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„Lebendige Bilder“Zwischen Himmel und Hölle des Buddhismus

4 min
Eine Menge betrauert einen toten Buddha.

„Buddhas Eintritt ins Vollkommene Nirvana“, gesehen im Kölner Museum für Ostasiatische Kunst

Das Kölner Museum für Ostasiatische Kunst präsentiert selten gezeigte Schätze des Buddhismus aus der eigenen Sammlung.

Auch der Buddhismus kennt ein höchstes Wesen, aber der Religionsstifter Siddharta Gautama ist eher der erste Erwachte unter Gleichen. Buddhas gibt es beinahe so viele, wie es buddhistische Glaubensschulen gibt, wobei sich die Gläubigen wohl nicht selten den zu ihnen passenden Heiligen schnitzten. Unter dem christlichen Kreuz mag diese Vielfalt etwas beliebig wirken. Aber es führen eben viele Wege ins Nirwana.

Ansonsten gibt es im Buddhismus vieles, auf das sich vor allem Christen etwas einbilden – angefangen bei der Hölle bis hin zu Reliquien der Heiligen. Selbst den Ablasshandel können die Katholiken nicht exklusiv für sich reklamieren, wie ein schönes Wimmelbild aus der Sammlung des Kölner Museums für Ostasiatische Kunst belegt. Auf diesem wird einem toten Metzger vorgeführt, was er im Leben alles an den armen Tieren verbrochen hat, während die Angehörigen des Sünders zum Ausgleich dieser bösen Taten eifrig Geldspenden in die andere Waagschale seines Lebens werfen.

Es gibt etliche Parallelen zu christlichen Kunstwerken

Unter dem Titel „Lebendige Bilder“ werden im Kölner Museum jetzt wieder Himmel und Hölle der Buddhisten aufgefaltet – und alles, was dazwischen liegt. Petra Rösch hat die neue Präsentation buddhistischer Bilder, Skulpturen und Objekte aus der hauseigenen Sammlung konzipiert und dabei etliche selten gezeigte Ausstellungsstücke ans Licht geholt. Inhaltlich geht es ihr vor allem darum, entweihte Exponate, die im Westen vor allem als kunsthistorische Objekte wahrgenommen werden, als Teil ihres ursprünglichen rituellen Glaubensgefüges zu inszenieren. Auch hier gibt es Parallelen zu christlichen Kunstwerken, die einst in Kirchen angebetet wurden und sich heute von dahergelaufenen Schulklassen begaffen lassen müssen.

Eine Hängerolle, die den Übergang des Buddhas Shakyamuni ins Nirwana zeigt, könnte, sofern wieder geweiht, auch in einem buddhistischen Tempel hängen. Sie zeigt den Leichnam des Buddhas umringt von Göttern, Halbgöttern, Menschen und Tieren, die den Toten je nach Erleuchtungsstufe lauter, leiser oder gar nicht beweinen. Am lautesten greinen die Tiere, die nicht verstehen können, dass der Buddha diese Welt verlassen hat, um in eine bessere, ins Nirwana, einzutreten. Die Götter strahlen dagegen eine innere Freude aus.

Im buddhistischen Ritus würde man diese Bildrolle zum Todestag des Buddhas im Tempel aufhängen, damit die Gläubigen diesen verehren können. Auch in Köln wird das schöne Werk erst zum Stichtag im Februar aus dem Depot geholt – allerdings aus konservatorischen Gründen. Aktuell zeigt das Museum eine Reproduktion, die immerhin den Vorteil bietet, die fehlgeleiteten, aber deswegen nicht minder rührenden Trauerbekundungen der Tierwelt im Detail studieren zu können.

Die Härten des Glaubens wurden pragmatisch abgemildert

Außer der Geschicklichkeit der Künstler verdeutlicht die Präsentation den Einfallsreichtum des buddhistischen Sektierertums. Die Härten des Glaubens wurden immer wieder pragmatisch abgemildert, etwa durch Ableitungen etablierter Lehren, neue Buddhas, die gewisse Dinge nicht so eng sahen, oder Heilige (Bodhisattvas), die nahbarer waren als die Götter. Für gewöhnlich bildete sich dies auch in den künstlerischen Darstellungen ab: Wusste ein Heiliger nicht mehr, wo ihm vor lauter Bitten der Gläubigen der Kopf steht, setzte man ihm zum Aufbau von Stressresistenz eine Krone aus elf kleinen Köpfen auf. 

Wie im Christentum stellte die buddhistische Kunst für die Gläubigen sowohl Mahnung als auch Tröstung dar - und erzählte zugleich fesselnde Geschichten, etwa davon, wie man unter Führung eines Erleuchteten durch die Höllenkreise navigiert; die dort herrschenden Teufel wurden gerne als strenge Beamte dargestellt. Ob sie sich bestechen ließen, wie die Heiligen? Mancher Sünder stiftete den Erleuchteten schöne Bilder und bestickte sie mit dem eigenen Haar.     

Mitunter ist es etwas schwierig, sich in der Vielfalt der buddhistischen Darstellungen zurechtzufinden – zumal es japanische, chinesische und koreanische Traditionen gibt, die einander teils wiederum befruchteten. Aber auch dafür fand der Buddhismus eine Lösung: den goldenen Mittelweg. Auf diesem wandelt man am besten auch durch die Kölner Ausstellung, die sich an der Vielgestaltigkeit ihres Gegenstands ergötzt.


„Lebendige Bilder“, Museum für Ostasiatische Kunst, Universitätsstr. 100, Köln, Di.-So. 11-17 Uhr, bis Herbst 2026