Die Polizei wirft der Kommissarin vor, den Geschlechtswechsel für einen Karrieresprung genutzt zu haben. Die Beamtin bestreitet das und sieht sich als Opfer von Vorurteilen.
PolizeiDüsseldorfer Beamtin nach Geschlechtswechsel wegen Betrugs angezeigt

Eine Düsseldorfer Beamtin soll ihr Geschlecht nur gewechselt haben, um ihre Karriere zu fördern.
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Der Fall ist äußerst delikat: Ein Düsseldorfer Polizeikommissar lässt sich am 7. Mai 2025 beim Standesamt als Frau eintragen. Der Beamte heißt jetzt nicht mehr Peter, sondern Mara Kleine (Namen geändert). Seit Jahresbeginn ermöglicht der Gesetzgeber die einfache geschlechtliche Transformation im Namensregister. Und Mara Kleine, Mitte 30, nimmt die Gelegenheit wahr, sich umzuorientieren.
Dieser Entschluss brachte allerdings berufliche Nachteile mit sich. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, hat die Düsseldorfer Polizeipräsidentin Miriam Brauns die Polizeikommissarin wegen versuchten Betruges bei der Staatsanwaltschaft anzeigen lassen. Zudem wurde ein Disziplinarverfahren gegen die Beamtin eingeleitet, das aber solange ruht, bis die Anklagebehörde über den Fall entschieden hat.
Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt
Die Düsseldorfer Vorgesetzten vermuten, dass sich Mara Kleine mit dem standesamtlichen Geschlechterwechsel einen Vorteil für ihre Karriere erschleichen wollte. Angeblich hatte sich die Beamtin entsprechend gegenüber Kollegen geäußert. Am 12. Mai habe man von dem möglichen Fehlverhalten der Polizeikommissarin erfahren, heißt es in einem Vermerk der Polizeibehörde. Tags darauf landete der Fall bei der Staatsanwaltschaft der Landeshauptstadt.
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Der Hintergrund der Affäre ist denkbar simpel: Eine Förderrichtlinie sieht vor, bei gleicher Qualifikation zwischen einem männlichen und einer weiblichen Beamtin der Frau den Vorzug zu geben. Durch den geänderten Geschlechtseintrag verbesserte sich Mara Kleine um 43 Plätze in der Beförderungsrangliste. Dadurch hätte sie bereits Ende Mai 2025 den Karrieresprung A9 auf A10 gemacht. Bei der Gehaltsstufe fängt das monatliche Salär bei gut 3500 Euro an.
Die Personalabteilung teilte Polizeikommissarin Kleine in einem Schreiben vom 6. November mit, dass für sie ein Beförderungsstopp gilt. Begründung: „Ihnen wird vorgeworfen, dass Sie die mit Inkrafttreten des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug aus den Geschlechtseintrag (SBGG) eröffnete Möglichkeit zur Änderung Ihres Geschlechts im Personenstandseintrag lediglich genutzt haben, um von der Frauenförderung zu profitieren und hierdurch schneller befördert zu werden“, heißt es in einer Mitteilung des Düsseldorfer Polizeipräsidiums. Im Bürokratenjargon ist von einem Beförderungshemmnis die Rede. Ehe diese Vorbehalte nicht ausgeräumt sind, wird die Staatsdienerin Kleine nicht zur Oberkommissarin aufsteigen.
Beamtin klagt gegen Verfügung
Inzwischen hat die Beamtin beim Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen die Verfügung ihres Dienstherrn geklagt. Der Verwaltungsrechtler Christoph Arnold vertritt ihre rechtlichen Interessen. Der Anwalt wirft der Düsseldorfer Polizeipräsidentin eine queerfeindliche Haltung vor. Mara Kleine sei „damals in einem männlichen Körper geboren worden und identifiziert sich schon seit Jahren als Frau, deshalb hat sie ihren Personenstand beim Standesamt auf weiblich ändern lassen“, begründete Arnold gegenüber dieser Zeitung den Schritt seiner Mandantin. Dies sei erst nach reiflicher Überlegung geschehen. Nach ihrem Wechsel zum weiblichen Geschlecht habe seine Mandantin das Düsseldorfer Polizeipräsidium entsprechend informiert.
Auch habe sie einen Gesprächstermin bei der Gleichstellungsbeauftragen vereinbart, um sich beraten zu lassen. „Dass nun gerade von der Polizeipräsidentin Ressentiments kommen, ist besonders enttäuschend“, monierte der Bonner Anwalt. Der Beförderungsstopp sei schlicht Unfug, die Äußerungen, die ihr nun angelastet würden, seien nach Fragen durch Kollegen scherzhaft gefallen. „Das war ein Gag.“ Aus dem aber Ernst wurde. Arnolds Fazit: „Der Bundestag hat mit der Gesetzesnovelle die Gesinnungsprüfung in dem Zusammenhang abgeschafft, das Polizeipräsidium Düsseldorf versucht diese wieder durch die Hintertür einzuführen – und zwar mit einer kruden Betrugsanzeige.“
Polizeibehörde weist Vorwürfe zurück
Die Düsseldorfer Polizeibehörde wies die Vorwürfe auf Anfrage zurück. In der Vergangenheit habe es bereits mehrere Fälle geben, in denen der Geschlechtseintrag geändert worden sei, hieß in einer Stellungnahme. „Nur in einem speziellen Fall stellte sich dabei das Verhalten der entsprechenden Person aus behördlicher Sicht kritisch dar. Der früher männliche Kollege hatte seinerseits mehrfach an unterschiedlichen Stellen im Kollegenkreis aktiv, explizit und plakativ zum Ausdruck gebracht, dass er seinen Geschlechtseintrag nur ändern lassen wolle, um von der behördlichen Frauenförderung im Beurteilungs- und Beförderungswesen zu profitieren. Im Anschluss an eine Beförderung werde er dies erneut ändern und rückgängig machen um zeitnah als Mann heiraten zu können“, teilte ein Pressesprecher mit. Die Behörde habe dies „als nachhaltige, nicht zu rechtfertigende Störung des Betriebsfriedens bewertet und die bei Anhaltspunkten für ein mögliches strafbares oder dienstpflichtwidriges Verhalten üblichen Schritte eingeleitet“.
Die Polizeispitze beruft sich auf die geltenden Rechtsvorschriften als Maßstab für ihr Handeln. „Dies bedeutet, dass behördliche Entscheidungen und Maßnahmen unabhängig von religiöser oder politischer Anschauung, Herkunft, Geschlecht oder Geschlechteridentität getroffen werden. Eine unterstellte Queerfeindlichkeit weist Frau Brauns als Behördenleitung in einer rheinischen Großstadt als absurd zurück.“
