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„Schritt in die richtige Richtung“Neue App zeigt, ob Ihre Miete in Köln zu hoch ist

Lesezeit 4 Minuten
SYMBOLBILD - 03.06.2025, Bayern, Augsburg: 100-Euro-Banknoten liegen um das Wort «Miete». (zu dpa: «Mieterbund schlägt Alarm: Mieten werden zur Armutsfalle») Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

100-Euro-Banknoten liegen um das Wort Miete. Denn in Köln sind die Preise in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Eine neue App will gegen Wucher helfen.

Köln ist jetzt dabei: Eine neue App verspricht Hilfe gegen überhöhte Mieten. Doch was kann sie wirklich leisten?

Seit Juli ist die sogenannte Mietwucher-App nun auch in Köln nutzbar. Mit wenigen Klicks sollen Mieter – auch auf der Website – prüfen können, ob ihre Miete über dem gesetzlich zulässigen Maß liegt. In einer Stadt mit angespanntem Wohnungsmarkt wie Köln dürfte das digitale Werkzeug gefragt sein.

Die App vergleicht die eingegebene Miete mit dem jeweiligen Mietspiegel. Liegt die Miete mehr als 20 Prozent darüber, liegt ein Verdacht auf eine Ordnungswidrigkeit vor – ab 50 Prozent könnte es sich sogar um eine Straftat handeln. In einem zweiten Schritt können Betroffene eine Meldung direkt an das zuständige Amt für Wohnungswesen weiterleiten. Die Behörde ist gesetzlich zur Überprüfung verpflichtet.

Bußgeld gegen Vermieter möglich – was bisherige Prüfungen ergaben

Bestätige sich der Verdacht, kann das Amt ein Bußgeld gegen den Vermieter verhängen – bis zu 50.000 Euro. „Deine Miete kann folglich gesenkt und rückwirkend zurückgefordert werden“, schreibt die Linke auf ihrer Website. Und sie betont: „Du selbst musst rechtlich nicht gegen Deinen Vermieter vorgehen.“ Als Mieter sei man lediglich Zeuge.

Alles zum Thema Deutscher Bundestag

Caren Lay (Die Linke) ist unter anderem Vorsitzende des Ausschusses für Mieten- und Wohnungspolitik im Bundestag.

Nach Angaben der Partei Die Linke, die die App initiiert hat, ist sie seit ihrem Start im November 2024 bereits 135.000 Mal genutzt worden. In über 5.000 Fällen sei die Miete deutlich überhöht gewesen – im Durchschnitt 59 Prozent über dem ortsüblichen Vergleich, berichtet die Partei. Das entspreche etwa 242 Euro zu viel pro Monat pro Haushalt. 

Aktuell sind 22 Verfahren bei der Stadt Köln wegen des Verdachts auf eine Mietpreisüberhöhung anhängig, berichtet eine Sprecherin auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Zum Stichzeitpunkt 1. Juli 2025 seien 22 Meldungen über die App eingegangen. Und das, obwohl die Mietpreisbremse verlängert wurde.

Kölner Mieterverein hält die App für einen Schritt in die richtige Richtung

Die App gab es zunächst für neun deutsche Großstädte. Nun sind in NRW Bochum, Bonn, Köln und Münster dazugekommen. Doch was bedeutet das für Mieterinnen und Mieter konkret? Hans Jörg Depel vom Kölner Mieterverein begrüßt die Einführung grundsätzlich: „Ich finde es natürlich gut, dass auf diese ganze Sache aufmerksam gemacht wird“, sagt er im Gespräch. Die App sei ein „Schritt in die richtige Richtung“.

23.05.2024 Köln. Gemeinsame Pressekonferenz von Kölner Haus- und Grundbesitzerverein und Mieterverein Köln. Hans Jörg Depel, Geschäftsführer Mieterverein Köln.

Hans Jörg Depel ist einer der Geschäftsführer des Mietervereins in Köln und der Pressesprecher. (Archivbild)

Doch er warnt auch vor falschen Erwartungen. Zwar sei die rechnerische Überprüfung durch die App korrekt, doch der entscheidende Punkt sei die rechtliche Anwendbarkeit von Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes: „Der subjektive Faktor – die Ausnutzung der Zwangslage durch den Vermieter – kann nicht berechnet werden.“ 

Reicht die Mangellage auf dem Wohnungsmarkt als Beleg aus?

Und genau dieser Punkt mache es in der Praxis schwierig. Damit Mietwucher vorliegt, muss nachgewiesen werden, dass Menschen mangels Alternativen gezwungen war, die überhöhte Miete zu akzeptieren – eine Hürde, die in vielen Fällen kaum zu nehmen ist. „Niemand sucht Köln-weit nach einer Wohnung, sondern in einem bestimmten Stadtteil“, so Depel. Laut Presseamt der Stadt zeige die Erfahrung der vergangenen Jahre, dass die Maßstäbe nur selten erfüllt würden. 

Laut Depel schreitet das Amt in Köln zwar ein und wendet sich in bestimmten Fällen auch an Vermieter – was im besten Fall zu Mietsenkungen führen kann. Doch er bleibt skeptisch, ob die angestoßenen Verfahren in Zukunft erfolgreich sind: „Es werden sehr viele Fälle ans Amt für Wohnungswesen gehen, aber es wird selten positiv beschieden werden.“

Frankfurt geht mit gutem Beispiel voran – ist aber ein Einzelfall

Ein Blick nach Frankfurt am Main zeigt, was möglich wäre: Dort wurden seit 2020 in über 1.000 Fällen Bußgelder verhängt, mehr als 420.000 Euro wurden an Mieter zurückgezahlt. Frankfurt hat dafür jedoch personell das Amt für Wohnungswesen aufgestockt – ein Modell, das Köln bislang nicht übernommen hat.

Grafik-Diagramm Nr. 109122, Hochformat 90 x 110 mm, "Mietsteigerungen in den vierzehn größten Städten Deutschlands"; Redaktion: A. Brühl; Grafik: F. Bökelmann

Das Diagramm zeigt Mietsteigerungen in den vierzehn größten Städten Deutschlands.

Dabei argumentiert die Linke: „Durch die Bußgelder, die die Stadt gegen dreiste Vermieter verhängt, finanziert sich das Personal quasi von selbst.“ Aus der Kölner Verwaltung heißt es dazu, „inwieweit personelle Ressourcen bei einem Anstieg der Meldungen und der tatsächlichen Eröffnung von Verfahren ausreichen, bleibt abzuwarten.“ Die App soll aus Sicht der Linken aber auch als politisches Signal verstanden werden. „Wir wollen, dass Mietwucher geahndet wird – nicht nur in Frankfurt“, sagte Caren Lay, mietenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag.

Die Linke fordert eine Reform von Paragraf 5, damit nicht nur rechnerisch, sondern auch rechtlich mehr Fälle geahndet werden können. Dabei wolle man die Ämter unterstützen, denen oftmals die Erfahrung im Umgang mit Mietwucher fehle. Und: Die Mangellage auf dem Wohnungsmarkt reiche als Beleg aus.

Für den Sprecher des Kölner Mietervereins ist der App-Einsatz immerhin ein Anfang: „Jetzt ist endlich Bewegung drin. Im Kommunalwahlkampf wird es sich zeigen“, sagt Depel. „Wir hoffen auf Änderungen.“