Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Köln schafft den „Spielplatz“ ab„Neue Schilder sind das Letzte, was wir brauchen“ – Kritik wegen Umbenennung

Lesezeit 4 Minuten
Ein Schild mit der Aufschrift Spielplatz ist auf dem Kinderspielplatz Münstereifeler Platz.

Ein Schild mit der Aufschrift Spielplatz ist auf dem Kinderspielplatz Münstereifeler Platz. 

700 neue Schilder, obwohl noch viele Spielplätze auf eine Modernisierung warten. Das sorgt für viel Kritik.

Die Entscheidung der Stadtverwaltung, die Schilder mit dem Begriff „Spielplatz“ ab Herbst durch „Aktion- und Spielfläche“ zu ersetzen, schlägt bundesweit hohe Wellen. 700 neue Schilder sollen dafür nach und nach aufgestellt werden. Setzt eine Millionenstadt, die sich mit der Frage beschäftigt, ob ein Spielplatz noch Spielplatz heißen darf, oder man mit diesem Begriff nicht mehr alle „Alters- und Zielgruppen“ erfasst, die richtigen Schwerpunkte?

„Nein“, sagt Markus Greitemann, Oberbürgermeisterkandidat der CDU für die Kommunalwahl im September und kritisiert diese Entscheidung mit deutlichen Worten und damit auch die CDU-Ratsfraktion, die auf einem gemeinsamen Beschluss mit den Grünen im September 2023 basiert. Sie sei „ein Beispiel für fehlendes Gespür für Prioritäten in unserer Stadt“. Köln brauche „Schaukeln statt 700 neuer Schilder. Wir brauchen sichere Spielplätze und echte Freiräume für Kinder und Jugendliche. Dafür müssen wir investieren und nicht in neue Schilder.“

Der Weidener Roland Held auf dem leeren Spielplatz an der Ostlandstraße, Ecke Schulstraße.

Der Weidener Roland Held auf dem leeren Spielplatz an der Ostlandstraße, Ecke Schulstraße. Foto: Susanne Esch

Besonders absurd sei, dass auf das Wort „Spielen“ nicht verzichtet werden kann. Sonst hätte das Ordnungsamt keine rechtliche Grundlage mehr, um bei Zweckentfremdung einzugreifen. „Das zeigt, wie sehr sich die Aktion zu einem Schildbürgerstreich erster Güte entwickelt hat.“

Berivan Aymaz, OB-Kandidatin der Grünen, die vom „Kölner Stadt-Anzeiger“ ebenfalls um eine Stellungnahme gebeten wurde, ließ sich aus Termingründen entschuldigen. Für die Ratsfraktion der Grünen betonte deren jugendpolitische Sprecherin Ulrike Kessing, der Ausbau von Spielplätzen habe weiterhin Priorität. „Allein in den nächsten fünf Jahren sollen 123 Spielplätze neu geschaffen und 82 saniert werden. Die teils sehr veralteten Schilder entsprechen einfach nicht mehr der Realität – auch Jugendliche bis 18 dürfen Spielplätze nutzen. Die neuen Schilder schaffen Klarheit. Sie werden nach und nach im Rahmen der regulären Erneuerung ausgetauscht.“

Der Kölner Jochen Ott, SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag und ehemaliger Parteichef der Kölner SPD, hält ein solches Vorgehen in Zeiten knapper Kassen für deplatziert. „Angesichts vieler Spielplätze, die wirklich in einem sauschlechten Zustand sind – ungepflegt, Spielgeräte abgebaut, keinerlei Sonnenschutz, zu viel Beton, frage ich mich ernsthaft, ob der Name auf dem Schild wirklich das größte Problem ist, das wir haben. Das ist ein Paradebeispiel dafür, was in den letzten zehn Jahren in Köln unter Schwarz-Grün alles schiefgelaufen ist. Das muss langsam ein Ende haben und kann man zum Glück im September auch abwählen.“

„Seit 15 Jahren warten wir hier in Weiden auf einen neuen Spielplatz“, sagt Roland Held und zeigt auf den Platz an der Ostlandstraße, der vollkommen leer ohne Spielgeräte brach liegt. „Neue Schilder sind das Letzte, was wir brauchen.“ Eine neue EU-Verordnung zum Thema Fallschutz habe im Jahr 2010 dazu geführt, dass an der Ostlandstraße und auf dem zweiten Spielplatz in Weiden-Süd alle Spielgeräte abgebaut werden mussten.

Das geplante neue Schild mit der Bezeichnung „Spiel- und Aktionsfläche“ soll künftig an Spielplätzen in Köln angebracht werden. Foto: Stadt Köln/dpa

An den Lokalpolitikern, die vor Ort für die Belange ihrer Veedel kämpfen, liegt das nicht. Die Bezirksvertretung hatte schon 2019 beschlossen, den 500 Quadratmeter großen Platz neu zu gestalten und diesen Beschluss zwei Jahre später noch einmal bekräftigt.

Doch bis hier wieder die ersten Kinder spielen dürfen, werden wohl noch mindestens zwei Jahre ins Land ziehen. „Das Projekt befindet sich in der Vorprüfung, vermutlich kommt danach noch der Kampfmittelräumdienst, dann muss ein Landschaftsarchitekt die Planungen machen. Man hat uns signalisiert, dass wir im zweiten Halbjahr 2028 mit einem Baubeginn rechnen können“, sagt Held.

Wir warten seit 15 Jahren auf einen neuen Spielplatz
Roland Held, Bürger aus Weiden

Ähnlich absurd sie die Spielraumplanung aus dem Jahr 2018, nach der die Stadt jedem Kölner und jeder Kölnerin zwei Quadratmeter Spielfläche zur Verfügung stellen wollen. Derzeit sind es 1,2. „Damals war von einer Nettofläche die Rede. Faktisch arbeitet die Verwaltung bei den Spielplätzen mit der Bruttofläche.“ Spielgeräte, Bänke, Bäume, Sträucher. All das werde nicht abgezogen. „Aber das nur am Rande.“

Der verwaiste Platz befindet sich in der Nähe hoher Häuserblocks, in denen sehr viele Familien zu Hause sind. Immer wieder hatte die Stadtverwaltung zugesichert, den Spielplatz so schnell wie möglich neu zu gestalten. Zuletzt hatte die Tatsache, dass ein anderer im Klettenbergpark nun vorher saniert wird, eine Diskussion entfacht. Der Spielplatz in Weiden stand auf Platz eins der Prioritätenliste – im Stadtbezirk Lindenthal. In der Liste für die gesamte Stadt taucht er allerdings hinter Vorhaben in Chorweiler und Kalk auf.

Die Umbenennung der Kölner Spielplätze in „Aktions- und Spielflächen“ hat ihren Ursprung in einem Dringlichkeitsantrag des schwarz-grünen Ratsbündnisses vom September 2023. Weil Kinder und Jugendliche häufig erlebten, „dass sie an vielen Orten und Plätzen in Köln nicht willkommen sind“, schaffe man in Köln viele Orte, die für die Gruppe explizit vorgesehen seien. Die alten Spielplatz-Schilder seien dafür ungeeignet, deshalb werde die Verwaltung beauftragt, gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen ein neues Spielplatzschild zu entwickeln. Der Rat solle dafür 38.000 Euro aus dem Topf zur Einrichtung zweier Jugendtreffs im Rechts- und Linksrheinischen bereitstellen.

Die Stadt Köln hat in den Jahren 2023 und 2024 insgesamt sieben Millionen Euro für die Sanierung und Modernisierung maroder Spielplätze zur Verfügung gestellt.