missbrauchsfälle im Erzbistum ist die Rede von „tatsächlich wahrheitswidrigen Behauptungen“, die Woelki vor Gericht „aufs Geratewohl“ aufgestellt habe. Er habe dabei „gleich in mehrfacher Hinsicht die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen“.

An anderer Stelle ist von Sorglosigkeit und Unbedarftheit Woelkis die Rede. Jenseits eines strafrechtlich relevanten Verhaltens attestiert die Staatsanwaltschaft dem Erzbischof, sein an den Tag gelegtes Desinteresse für bestimmte Unterlagen im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal sei „wenig nachvollziehbar“ und werfe „nicht unbedingt ein positives Licht auf das Amts- und Verantwortungsverständnis des Beschuldigten“.

In der Anzeige an den Papst heißt es zusammenfassend: „Die Staatsanwaltschaft stellte als juristisch gesichert fest, dass Kardinal Woelki an Eides statt sowie unter Eid mit der religiösen Eidesformel (So wahr mir Gott helfe) ‚objektiv unwahre’ Angaben zu seinem Umgang mit mutmaßlichen bzw. erwiesenen Fällen von sexuellem Missbrauch gemacht hat.“*

Staatsanwaltschaft sieht keine Belege für Vertuschung

Allerdings hält die Staatsanwaltschaft es Woelki zugute, dass im Zuge der Ermittlungen „an keiner Stelle ein Verhalten des Beschuldigten festzustellen war,  das auf eine Bagatellisierung oder gar Vertuschung von Missbrauchsvorwürfen gerichtet gewesen wäre“. Vielmehr habe die Behörde zahlreiche Beispiele dafür gefunden, dass Woelki „auf eine vollumfängliche und rückhaltlose Aufklärung gedrängt“ habe.

Die Staatsanwaltschaft lässt dann eine weitere Ausführung folgen, die im Ermittlungsverfahren zu Woelkis Gunsten ausfällt, im Vatikan aber möglicherweise zu einer anderen Bewertung führen könnte. Zu dem erwähnten Dringen des Kardinals auf Aufklärung schreibt die Behörde: „Dass er über dieses im Wege der Aufgabendelegation umgesetzte Wirken hinaus eine Aufklärung womöglich nicht als höchsteigene Aufgabe, sondern allein als eine solche der von ihm eigens eingerichteten Stellen angesehen hat, mag in gesellschaftlichen, moralischen und womöglich auch theologischen Kategorien angreifbar sein, kann aber nicht als ein Beleg für ein öffentliches Strafverfolgungsinteresse dienen.“ (Hervorhebungen durch die Redaktion)

Fast 100.000 Nachrichten in Messenger-Diensten gesichtet

Akribisch listet die Staatsanwaltschaft das Datenmaterial auf, das ihren Ermittlungen zugrunde lag. So habe sie im Rahmen einer Hausdurchsuchung am 27. Juni 2023 bei Woelki persönlich 30.987 threema-Nachrichten, 87.427 Whatsapp-Nachrichten, 9553 i-Messages und 10.692 E-Mails sichergestellt. Hinzugekommen seien weitere im Erzbistum sichergestellte 2.558.078 „digitale Elemente“ (E-Mails, E-Mail-Anhänge, Word- und pdf-Dokumente sowie Kalendereinträge). 

Als relevant für den Zusammenhang der Ermittlungen qualifiziert die Staatsanwaltschaft 546 threema-Nachrichten, 659 Whatsapp-Nachrichten, 68 i-Messages und 99 E-Mails sowie weitere 842 digitale Elemente.

Erzbistum betont: „Der Kardinal ist und bleibt unschuldig“

Auf die Einstellung des Verfahrens im Mai reagierte das Erzbistum mit der Feststellung: „Der Kardinal ist und bleibt unschuldig.“ Woelki selbst sagte in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“, geführt in Rom kurz nach dem Konklave mit der Wahl Papst Leos XIV.: „Dass das Verfahren eingestellt wurde, bedeutet, ich habe weder gelogen noch einen Meineid begangen. Punkt.“

Dieser Sicht widersprach die Staatsanwaltschaft umgehend. Schon in ihren Ausführungen zum Ende des Verfahrens heißt es unmissverständlich, die Einstellung lasse die Schuldfrage „insoweit offen, als der Beschuldigte weder schuldig gesprochen noch in einer dem Freispruch vergleichbaren Weise rehabilitiert wird“.

Auf verschiedene Nachfragen zu dieser Diskrepanz reagierte das Erzbistum mit der immer gleichen Erklärung: „Für Kardinal Woelki stellt das Verfahrensende einen Schlusspunkt dar. Er möchte sich jetzt mit ganzer Kraft und gemeinsam mit den Gläubigen den Zukunftsthemen des Erzbistums Köln widmen.“

Der Betroffenenbeirat zeigt sich in seiner Anzeige „bestürzt“ von Woelkis Reaktion. Sein Verhalten stehe „im Widerspruch zur staatlichen Rechtsordnung“. Das sei auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen haben. Der Beirat verweist hierzu auf die öffentliche Feststellung der Staatsanwaltschaft nach Rücksprache mit dem zuständigen Kölner Landgericht, dass Woelki bei einer Anklage wegen Meineids in einem Strafprozess wahrscheinlich verurteilt worden wäre.


* Der Beitrag wurde am 21.07.25 um die im Anschluss folgenden Absätze ergänzt.