Seit Juli wehrt sich die CDU-Politikerin gegen Vorwürfe, wonach sie unberechtigt 2500 Euro einem Parteikonto angenommen haben soll. Die Staatsanwaltschaft sieht jetzt einen Anfangsverdacht
CDU-PolitikerinStaatsanwaltschaft plant Ermittlungen gegen Caroline Bosbach

Caroline Bosbach (CDU) bei einer Debatte zu Antifa-Verbote im Bundestag.
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Seit Wochen liegt die heikle Angelegenheit bei der Generalsstaatsanwaltschaft Köln zur Prüfung. Es geht um die Bundestagsabgeordnete Caroline Bosbach aus dem rechtsrheinischen CDU-Kreisverband Rhein-Berg. Jetzt haben die Ermittler eine Entscheidung getroffen.Die Behörde habe „nach eingehender rechtlicher Prüfung“ das Vorliegen eines Anfangsverdachts gegen die Politikerin „wegen Betrugs zum Nachteil der CDU Rheinisch-Bergischer Kreis bejaht“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit.
Um aber offiziell ermitteln zu können, musste die Bundestagspräsidentin vorab über das Vorgehen informiert werden. Sollte Julia Glöckner (CDU) nach dem dokumentierten Eingang binnen 48 Stunden keine Einwände vorbringen, wird die Immunität der betroffenen Abgeordneten aufgehoben.
Bundestagspräsidentin prüft Aufhebung der Immunität
Noch vor Ablauf der Frist ging Caroline Bosbach am Donnerstag in die mediale Offensive. Bereits am Morgen teilte die CDU-Politikerin der „Rheinischen Post“ mit: „Die Staatsanwaltschaft Köln möchte nun doch ermitteln. Ich bin zwar überrascht, dass jetzt doch nach fast vier Monaten förmlich ermittelt werden soll, bin aber zuversichtlich, dass das Ermittlungsverfahren nach Abschluss der Ermittlungen eingestellt wird.“ Und weiter: „Ich vertraue unserem Rechtsstaat.“
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Die Tochter des christdemokratischen Law-and-Order-Verfechters Wolfgang Bosbach hat Ärger mit der Staatsanwaltschaft, welch eine Entwicklung. Im Kern stützen sich die Ermittler auf eine Selbstanzeige eines Azubis der CDU Rhein-Berg, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Wortlaut vorliegt.
Ehemaliger CDU-Auszubildende erhebt schwere Vorwürfen
Antonio Ponte (Name geändert) hatte sich an die Staatsanwaltschaft gewandt, weil er ein schlechtes Gewissen hatte. „In der Wahlkampfzeit zur Bundestagswahl habe ich ehrenamtlich im Team von Caroline Bosbach gearbeitet“, so seine Ausführungen. „Am 13. Januar 2025 kam sie auf mich zu und bat mich, ihr einen Gefallen zu tun. Da sie offenbar in Geldnöten steckte, sollte ich der CDU Rhein-Berg eine fingierte Rechnung über 2500 Euro schreiben über angebliche Social-Media-Dienste für ihren Wahlkampf. Diese Dienste habe ich aber nie getätigt.“

Der Politiker Wolfgang Bosbach (CDU) und seine Tochter Caroline Bosbach (CDU) sitzen im Garten eines Hotels.
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Ponte will sich dem Willen der CDU-Politikerin gebeugt haben, weil er von ihr beruflich abhängig gewesen sei. „Am 15. Januar habe ich die Rechnung an die CDU Rhein-Berg geschrieben und per Mail geschickt, danach wurde das Geld vom Spendenkonto für den Wahlkampf der CDU auf mein Konto überwiesen. Am 16. Januar ging ich zur Bank und holte 2500 Euro in bar ab. Ich wurde von einem Zeugen zur Wohnung von Caroline Bosbach gefahren. Dort übergab ich ihr den Betrag in Höhe von 2500,00 Euro.“
Belastungszeuge erstattete Selbstanzeige bei der Polizei
Im Gegenzug habe er eine „Provision“ für den Gefallen in Höhe von 50 Euro durch Frau Bosbach erhalten, so der vermutliche Kronzeuge der Staatsanwaltschaft. Er sei sich der Schwere des Vergehens bewusst, erklärte der einstige CDU-Azubi. „Nach Rücksprache mit meiner Familie möchte ich wieder ruhigen Gewissens schlafen können. Auch bin ich selbstverständlich bereit, den entstandenen Schaden zu begleichen.“
Aufgrund der Selbstanzeige ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Auszubildenden wegen Betruges, will ihn aber zugleich auch bald als Zeugen vernehmen. Als weiterer Zeuge gilt der ehemalige Geschäftsführer des Kölner CDU-Kreisverbandes. Er war nach eigener Aussage bei der Geldübergabe dabei. Kurz nachdem er in die Dienste der inzwischen gewählten Bundestagsabgeordneten Bosbach gewechselt war, erhielt er von ihr am 7. April die fristlose Kündigung.
