Die Bodycams sollen in hitzigen Situationen deeskalierend wirken. Warum sie nur geliehen werden und warum auch das Ausländeramt ausgestattet wird.
Suche nach Anbieter läuftStadt rüstet Kölner Ordnungsamt mit Bodycams aus

Vier Jahre nach dem ersten Entschluss wird das Kölner Ordnungsamt flächendeckend mit Bodycams ausgestattet.
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Pöbeleien, Spuckattacken bis hin zu physischer Gewalt – seit der Corona-Pandemie haben Übergriffe auf Polizisten, Rettungskräfte und auch Mitarbeiter des Ordnungsamtes zugenommen. Ab August wird das Ordnungsamt deswegen flächendeckend mit Bodycams ausgestattet.
Aktuell sucht die Stadt nach einem Auftragnehmer, der ihnen voraussichtlich 105 Geräte samt Dockingstationen und Ladeschalen vermietet. Die Abnahmemenge kann auf bis zu 123 Bodycams ansteigen. Der Vertrag soll zunächst zwei Jahre laufen. Dass die Stadt die Bodycams mietet und nicht kauft, begründet sie damit, dass die Geräte schnell veralten könnten: „Aufgrund des technischen Fortschritts im Bereich der Bodycams ist davon auszugehen, dass bereits in wenigen Jahren die aktuellen Modelle überholt sein könnten. Eine Miete ist daher aus Sicht der Stadt Köln der wirtschaftlichere Weg“, sagte ein Sprecher der Stadt. Mit welchen Kosten die Verwaltung rechnet, könne wegen des laufenden Vergabeverfahrens vorerst nicht bekannt geben.
Testphase mit Bodycams verlief positiv
Von den Bodycams erhofft sich die Stadt eine deeskalierende Wirkung in heiklen Situationen. Schon im Juni 2021 hat die Verwaltung nach vermehrten Übergriffen beschlossen, das Ordnungsamt zunächst in einem Pilotprojekt mit Bodycams auszurüsten. Doch erst Anfang 2024 startete die Testphase. Dass das Ordnungsamt so lange auf die Geräte warten musste, hatte mehrere Gründe, unter anderem mussten datenschutzrechtliche Fragen geklärt werden.
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Die Testphase allerdings verlief vielversprechend, wie Ordnungsamts-Chef Ralf Mayer im vergangenen Jahr gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte: „Die Bodycams sind eine super Sache. Die deeskalierende Wirkung ist phänomenal.“ Meistens reiche es aus, wenn seine Kolleginnen und Kollegen in brenzligen Situationen ihr Gegenüber bloß auf die Kamera hinwiesen. „Sie müssen nur ankündigen, dass sie das Ding anschalten, und schon herrscht Ruhe“, sagt Mayer.
Die Einsatzkräfte waren so überzeugt von der Wirkung der Kameras, dass die Verwaltung bereits für die Europameisterschaft vorübergehend zusätzliche Kameras angemietet hatte. „Die Ergebnisse auch dieser Testphase zeigen, dass die Bodycams einen positiven Einfluss auf das Verhalten des Gegenübers bei ordnungsrechtlichen Maßnahmen haben und zur Sicherheit der Mitarbeitenden beitragen“, heißt es in einer Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der SPD. Auch bei der Europameisterschaft hätten die Geräte nicht nur zur Deeskalation beigetragen, sondern auch präventiv gewirkt.
Auch Polizei und KVB schon mit Bodycams unterwegs
Die Stadt prüft aktuell, ob auch der Verkehrsdienst des Ordnungsamtes künftig mit Bodycams ausgestattet werden soll. Daneben denkt die Verwaltung über die zusätzliche Ausrüstung ihrer Mitarbeiter mit verstärkten T-Shirts, die gegen Messerstiche schützen, sowie einem mobilen Alarm als Ergänzung zum Notrufknopf am Funkgerät nach, um die Sicherheit zu erhöhen.
Im vergangenen Jahr hat die Stadt Köln 156 Strafanträge wegen Übergriffen auf Mitarbeiter des Ordnungsamtes gestellt, bis Juni dieses Jahres waren es 71 Strafanträge. Während der Hochphase der Corona-Pandemie waren es sogar 206 Strafanträge. Mitunter gingen seine Kolleginnen und Kollegen nicht mehr nur zu zweit, sondern in Dreierteams auf Streife, berichtete Mayer im vergangenen Jahr – aus Sicherheitsgründen. „Wenn wir in die Naturschutzgebiete gehen, an die Seen, dann treffen wir nicht nur auf einsichtige Menschen, die sagen: Danke, dass Sie mich daran erinnern, dass ich hier nicht baden darf. Sondern viele Leute werden dann echt fuchsig.“ Die Übergriffe machten ihm „große Sorgen“, die Bodycams – so Mayers Hoffnung – könnten dazu beitragen, hitzige Situationen früher zu beruhigen. Deswegen setzte er sich dafür ein, dass alle 156 Einsatzkräfte mit einer Bodycam ausgestattet werden.
Mit den nun geplanten Bodycams sollen aber nicht nur Mitarbeiter des Ordnungsamtes ausgestattet werden. 45 der 103 Geräte sind für Außendienst-Mitarbeiter des Ausländeramtes eingeplant. Auch bei diesen kommt es immer wieder zu aufgeheizten Situationen, etwa bei Abschiebungen. „Der Außendienst des Ausländeramtes benötigt Bodycams beispielsweise für gemeinsame Einsätze mit Zoll, Polizei, Ordnungsamt oder bei Einsätzen im Zusammenhang mit Rückführungen“, so der Stadtsprecher.
Die geplante Anzahl von höchstens 123 Bodycams reicht aus Sicht der Stadt aber aus. Man habe sich bewusst aus Gründen der Wirtschaftlichkeit dazu entschieden, nicht für jeden Mitarbeiter eine persönliche Bodycam anzuschaffen, so der Stadtsprecher. Die Anzahl reiche auch deswegen aus, „da sich in der Regel nicht alle Mitarbeiter gleichzeitig im Einsatz befinden“.
Bei der Polizei kommen Bodycams schon länger zum Einsatz. Und auch die KVB hat ihre Mitarbeiter bereits im vergangenen Jahr nach einer ebenfalls gelungenen Testphase mit Bodycams ausgestattet.