Anke Engelke ist das Gesicht der Webserie der Deutschen Bahn. Sie überzeugt in der Rolle der Zugchefin, „Boah, Bahn!“ nervt trotzdem.
„Boah, Bahn!“ mit Anke EngelkeDa fällt das Lachen schwer


„Boah, Bahn!“ mit Anke Engelke.
Copyright: Deutsche Bahn AG
Als ich vor kurzem abends nach dem Besuch der Buchmesse von Frankfurt mit dem ICE zurück nach Köln fahren wollte, war eigentlich alles wie immer. Alle Züge, die am Hauptbahnhof angezeigt wurden, hatten mindestens 80 Minuten Verspätung, so auch meiner. Ich stieg dann in einen, der eigentlich schon vor anderthalb Stunden hätte fahren sollen. Nachdem wir eine halbe Stunde auf dem Gleis herumgestanden hatten, fuhr er dann tatsächlich irgendwann ab.
An eben diesem Bahnhof hatte die Deutsche Bahn einige Tage vorher ihre neue Webserie „Boah, Bahn! Wir sitzen alle im selben Zug“ präsentiert. Zu sehen ist das Format mit Anke Engelke auf dem DB-Youtube-Kanal. Die Abrufzahlen sind gar nicht schlecht. Die meistgesehenen Folgen haben knapp zwei Millionen Aufrufe.
Hätte ich mir die nur minutenlangen Clips bei der Warterei am Frankfurter Hauptbahnhof angeschaut, hätte ich vermutlich vor Wut geheult. Mit etwas Abstand betrachtet muss man sagen, dass die Serie im Stil einer Mockumentary gut gemacht und gut besetzt ist.
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Anke Engelke will der Bahn helfen
Anke Engelke spielt Zugchefin Tina. Die Kölner Schauspielerin hat extra im Vorfeld ein halbes Jahr lang ein Praktikum bei der Bahn absolviert. Sie reist viel mit der Bahn, hat eine Bahncard 100 und will für das Personal in die Bresche springen: „200.000 Leute, die sich nicht entmutigen lassen, das ist schon irre“, sagte sie dem Hessischen Rundfunk.
Und sie hat ja recht. Das Zugpersonal leidet genauso wie die Reisenden unter den Problemen, mit denen das Unternehmen kämpft. „Können die was dafür? Nein. Kriegen die es ab? Ja“, fasste Engelke es im„ Kölner Treff“ zusammen.
Und so versucht sie als Bahnchefin Tina, ihre Würde zu bewahren, auch wenn der Zug massiv Verspätung hat, die Toiletten verstopft sind und sie den zehnten Kaffee auf dem Weg durch den überfüllten Zug verschüttet. Engelke beweist ihr großes komödiantisches Talent einmal mehr, weiß sie doch, dass Komik und Tragik eng verbunden sind. „Der Gott der Schiene gibt, der Gott der Schiene nimmt“, sagt sie in einer Szene, als eine vermeintlich frühere Ankunft doch zu einer ausgewachsenen Verspätung wird.
Auch Chenoa North-Harder, Yannick Heckmann und Mücahit Altun als Zugbegleiter und Bordbistro-Stewart überzeugen. Arne Feldhusen führte Regie, die Ähnlichkeiten zu „Stromberg“ sind also kein Zufall. Produziert wurde sie von der wtf GmbH, einem Jointventure der btf/ bildundtonfabrik & Elastique. Da waren in allen Bereichen Profis am Werk.
Viel Zuspruch, viel Hass
In den Sozialen Medien scheiden sich allerdings die Geister an „Boah, Bahn!“ Es gibt viel Zuspruch, aber auch ganz schön viel Hass. Wer stundenlang auf offenem Feld steht ohne eine Information, wann es denn endlich weitergeht, findet Instagram-Posts der Bahn mit Sprüchen wie „Bevor ihr euch fragt: Ja, alle Folgen kommen pünktlich“ eben gar nicht so lustig.
Und die vielen Pendlerinnen und Pendler, die sich jetzt schon davor fürchten, dass im Jahr 2028 der Bonner Hauptbahnhof monatelang vom Zugverkehr abgeschnitten sein wird, wie gerade bekannt wurde, haben für den zur Serie gehörenden Bahn-Song nicht mehr ganz so viele Sympathien übrig, weil wir dann eben nicht mehr im selben Zug sitzen, sondern in gar keinem.
Anke Engelke ist als Bahn-Botschafterin sehr glaubwürdig, aber das ändert nichts daran, dass auch die Produktion von „Boah, Bahn!“ Geld gekostet und Ressourcen verbraucht hat. Und das ist das falsche Signal.
Es geht den Machern der Webserie im Grunde so wie den Mitarbeitenden der Deutschen Bahn. Sie können nichts für die Misere, aber die Zeit, in der der ironische Umgang mit den eigenen Niederlagen und Problemen sympathisch und souverän wirkte, ist schon lange vorbei.