Caroline Bosbach: „Ich habe mich nicht bereichert“
Bosbach hatte die Vorwürfe bereits im Sommer bestritten, wonach sie das Geld vom CDU-Parteikonto über Umwege angenommen haben soll. „Ich habe mich nicht bereichert, und der CDU Rhein-Berg ist kein Schaden entstanden“, hatte sie in einem damals veröffentlichten Video gesagt. Der CDU-Kreisvorstand hatte beschlossen, alle Unterlagen der Staatsanwaltschaft zur Prüfung zu übergeben.
Und gegen die beide Belastungszeugen schießen die Medienanwälte der Kanzlei Höcker scharf, die Bosbach vertreten. „Unsere Mandantin, die Bundestagsabgeordnete Caroline Bosbach (CDU), ist aktuell das Ziel einer Verleumdungskampagne. Die Vorwürfe sind falsch. Sie wurden von einem kriminellen, fristlos gekündigten früheren Mitarbeiter der Mandantin als Teil einer perfiden Rachekampagne konstruiert.“ Besagter Mitarbeiter habe aufgrund seiner „Straftaten“ Unterlassungserklärungen gegenüber Bosbach abgegeben, seinen fristlosen Rauswurf widerstandslos akzeptiert und die Anwaltskosten der Bundestagsabgeordneten ersetzt.
CDU hatte Unterlagen an die Staatsanwaltschaft übergeben
Ganz so richtig ist diese Darstellung dann doch nicht. Nach Informationen dieser Zeitung hat der geschasste Bosbach-Mitarbeiter gegen seine fristlose Kündigung beim Arbeitsgericht geklagt. Ein Gütetermin wurde anberaumt. Überraschenderweise erschien Vater Bosbach nebst Anwalt. Da sich beide Seiten nicht einigen konnten, wurde der Richterspruch vertagt.
Auch gegen die Unterlassung geht der entlassene Mitarbeiter beim Kölner Landgericht vor. Der einstige Getreue will seinerzeit schwer unter Druck gesetzt worden sein und habe um des Friedens willen nachgegeben. Eine Justizsprecherin berichtete, dass dieses Verfahren sich noch im Anfangsstadium befindet.
Für die Bundestagsabgeordnete Bosbach geht es um viel. Für ihre Anwälte steht denn auch fest: „Es gab von Vornherein keine Scheinrechnung und keinen Schaden für die CDU.“ Vielmehr habe der CDU-Azubi, der als Wahlkampfhelfer fungierte, „nachweislich alle von ihm gegenüber der CDU abgerechneten Leistungen erbracht“. Ein Schaden wäre den Christdemokraten nie entstanden, wenn der CDU-Azubi tatsächlich, „wie er fälschlich behauptet, nie im Wahlkampf geholfen hätte“.
Anwälte sprechen von„ fingierten Vorwürfen“
Zudem habe ihre Mandantin der CDU von ihr persönlich ausgelegte Wahlkampfkosten im Umfang von mehreren Tausend Euro, die sie hätte geltend machen können, „niemals zur Erstattung eingereicht“, so die Anwälte. Obendrein habe Bosbach sofort nach dem Aufkommen der „fingierten Vorwürfe“ zusätzlich noch einmal 2500 Euro an die CDU überwiesen, um jegliche Zweifel zu beseitigen und selbst einen in Wahrheit nie entstandenen, hypothetischen Schaden „auszugleichen“.
Diese Darstellung der Anwälte erklärt immer noch nicht, ob und warum ein kleiner Partei-Azubi Mitte Januar 2025 einen Barumschlag an eine prominente Bundestagskandidatin übergeben haben soll. Ebenso rätselhaft erscheint der Fakt, dass Caroline Bosbach insgesamt zwei Mal 2500 Euro an den Kreisverband überwiesen hat. Wieso, wenn doch alles rechtens war?
Wie weitere Recherchen ergaben, endete das Arbeitsverhältnis für den Auszubildenden erstaunlich glimpflich. Die CDU Rhein-Berg nahm die fristlose Kündigung zurück. Letztlich einigte man sich auf eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrages. Auch forderte die Partei nicht jene 2500 Euro zurück, die der kaufmännische Lehrling nach eigenen Angaben durch eine Scheinrechnung kassiert hat.
Ex-Azubi musste 2500 Euro nicht an die CDU zurückzahlen
Befragt zu den Gründen hüllte sich der Geschäftsführer der CDU in Rhein-Berg in Schweigen. „Ich bitte um Verständnis, dass wir zu Personalangelegenheiten grundsätzlich keine Stellungnahme abgeben“, teilte Lennart Höring mit.
Seit Monaten versucht die CDU Rhein-Berg die Bosbach-Affäre möglichst geräuschlos abzumoderieren. Im August setzte sich der CDU-Kreisvorstand mit der Parlamentarierin zusammen, um die seinerzeit publizierten Medien-Vorwürfe zu erörtern. Anschließend zeigte sich der Kreisvorsitzende Hermann-Josef Tebroke überzeugt, „die nötige Transparenz und Aufklärung leisten zu können“. In einer Pressemitteilung betonte der regionale Parteichef: „Die Fragen, die wir klären konnten, sind beantwortet.“
In welcher Art und Weise ließ der CDU-Politiker offen. Auch die Kardinalfrage, warum eine Bundestagskandidatin vor der Wahl 2500 Euro in bar brauchte, bleibt nach wie vor unklar. Die Staatsanwaltschaft sucht nun Licht ins Dunkel zu bringen.
