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50 Jahre „Saturday Night Live“Eine Show wie Amerika

4 min
Chevy Chase telefoniert als Moderator des „Weekend Update“-Formats

Chevy Chase in einer der ersten Folgen von „Saturday Night Live“

Vor 50 Jahren wurde die erste Folge von „Saturday Night Live“ im US-TV ausgestrahlt. Ihre Relevanz hat die Comedy-Show bis heute behalten. 

„Lorne, was für eine Show machen wir hier eigentlich?“, will Gilda Radner – drahtig und voller nervöser Energie – von Lorne Michaels wissen. Der Kanadier ist kaum älter als sie und als TV-Produzent ein nahezu unbeschriebenes Blatt. Radner ist die erste Komödiantin, die er für sein neues Programm engagiert hat, das die brachliegende Samstagnachtschiene von NBC zu neuem Leben erwecken soll. Viel schlimmer können die Quoten kaum werden.

„Ich weiß es nicht“, antwortet Michaels sibyllinisch, „aber es wird schon gut gehen.“ Radner bringt ihren jungen Freund, einen 23-jährigen Kanadier namens Dan Aykroyd, mit. Michaels engagiert ihn zuerst als Autor, befördert den talentierten Spinner aber schnell ins Sketch-Ensemble. Ebenso ergeht es Chevy Chase, der Woche für Woche die ikonischen Eröffnungsworte sprechen wird, oft nach einem spektakulären Slapstick-Sturz: „Live from New York, it's Saturday Night!“

Damals firmiert die Show noch als „NBCs Saturday Night“ (das „Live“ kommt erst in der dritten Staffel dazu). Aber so wird es bis heute ausgerufen, Samstagnacht für Samstagnacht, seit fast tausend Episoden.

Stars wie Eddie Murphy, Bill Murray oder Tina Fey fingen in „SNL“ an

Am 11. Oktober 2025 jährt sich „Saturday Night Live“ bereits zum 50. Mal, doch der Einfluss ist auch nach einem halben Jahrhundert ungebrochen. Etliche Phrasen und Schlagwörter sind Teil der Umgangssprache geworden, etliche „SNL“-Charaktere Teil des kulturellen Pantheons, viele zuvor unbekannte Comedians haben hier ihre Weltkarriere gestartet: Eddie Murphy, Tina Fey, Steve Martin, Will Ferrell, Amy Poehler, Bill Murray, Kristen Wiig, Adam Sandler, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

1975 geht noch niemand von einer Erfolgsgeschichte aus, einige der späteren Stars sind schon froh, für eine Zeit ein festes Dach über den Kopf zu bekommen und ziehen ins 30-Rock-Hochhaus ein, als wäre es eine Art Komiker-Wohnheim.

Radner und Chase haben zusammen noch eine weitere Empfehlung für Lorne Michaels: ein ungekämmter, unbezähmbarer Komiker namens John Belushi. Im „People“-Magazin erinnert sich Laraine Newman, ebenfalls Ensemble-Mitglied der ersten Stunde: „Belushi sah aus wie ein Tier. Sie brachten ihn dazu, sich für den Kameratest zu rasieren.“ Der Showrunner zögert, sein Team insistiert, Belushi wird gecastet und bildet bald ein unzertrennliches Paar mit Aykroyd, seinem Blues Brother im Geiste.

Die erste Live-Ausstrahlung aus dem Studio 8H im 17. Stockwerk von 30 Rockefeller Plaza verläuft denkbar chaotisch, das neue Team wird von einer feindseligen Technik-Crew gegängelt, unter den unerfahrenen Performern – vor allem Chase und Murray können sich nicht ausstehen – brechen erste Streitigkeiten aus, und die Autoren hassen es, Sketche für Jim Hensons Filz-Muppets zu schreiben (die werden einige Jahre darauf in ihrer eigenen Show viel besser funktionieren). Und der Sender selbst zeigt nicht das geringste Vertrauen in diesen Versuchsballon, hält eine Wiederholung von Johnny Carsons „Tonight Show“ in der Hinterhand.

Man kann sich all das in Jason Reitmans „Saturday Night“ (2024) angucken, der diese erste Samstagnacht akribisch nachstellt. Oder auch nicht. Reitman hat wunderbare Schauspieler und Schauspielerinnen für seine Protagonisten gefunden, aber der Film funktioniert überhaupt nicht – weil die Originale noch lebhaft im kollektiven Gedächtnis herumspuken, selbst wenn sie – wie Belushi oder Radner – schon vor Jahrzehnten von uns gegangen sind.

Filme wie die „Blues Brothers“ oder „Wayne's World“ hatten einst als „SNL“-Sketche begonnen. Das öffentliche Bild von US-Politikern wie Gerald Ford oder Sarah Palin haben vor allem ihre jeweiligen Parodisten Chevy Chase und Tina Fey geprägt. Und dann die Kontroversen, allen voran Sinéad O'Connor, die 1992 ihre Karriere zerstörte, als sie „live from New York“ ein Bild des Papstes zerriss – ein früher Protest gegen Kindesmissbrauch durch die Katholische Kirche, die Geschichte sollte ihr recht geben.

Nicht immer stand „SNL“ auf der korrekten Seite, sowohl Elon Musk als auch Donald Trump hatte Lorne Michaels schon als Gastgeber geladen, und bis heute bemüht sich die Show um eine physikalisch nahezu unmögliche Balance zwischen Massengeschmack und politischer Respektlosigkeit.

Die aktuell größte Herausforderung konnte man in der Eröffnungsnummer der just angelaufenen 51. Staffel beobachten: Das langjährige Ensemblemitglied Colin Jost parodierte die ehrverletzende, schlicht irre Rede, die Verteidigungsminister Pete Hegseth vor der versammelten Generalität der US-Streitkräfte gehalten hatte. Satire und Realität sind freilich kaum zu unterscheiden und die alte Frage „Was für eine Show machen wir hier eigentlich?“ gilt für beide gleichermaßen.