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Streit um Software für NRW-Polizei„Reul darf sich nicht von US-Datenkrake abhängig machen“

Lesezeit 4 Minuten
US-Präsident Donald Trump und sein Unterstützer Peter Thiel bei einer Pressekonferenz.

US-Präsident Donald Trump und sein Unterstützer Peter Thiel bei einer Pressekonferenz.  

Die Software von Palantir ist ein wichtiges Instrument der NRW-Polizei. Hinter dem Anbieter steckt ein Tech-Milliardär, der die neue Rechte in den USA stark macht. 

Es gibt gute Gründe, dem US-Milliardär Peter Thiel mit großer Skepsis zu begegnen. Der Gründer des Bezahldienstes Paypal ist ein enger Freund von US-Präsident Donald Trump und fiel in der Vergangenheit als Gegner der Demokratie und Förderer von autoritären Ideen auf. Ist es ratsam, sich in die Hände dieses Tech-Oligarchen zu begeben?

Diese Frage beschäftigt jetzt den Düsseldorfer Landtag. Denn die NRW-Polizei nutzt eine Software des Thiel-Unternehmens Palantir bei der Verbrechensbekämpfung. Zum Jahreswechsel steht die Verlängerung der Nutzungslizenz an. Die SPD warnt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) dringend davor, sich langfristig in die Abhängigkeit des US-Unternehmers zu begeben.

Palantir ermöglicht schnelle Reaktion in Bedrohungslagen

Die Firma Palantir ist nach der allsehenden Kugel aus der Filmtrilogie „Der Herr der Ringe“-Reihe benannt. Eine spezielle Software ermöglicht, große Datenmengen zu entwirren und relevantes Material für polizeiliche Zwecke zusammenzufassen – ein für die Strafverfolgungsbehörden hochwirksames Instrument.

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In NRW kommt seit 2022 eine abgespeckte Version zu Anwendung.  „Bereits vorhandene Daten der Vorgangs- und Fallbearbeitungssysteme, der Einsatzdokumentation, des Verfahrens zur Verarbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten sowie des Erkennungsdienstes werden analysefähig aufbereitet und dargestellt“, heißt es im NRW-Innenministerium. Auch Daten aus Einwohnermeldeamt, dem Nationalen Waffenregister, dem Ausländerzentralregister und dem Informationssystem der Polizei könnten in die Recherche integriert werden.

In NRW haben rund 1700 Polizisten Zugriff auf die interne Suchmaschine. Die meisten Nutzer sind mit dem Werkzeug hochzufrieden. Palantir ermöglicht eine besser Reaktionsfähigkeit in Bedrohungslagen. Bei Terroranschlägen oder Amokläufen kann die zentrale Rechercheplattform relevante Informationen schneller liefern. Auch beim Kampf gegen Kinderpornografie ist die Software extrem hilfreich. Sie reduziert Doppelarbeit – die Ermittler müssten nicht mehrfach dieselben Daten an verschiedenen Stellen manuell eingeben oder abgleichen, was Zeit spart und Fehler minimiert.

SPD warnt vor „Datenkrake“

Auch die SPD schätzt den Wert von Palantir für die Polizeiarbeit, warnt aber vor den Risiken der Software. Es sei nicht auszuschließen, dass es sich dabei um ein „trojanisches Pferd“ handele, das zum „Einfallstor“ für den amerikanischen Geheimdienst werden könne, so die Innen-Expertin Elisabeth Müller-Witt. Sich „dieser Datenkrake“ dauerhaft auszuliefern, sei ein hohes Risiko. Schließlich sei nicht einzuschätzen, „wie sich die politische Situation in den USA weiterentwickelt und ob unsere Abhängigkeiten im sicherheitspolitischen Bereich zukünftig nicht auch als Druckmittel gegen uns eingesetzt werden könnten“. Das erklärte Ziel müsse daher sein, im Bereich der Sicherheitspolitik schnellstmöglich eine „digitale Souveränität“ zu erreichen, sagt Müller-Witt.

Dem Vernehmen nach hat auch NRW-Innenminister Reul einen skeptischen Blick auf den Unternehmer Peter Thiel. Solange es keine anderen Anbieter geben würde, könne man der Polizei das erfolgreiche Tool aber nicht wegnehmen.  „Die Software fügt in Minuten zusammen, wofür Ermittler sonst Wochen bräuchten – ein digitales Puzzle aus Waffenregister, Einwohnermeldedaten und polizeiinternen Systemen“, sagte der Politiker aus Leichlingen dem „Kölner-Stadt-Anzeiger“. Damit sei die Software ein enormer Zeitgewinn und eine Arbeitserleichterung. „Die Erfahrungen in NRW sind gut damit“, erklärte Reul. Kritik dürfe es natürlich geben. „Aber während wir uns durch datenschutzrechtliche Dickichte kämpfen, sind die Straftäter schon über alle Berge“, sagte der Innenminister.

Das NRW-Innenministerium wies den Vorwurf, das System sie nicht sicher, zurück. „Bei Betrieb und Nutzung der Anwendung in NRW ist sichergestellt, dass kein Datenabfluss erfolgen kann“, heiß es. Die Server für die Anwendung würden autark in den eigenen Rechenzentren der NRW-Polizei betrieben. „Es besteht keine Möglichkeit für einen Zugriff auf Polizeidaten durch Palantir“, so ein Sprecher. Er verwies darauf, dass die Innenministerkonferenz sich bereits im Juni für die Entwicklung einer digital souveränen Lösung ausgesprochen habe: „Bisher gibt es aber keine wirklich konkurrenzfähige und ausgereifte weitere Anwendung auf dem Markt.“

Der in Deutschland geborene Thiel hat unterdessen ein neues Geschäft mit der US-Regierung vereinbart. Es ermöglicht US-Behörden, Migrationsbewegungen nahezu in Echtzeit zu tracken. Trump hatte das Ziel, noch in diesem Jahr eine Million Migranten abzuschieben. Thiel unterstützt das Ziel. Er schrieb in einem Essay: „Ich glaube nicht mehr länger, dass Demokratie und Freiheit kompatibel sind.“