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Eklat in LeipzigBaby wird nach Hamas-Terrorist benannt – Das sagt das Standesamt

4 min
ARCHIV - 05.01.2011, Sachsen-Anhalt, Halle: Babys liegen am 05.01.2011 zusammen auf der Neugeborenenstation im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle (Sachsen-Anhalt) in ihren Bettchen.



In jeder Sekunde werden irgendwo auf der Welt Menschen geboren. (zu dpa: «Millionen Menschen mehr auf der Welt») Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa - Honorarfrei nur für Bezieher des Dienstes dpa-Nachrichten für Kinder +++ dpa-Nachrichten für Kinder +++

Der Name eines Babys in Leipzig ruft Empörung hervor. (Archivbild einer Neugeborenenstation) 

Eltern haben ihren Sohn Yahya Sinwar genannt – nach dem Hamas-Terroristen, der für das Blutbad am 7. Oktober 2023 verantwortlich war. 

Die Uniklinik Leipzig ist ein renommiertes Krankenhaus, ihre Geburtsklinik spezialisiert auf die Maximalbetreuung auch schwieriger Geburten und kranker Neugeborener. Mehr als 4.500 Geburten finden hier laut „Klinkradar“ jährlich statt, unterstützt von 15 Ärzten und 64 Pflegekräften. Trotz aller Professionalität hat es die Geburtsklinik nun in die bundesweiten Schlagzeilen geschafft – mit einem Fall, der nichts mit Medizin, sondern mit Politik zu tun hat.

Wie bei Neugeborenen an vielen Krankenhäusern üblich, werden auch hier deren Vornamen öffentlich auf einer Tafel bekannt gemacht, sodass die stolzen Eltern ein Foto davon machen und sich freuen können. Auch bei Social Media erscheinen die Namen. Diese Aktion ging allerdings kürzlich für die Uniklinik nach hinten los: Der arabische Name eines neugeborenen Jungen hatte ganz offenbar einen politischen Hintergrund – ohne dass die betreffenden Mitarbeitenden dies bemerkt hätten. 

Arglos schrieben sie am 3. August auf die Tafel den Namen „Yahya Sinwar“, versehen mit Herzchen. Bekannt wurde dies durch den jüdischen Musiker Ben Salomo, der ein Foto der Tafel mit dem Namen über seine Social-Media-Kanäle verbreitete. Salomo äußerte sich empört und verstört, denn bei Yahya (auch Jahia oder Jahja geschrieben) Sinwar handelt es sich um einen Hamas-Terroristen, der für das Blutbad vom 7. Oktober 2023 in Israel verantwortlich gemacht wird. Ob ein solcher Name erlaubt sein sollte, fragt Salomo.

Sinwar war nach dem Tod von Ismail Haniyya 2024 zum politischen Führer der Terrororganisation aufgestiegen und galt als ranghöchster Hamas-Repräsentant im Gazastreifen. Mit fast 1.200 Todesopfern gilt der Angriff auf israelische Zivilisten im Oktober 2023 als der größte Massenmord an Juden seit dem Holocaust. Sinwar wurde ein Jahr nach dem Hamas-Überfall auf Israel bei einem Feuergefecht mit israelischen Streitkräften im Gazastreifen getötet. Die Hamas bestätigte am 18. Oktober 2024 seinen Tod.

Yahya Sinwar im Jahr 2022

Yahya Sinwar im Jahr 2022

Der politisch hochproblematischen Name war in Leipzig offenbar niemandem aufgefallen. Für den Namen trägt das Krankenhaus selbstverständlich keine Verantwortung, sondern die Eltern, die ganz offensichtlich ein antisemitisches Zeichen setzen wollten. Der Vorname Yahya ist im arabischsprachigen Raum weit verbreitet und gilt als muslimisches Pendant zu Johannes dem Täufer. Durch die Kombination des vollständigen Terroristen-Namen zu den zwei Vornahmen des Neugeborenen dürfte allerdings ein Zufall ausgeschlossen sein.

Uniklinik entschuldigt sich für Post

Inwieweit das Standesamt diesen Namen genehmigt, ist unklar. Zunächst einmal gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Eingetragen werden allerdings nur Namen, die bestimmten Vorgaben entsprechen. Abgelehnt werden Namen, durch die das Kindeswohl gefährdet ist — etwa weil sie lächerlich oder entwürdigend sind.

Auf Nachfrage von „Jüdische Allgemeine“ vom Dienstag (5. August) wollte sich das Standesamt in Leipzig nicht zu dem konkreten Fall äußern. Der Fall liege formal zudem noch nicht vor. Die Behörde betont aber: „Ein Vorname darf das Kindeswohl nicht gefährden, nicht beleidigend oder offensichtlich ungeeignet sein. Auch Namen, die mit extremistischen, verfassungsfeindlichen oder gewaltverherrlichenden Inhalten oder Personen in Verbindung gebracht werden, können abgelehnt werden.“

Die Geburtsklinik Leipzig äußerte sich nach dem großen Medienecho inzwischen zu dem Vorgang. Offenbar habe das Posting „Irritation und Unverständnis“ ausgelöst, heißt es in einer Instagram-Story. Allerdings treffe man im Krankenhaus keine Bewertung, Kommentierung oder politische Einordnung zu Namen. Man entschuldige sich aber dennoch und verstehe, dass der Beitrag „negative Assoziationen“ geweckt habe.

„Wir nehmen alle Rückmeldungen ernst und werden unsere internen Abläufe noch einmal überdenken, um künftig sensibler mit solchen Themen umzugehen“, schreibt das Social-Media-Team der Uniklinik. Keine klare Aussage gibt es dazu, ob es sich bei der Veröffentlichung des speziellen Namens über Instagram um ein Versehen gehandelt hat. Die Vermutung liegt allerdings nahe.

Mittlerweile schaffte es der Fall auch in die internationale Presse. So berichtet die Plattform Visegrád 24 bei X über den Namen des Kindes.

Auch in anderen Länder scheint derweil der Name Yahya immer beliebter zu sein. So berichtet die „Jerusalem Post“, dass der Name es 2024 unter die 100 am häufigsten vergebenen Vornamen geschafft habe. Der ungewöhnliche Popularitätsschub lässt sich nur mit dem Krieg in Nahost und der dadurch erfolgten gesellschaftlichen Polarisierung erklären.