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Hochzeit in ZollstockPfarrer gibt in „seiner“ Kirche das Ja-Wort

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Zwei Männer im Anzug gehen die Stufen einer Kirche herab. Links und rechts stehen Menschen Spalier, teils mit Kappen und Gewehren.

Pfarrer Oliver Kießig (im blauen Anzug) und sein Mann Sven Kießig gaben sich in der Melanchthonkirche in Zollstock das Jawort. 

In der Melanchthonkirche heiratete Pfarrer Oliver Kießig seinen langjährigen Partner. Die Gemeinde freut sich und feierte begeistert mit.

Der Pfarrer der evangelischen Melanchthongemeinde, Oliver Kießig, steht normalerweise auf der anderen Seite das Altars und führt Eheschließungen durch, aber am vergangenen Samstag stand er nun selbst als Bräutigam davor. Der 39-Jährige und sein langjähriger Partner Sven Kießig gaben sich in der Melanchthonkirche das Ja-Wort – unter großer Anteilnahme der Gemeinde.

Standesamtlich geheiratet haben die beiden Männer bereits im Dezember des vergangenen Jahres. Seit seiner Hochzeit trägt Oliver Mahn den Nachnamen seines Mannes – nun also Pfarrer Oliver Kießig. „Ein gemeinsamer Name war uns wichtig. ‚Sven Mahn‘ klang uns zu kurz – also entschieden wir uns für Kießig“, erzählen die Brautleute.

Viele Menschen stehen auf den Stufen vor einer Kirche.

Gruppenbild mit frisch getrautem Pfarrer Oliver Kießig (im blauen Anzug) vor „seiner“ Melanchthonkirche in Zollstock

Beim Auszug des frisch getrauten Ehepaars stehen die Roten Funken mit rot-weißen Kappen und gekreuzten Gewehren Spalier, die Zollstocker Adlerschützen in ihren grünen Uniformen verlängern die Ehrengasse, und die Gemeinde jubelt. Die beiden Bräutigame strahlen und sind sichtlich bewegt. „Es war etwas Besonderes, vor dem Altar zu stehen und Ja zu sagen“, sagt Pfarrer Oliver Kießig.

Hochzeit wegen Corona verschoben

Kennengelernt haben sich die beiden im Sommer 2014 in Köln. Beiden war schnell klar: Das passt. Der Theologe lebte damals in Vogelsang, Sven, 34, studierte noch in Bochum. „Die ersten Jahre haben wir eine Wochenendbeziehung geführt“, berichtet Sven Kießig, der als Lehrer für Spanisch und Erdkunde an einer weiterführenden Schule in Neuss arbeitet. 2017 zog er nach Köln, seither lebt das Paar zusammen.

„Wir wollten eigentlich schon viel eher heiraten, aber dann kam Corona, und wir wollten die Hochzeit auch feiern, so haben wir sie verschoben“, erzählt der Pfarrer. Ihre standesamtliche Trauung haben sie ganz still gefeiert. „Wir haben niemandem vorher davon erzählt. Aber es war keiner überrascht. Als Seelsorger betreue ich regelmäßig Kreuzfahrten, Sven hat mich mehrmals begleitet und jedes Mal wurden wird danach gefragt: Und, habt ihr auf dem Schiff geheiratet?“, schildert der Pfarrer.

Kießig ist seit September 2019 Pfarrer in der Melanchthongemeinde, seither wohnen er und sein Mann auch im Veedel. Die Reaktionen in der Gemeinde auf die Hochzeit seien durchweg positiv gewesen, berichtet Oliver Kießig. „Eine Frau kam, um sich zu beschweren. Sie sah den anderen Nachnamen und fragte: Haben Sie den Pfarrer etwa gefeuert, weil er einen Mann geheiratet hat? Dann trete ich nämlich aus und rate das auch allen anderen zu tun“, erzählt der 39-Jährige. Als die Dame erfuhr, dass es sich immer noch um denselben Pfarrer handelt, war sie zufrieden.

Zu heiraten war beiden Männern wichtig. „Einmal hat man als Ehepartner mehr Rechte, wie zum Beispiel ärztliche Auskünfte zu bekommen. Vor allem aber stärkt es unser Gefühl, eine Familie zu sein und gibt uns Geborgenheit“, sagen beide. Die Trauung von Oliver und Sven Kießig nahm Pfarrer Kornelius Heering aus Düsseldorf vor. Er und Kießig sind seit Studienzeiten befreundet. „Ich habe auch ihn getraut. Das ist jetzt sozusagen die Revanche“, lacht der Zollstocker Pfarrer.