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Opposition nennt Wüst „Herr Tutnix“Ist Klimaschutz der Sargnagel für die NRW-Wirtschaft?

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Jochen Ott, Vorsitzender der SPD-Fraktion in Nordrhein-Westfalen und Oppositionsführer, sitzt im Plenum des Landtags.

Jochen Ott, Oppositionsführer und Chef der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, befürchtet, dass zu hohe Erwartungen an die Unternehmen zum Standortnachteil für NRW werden können.

Hohe Klimaschutzauflagen sind ein Standortnachteil für viele Wirtschaftsbetriebe in NRW. Kann das Land seinem Anspruch, industrielle Basis der Zeitenwende zu werden, gerecht werden? 

Zerstört der Zertifikatehandel die Basis für den Industriestandort NRW? Jochen Ott, Oppositionsführer und Chef der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, befürchtet, dass zu hohe Erwartungen an die Unternehmen bei der Reduktion von Treibhausgas-Emissionen zum entscheidenden Standortnachteil für NRW werden können. „Der Zertifikatehandel muss ausgesetzt werden“, sagte Ott vor Journalisten in Düsseldorf. Ein Chemieunternehmen in Dormagen müsse jährlich 80 Millionen Euro für Ausgleichszahlungen leisten. „Das wäre in Zukunftsinvestitionen besser investiert“, so Ott.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende forderte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst auf, sich bei der EU für die Aussetzung des Emissionsrechtehandels einzusetzen. Die Abgabe war 2005 als Klimaschutzinstrument eingeführt worden. Die gute Absicht verfehle allerdings ihr Ziel, wenn Unternehmen aus Deutschland abwandern würden, um die Produktion an anderer Stelle unter geringeren Umweltauflagen fortsetzen zu können, so der Politiker aus Köln. „Wo ist Wüst, wenn es wirklich wichtig wird?“, fragte Ott. „Als freundlicher Herr Tutnix kann man die Geschicke unseres Landes jedenfalls nicht gestalten.“

Im Fall Thyssenkrupp sei die schwarz-grüne Handlungsmaxime einer „geräuschlosen Politik“ nicht zielführend. Der Konzern plant, das Unternehmen in eine Holding mit einzelnen Sparten aufzuteilen. Das Land hatte 750 Millionen Euro für die Transformation hin zu einer grünen Stahlproduktion bereitgestellt, allerdings ohne daran Bedingungen zu knüpfen. „Wenn diese Ikone des Ruhrgebiets wirklich zerschlagen wird, dann stirbt ein großes Stück nordrhein-westfälischer Industriegeschichte. Und das alles vor den Augen eines Ministerpräsidenten, der immer nur ein Zuschauer dieses Trauerspiels war“, sagte Ott.

Ott: Nicht einseitig auf Rheinmetall fokussieren

Nächste Woche will er sich in Weeze beim Rüstungshersteller Rheinmetall über die Produktion von Teilen für das Nato-Kampfflugzeug F 35  informieren. Wenn NRW tatsächlich zur „industriellen Basis“ der Zeitenwende werden wolle, dürfe man sich nicht einseitig auf Rheinmetall fokussieren. Ott sagte, das sei „wahnsinnig respektlos“ gegenüber all den Beschäftigten in anderen Branchen, deren Zukunft auf dem Spiel stehe.

Ein Beispiel für eine „fehlende Kultur der politischen Verantwortung“ sieht Ott auch im weiteren Fortgang der Besetzungsaffäre beim Oberverwaltungsgericht (OVG). Nachdem gegen NRW-Justizminister Benjamin Limbach der Vorwurf der Vetternwirtschaft erhoben worden war, hat sich die „Hauptfigur“ – eine Bekannte des Grünen-Politikers, durch einen Job-Wechsel aus der Landespolitik verabschiedet. In einer Sondersitzung des Rechtsausschusses wird es am Dienstag im Landtag darum gehen, wie die Besetzung des OVG-Chefpostens weiter verlaufen soll. „Wenn Benjamin Limbach geglaubt hat, der Rückzug seiner Favoritin sei ein Befreiungsschlag, hat er sich getäuscht. Er hat der Justiz einen Scherbenhaufen beschert“, sagte Ott. Sein Rücktritt bleibe „unausweichlich“.

Ministerpräsident Wüst will sich am Dienstag zu aktuellen politischen Themen in NRW äußern.