Barbara Schock-Werner ist der Pariser Kathedrale Notre-Dame verwiesen worden. Was unangemeldeten touristischen Rundgängen im Dom droht.
Nach Rauswurf aus Notre-DameWie der Kölner Dom mit Piratenführungen umgeht

Barbara Schock-Werner ist der Pariser Kathedrale Notre-Dame verwiesen worden. Was unangemeldete touristische Rundgängen im Dom droht.
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Im Kölner Dom gilt für das Verhalten der Besucherinnen und Besucher die Bernard-Henrichs-Regel: 96 Prozent benehmen sich tadellos. Diesen Erfahrungswert des 2007 gestorbenen früheren Dompropstes teilen auch die heute Verantwortlichen.
Gemessen daran fiele Ex-Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner mit einer versuchten Führung in der Pariser Kathedrale Notre-Dame unter die verbleibenden vier Prozent. Denn auch im Kölner Dom sind unangemeldete touristische Rundgänge mit nicht lizenzierten Führern nach Paragraf sechs der Hausordnung untersagt. Seit 2024 verantwortet das Domforum sämtliche genehmigten touristischen Angebote. Dort müssen Privatleute, Gruppen und Reiseunternehmen geführte Besichtigungen buchen.
Auch im Kölner Dom gibt es strenge Regeln
So soll nach den Worten von Pia Modanese, Sprecherin der Dombauhütte, zum einen die Würde des Doms als Gotteshaus gewahrt, zum anderen touristischer Wildwuchs verhindert werden. „Wir brauchen einen Überblick, wie viele Gruppen mit wie vielen Personen wann im Dom sind.“ Angesichts von sechs Millionen Gästen jährlich könne es nicht sein, dass unautorisierte Führer „einfach so durch den Dom spazieren und ihr Ding durchziehen“.
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Vom erwähnten Dompropst Henrichs wird überliefert, dass er einmal beiläufig mitbekam, wie eine Lehrerin ihrer Schulklasse den Dom erklärte. „Sagen Sie mal“, habe der als durchaus forsch bekannte Geistliche die Pädagogin unterbrochen, „woher haben Sie eigentlich Ihr bemerkenswertes Wissen? Das ist ja alles falsch.“
Fortan habe Henrichs als Hausherr des Doms darauf gedrungen, dass Domführungen unter qualifizierter Leitung stattfinden. Tatsächlich müssen Führerinnen und Führer für eine Lizenz ihre Kenntnisse über die Geschichte der Kathedrale, ihre künstlerische Ausstattung und ihre geistliche Bedeutung nachweisen.
Touristenfänger ohne Qualifikation unterwegs
Außerdem sollte mit genehmigten Führungen, bei denen die Guides auch entsprechende Ausweise tragen, sogenannten Piratenführern das Handwerk gelegt werden: Diese wandten sich als scheinbar hilfsbereite Ortskundige auf der Domplatte an Touristen, ob sie vielleicht ein bisschen mehr über den Dom wissen wollten. Willigten die Touristen ein, bekamen sie zwar die eine oder andere Auskunft, im Anschluss aber auch die Ansage, sie hätten jetzt mal zu bezahlen. Und das nicht zu knapp – was regelmäßig für Ärger sorgte.
Mangelnde Qualifikation oder Touristennepp darf man bei Barbara Schock-Werners zwei versuchten Gruppenführungen in Notre-Dame getrost ausschließen. Dass sie im ersten Anlauf mit Mitgliedern des Zentral Dombau-Vereins (ZDV) die Regeln unterlaufen habe, räumt sie ein. Die 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer einfach im Innenraum zu verteilen und ihnen die Erklärungen über ein Funkmikro zu geben – ja, das sei schon etwas tricky gewesen.
Trotzdem habe sie den sofortigen robusten Rauswurf durch das Sicherheitspersonal dann doch übertrieben gefunden. Und überhaupt nicht mehr verstanden habe sie es, als gleich drei Aufseher sie wenige Tage danach erneut aus der Kirche drängten, obwohl sie diesmal zuvor nur auf dem Kirchenvorplatz gestanden und einer kleinen privaten Gruppe etwas über Notre-Dame erzählt hat, im Inneren aber ganz allein und vollkommen still gewesen sei.
In diesem Fall hätte das in Köln nicht zu Beanstandungen geführt. Dessen sei sich gewiss, sagt Schock-Werner. In Köln werde es auch toleriert, wenn Einheimische privat mit Gästen durch den Dom gehen und ihnen das eine oder andere Detail zeigen. „Sechs, sieben Leute, mit leiser Unterhaltung – dagegen schreitet niemand ein.“
Das bestätigt Oliver Gassen, Sicherheitschef am Dom: Kölnerinnen und Kölner, die mit Besuchern aus der Familie oder dem Freundes- und Bekanntenkreis in den Dom gehen – das seien ja auch weniger Besichtigungen mit „episch langen Vorträgen“ als Rundgänge. Werden dagegen Touristengruppen mit Führung identifiziert, „bitten wir darum, die Erklärungen zu unterlassen und die Ansammlung aufzulösen, damit diese nicht die Bewegungsflächen im Dom verstopfen“, sagt Gassen. Meistens hat sich dann auch sofort erledigt. „Widrigenfalls geleiten wir die Gruppe aus dem Dom.“
Zuständig dafür sind die Domschweizerinnen und Domschweizer. Ihnen obliegt im Dom die Aufsicht und die Durchsetzung der vom Dompropst erlassenen Hausordnung – wenn es nottut, bestimmt in der Sache, aber freundlich im Umgang. Dafür werden die Schweizer sogar eigens geschult. Sie sollen von den Touristen schließlich nicht in einen Topf mit den Köbessen im Brauhaus geworfen werden. Aber bei denen gehört die Ruppigkeit ja zum guten Ton.