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Bekannt von der EhrenstraßeKölner Straßenmusiker „Stadtgeklimper“ zieht sich zurück

Lesezeit 3 Minuten
Thelonious Herrmann alias „Stadtgeklimper“ in der Fußgängerzone der Ehrenstraße in Köln.

Thelonious Herrmann alias „Stadtgeklimper“ in der Fußgängerzone der Ehrenstraße in Köln. Der Straßenpianist zieht alle halbe Stunde an einen anderen Standort in der Innenstadt und zieht mit seinem Klavierspiel binnen weniger Minuten zahlreichen Passanten und Fans in seinen Bann. (Archivbild)

Von einem, der auszog, um Köln zu verzaubern – und nun an Bürokratie scheitert.

Thelonious Herrmann, besser bekannt als „Stadtgeklimper“, ist für viele Kölner längst mehr als ein Straßenmusiker. Mit seinem mobilen Klavier zieht der 26-jährige Musikstudent seit Jahren durch die Straßen der Domstadt, spielt auf der Ehrenstraße, berührt Passanten mit kölschen Melodien und sorgt für Gänsehautmomente mitten im Alltag.

Doch genau damit ist nun vorerst Schluss. Die Stadt Köln verliert eines ihrer beliebtesten Straßenklangbilder – an die eigenen Regeln, wie der Musiker sagt.

Bürokratie statt bewegende Momente: Deshalb hört „Stadtgeklimper“ auf

Was Herrmann dazu bewegt, sich aus dem Straßenbild zurückzuziehen, seien die starren Vorgaben des Ordnungsamts. Die Stadt Köln erlaubt –wie andere Städte auch – Straßenmusik nur in Zeitfenstern von 30 Minuten, von der vollen bis zur halben Stunde. Die nächsten 30 Minuten ist das Musizieren an dieser Stelle der City untersagt und der Standort muss gewechselt werden.

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„Leider sind die Regeln für uns Straßenmusiker sehr ungünstig konzipiert“, sagt Herrmann. „Oft ist es so, dass ein wunderschöner Moment entsteht und ich meine Show dann einfach mitten im Stück beenden müsste.“ Und Sondergenehmigungen, wie sie früher etwa für den Leierkastenmann ausgestellt wurden, gebe es bei der Stadt Köln nicht mehr. Dabei möge ihn Frau Reker und habe ihm sogar schon einmal Geld in den Beutel geworfen, berichtet der 26-Jährige.

Zwischen 21.30 und 10 Uhr ist das Musizieren illegal. Doch nicht immer habe sich der Student der Hochschule für Musik und Tanz daran gehalten, was das Ordnungsamt prompt quittierte. Einige der Strafzettel hat „Stadtgeklimper“ auf seiner Instagram-Seite dokumentiert. Dort gibt es eine ganzen Foto-Sammlung unter der Rubrik „Ordnungsamt“. Von vielen Menschen erhielt der 26-Jährige seitdem Spenden über Paypal, womit er die Geldbußen „dreifach“ bezahlen konnte.

Kultur braucht Raum: Von der Straße in den Konzertsaal

Statt in Köln will Herrmann künftig häufiger in Bonn spielen, sagte er gegenüber „t-online.de“. Dort gilt zwar eine ähnliche 30-Minuten-Regel, aber mit mehr Flexibilität: Wer sich ein Ticket besorgt, darf den ganzen Tag an einem Ort auftreten. Eine Lösung, die Herrmann für Köln ebenfalls vorschlägt – etwa in Form einer „Straßenmusik-Lizenz“, wie sie in München bereits existiert.

Ganz verschwinden wird „Stadtgeklimper“ aber nicht. Neben seinem bereits ausverkauften Konzert im Gloria steht 2026 ein musikalisches Highlight an: Am 20. Juni lädt Herrmann in die Kölner Philharmonie zu „Stadtgeklimper & Friends“. Unter dem Motto „Wer sein Klavier liebt, der schiebt!“ bringt er die Musik der Straße in den Konzertsaal – begleitet von Künstlern, die ihn inspiriert haben.

Spontane Musikmomente auf der Straße tauscht der 26-Jährige gegen orchestralen Klang im Konzertsaal. Doch sein Fall zeigt: Zwischen Kunstfreiheit und Ordnungsvorschriften braucht es neue Wege, damit Straßenkultur nicht auf der Strecke bleibt. Sonst bringt Köln solche Größen wie „AnnenMayKantereit“ vielleicht künftig nicht mehr hervor. (sbo)