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Sanierungsstau an der Uni KölnDie Studiobühne soll bis 2040 leer stehen

Lesezeit 4 Minuten
Ein rotes Pappherz ist im Saal der Studiobühne Köln mit einer Wäscheklammer an einer Leine befestigt.

Ein Herz für die Kölner Studiobühne. Den Saal des Studententheaters wird man auf Jahrzehnte nicht mehr zu sehen bekommen.

Stawrula Panagiotaki, Leiterin des ältesten deutschen Studententheaters, fürchtet den Verfall des Hauses an der Universitätsstraße.

Die Hiobsbotschaft kam zum Jubiläum. Mit einer Plakatausstellung im Kunstwerk Köln feiert die Studiobühne ihr 50-jähriges Bestehen als Zentrale Betriebseinheit der Universität zu Köln. Tatsächlich ist das Studententheater noch sehr viel älter: Carl Niessen, Kölner Pionier der Theaterwissenschaften, hatte es bereits 1920 gegründet, als Erstes seiner Art in Deutschland.

Inzwischen kann jedoch von „Zentraler Betriebseinheit“ keine Rede mehr sein. Vor vier Jahren musste die Studiobühne ihre Spielstätte in der Alten Mensa an der Universitätsstraße 16a verlassen, aus Brandschutz- und anderen Sicherheitsgründen. 1981 war sie hier eingezogen. Jetzt muss das Gebäude dringend kernsaniert werden.

Die Studiobühne Köln muss durch die ganze Stadt wandern

Seitdem ist nichts passiert. Weder dem langjährigen Studiobühnenleiter Dietmar Kobboldt noch seiner Nachfolgerin Stawrula Panagiotaki ist es gelungen, ein Interimsquartier zu finden, obwohl die neue Leiterin die Suche auf weiter entfernte Stadtteile wie Kalk oder Mülheim erweitert hat. Stattdessen muss sich das Theater von Produktion zu Produktion bei anderen Häusern einmieten, von der Tanzfaktur zur Orangerie, vom Bauturm zum FWT, vom Schauspiel Köln zur Comedia – im Zickzackkurs durch die Stadt.

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Das könnte auf unbestimmte Zeit so bleiben. In ihrer Rede zur Vernissage der Plakatausstellung berichtete Panagiotaki einigermaßen entgeistert, dass die Alte Mensa nicht länger auf dem Priorisierungsplan der Universität stehe. Im Klartext: Die Studiobühne wird auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte nicht an die Universitätsstraße zurückkehren können. „In den nächsten 15 Jahren wird hier nichts passieren“, schätzt die Leiterin. Dann schreiben wir das Jahr 2040. 

Stawrula Panagiotaki, seit Herbst 2023 Leiterin der Studiobühne Köln

Stawrula Panagiotaki, Leiterin der Studiobühne Köln

Wie viele deutsche Hochschulen habe die Universität zu Köln einen sehr hohen Bau- und Sanierungsbedarf, erklärt Uni-Sprecherin Elisabeth Hoffmann auf Anfrage. „In Vorbereitung auf den neu zu erstellenden Masterplan 2040 findet derzeit eine vollständige Priorisierung aller Bau- und Sanierungsprojekte im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten und Ressourcen statt. Der Priorisierungsprozess läuft aktuell, ist also noch nicht abgeschlossen. Oberste Priorität haben diejenigen Maßnahmen, die die Funktions- und Leistungsfähigkeit der Universität in Forschung und Lehre baulich sicherstellen.“

Unter anderem muss das Hauptgebäude am Albertus-Magnus-Platz saniert werden, die Bauarbeiten sollen bis 2033/34 abgeschlossen sein. Die Baukosten belaufen sich auf rund 164 Millionen Euro, mit Risiko-Zuschlag sogar 222 Millionen Euro.

Eine denkmalgeschützte Sanierung ist laut Uni Köln auf absehbare Zeit nicht realistisch

Noch einmal Elisabeth Hoffmann: „Vor diesem Hintergrund ist absehbar, dass ein Neubau oder eine denkmalgeschützte Sanierung der Spielstätte für die Studiobühne auf absehbare Zeit nicht realistisch sind.“ Bis auf Weiteres, so die Sprecherin, müssten daher unterschiedliche Spielorte im Rahmen der verfügbaren Mittel genutzt werden.

Für das Theater ist das eine Katastrophe. Stolze 15 Produktionen hat die Studiobühne in der laufenden Spielzeit realisiert – dennoch droht sie im permanenten Auswärtsspiel aus dem Bewusstsein der Stadt zu verschwinden. Zur geringeren Sichtbarkeit kommt, so Panagiotaki, noch die fehlende Anbindung an die Universität hinzu. „Theater lebt von der Begegnung, dazu braucht es einen Ort, sonst kennen uns die Studierenden irgendwann nicht mehr.“

Theater lebt von der Begegnung, dazu braucht es einen Ort, sonst kennen uns die Studierenden irgendwann nicht mehr.
Stawrula Panagiotaki

Panagiotaki kann auf langjährige Erfahrungen mit Umzügen und Endlos-Sanierungen verweisen. Von 2009 bis 2013 und dann wieder ab 2016 hat sie als Dramaturgin am Schauspiel Köln gearbeitet, leitete dort auch die temporäre Außenspielstätte „Britney“ neben der Dauerbaustelle am Offenbachplatz. Seit dem Herbst 2023 steht sie der Studiobühne vor.

Die war jahrzehntelang ein wichtiger Fixpunkt der Kölner Kultur, etliche Theaterschaffende haben hier ihre ersten Schritte auf die weltbedeutenden Bretter gewagt. Dirk Bach hat hier gespielt, Karin Beier ihre ersten Shakespeare-Produktionen inszeniert.

Eigentlich, glaubt Stawrula Panagiotaki, wäre die jetzige Misere vermeidbar gewesen. „Da es in der Alten Mensa zwei Säle gibt, wäre es möglich gewesen, sukzessive im Bestand zu sanieren und den Spielbetrieb parallel weiterlaufen zu lassen — für ein solches Vorgehen gibt es mittlerweile viele erfolgreiche Beispiele aus anderen Theatern. Alternativ hätte der Auszug so lange aufgeschoben werden müssen, bis eine Interimsspielstätte gefunden ist. Stattdessen wurden wir in die Weite der Stadt entlassen.“

Nun steht der Verfall des leerstehenden Gebäudes zu befürchten. Der ist längst von außen gut sichtbar, es wurde auch schon mehrmals in das leere Haus eingebrochen. Zwar steht die Alte Mensa unter Denkmalschutz, aber sie wäre auch nicht das erste Gebäude, dessen Schutz wegen fortgesetzten Verfalls schließlich aufgehoben wird