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Kommentar

Wadephuls Reise
Die Bundesregierung lässt sich von China nicht jede Provokation gefallen

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Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat eine geplante China-Reise ganz kurzfristig abgesagt - und setzt auf einen Nachfolgetermin unter anderen Vorzeichen.

Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat eine geplante China-Reise ganz kurzfristig abgesagt - und setzt auf einen Nachfolgetermin unter anderen Vorzeichen.

Außenpolitisches Drama? Riskanter Eklat? Nicht wirklich. Der deutsche Außenminister hat gute Gründe, vorerst nicht nach China zu reisen. 

Was tun, wenn ein deutlich stärkerer internationaler Partner sein Gewicht nutzt, um Druck auszuüben und zu gängeln? Nachgeben oder einfach mal Nein sagen? Johann Wadephul hatte diese Abwägung zu machen und entschied sich für letzteres. Der Außenminister hätte eigentlich an diesem Montag und Dienstag China besuchen sollen. Doch im letzten Moment sagte der CDU-Politiker den Trip vorerst ab. Einen Nachholtermin soll es geben - unklar ist, wann.

Zur offiziellen Begründung hieß es aus dem Außenamt, Peking habe außer einem Treffen des Ministers mit seinem Amtskollegen Wang Yi keine hinreichenden weiteren Termine bestätigt. Das ist die diplomatische Formulierung dafür, dass die Chinesen die Deutschen bis zum letzten Moment zappeln ließen und vorführen wollten. Wer seinem Gast nur einen Gesprächspartner aus der Regierung zugesteht, sendet eine klare Botschaft.

Die andere Botschaft aus Peking gab es auf offener Bühne: Kurz vor Wadephuls Absage rügte das chinesische Außenministerium die Bundesregierung in der Taiwan-Frage öffentlich: China fordere Deutschland auf, eine klare Haltung gegen jegliche Aktivitäten für eine Unabhängigkeit Taiwans einzunehmen und das Ein-China-Prinzip strikt einzuhalten.

Wadephul kritisierte China öffentlich

Hintergrund ist wiederholte Kritik des deutschen Außenministers am aggressiven Gebaren Chinas im Indopazifik und an Pekings Drohungen, den Status quo in der Meerenge zwischen Taiwan und China einseitig verändern zu wollen. Peking betrachtet Taiwan als Teil seines Territoriums.

Kritik daran aus Deutschland ist nicht neu, doch sie stößt auf zunehmend harte Reaktionen der chinesischen Regierung. Wadephul hat auch offen kritisiert, dass China Russlands Krieg gegen die Ukraine unterstütze. So etwas verbittet sich die chinesische Führung ebenfalls.

Wenn das chinesische Außenministerium die deutsche Regierung schon öffentlich derart auffordert, ihre Position zu ändern, lässt sich erahnen, dass solche Ansagen hinter den Kulissen noch etwas deutlicher ausgefallen sein dürften. Die Bundesregierung kann sich aber nicht vorschreiben lassen, was sie kritisiert und was nicht. Der deutsche Außenminister kann auch nicht einen zweitägigen Besuch in China planen, dabei nur seinen Amtskollegen treffen und ansonsten vor verschlossenen Türen stehen.

Bundesregierung hat gegenüber China einen Punkt gemacht

Ja, es gibt viel zu bereden zwischen Deutschland und China. Vor allem auch mit Blick auf die Wirtschaft. Pekings Exportkontrollen auf seltene Erden haben große Sorge bei deutschen Unternehmen ausgelöst. Die Industrie ist auf die wichtigen Rohstoffe angewiesen, weil sie zum Beispiel für Motoren, Turbinen und Sensoren gebraucht werden.

Wahrscheinlich ist es am Ende aber sogar besser, wenn Wadephuls China-Reise erst später kommt - nach dem geplanten Treffen von Xi Jinping und Donald Trump in Südkorea. Der chinesische Präsident und der amerikanische Präsident dürften dort ausführlich über ihren Handelskonflikt und die seltenen Erden reden. Und bevor China die Marschrichtung mit den USA besprochen hat, hätte Deutschland dazu wohl eh nichts ausrichten können.

Die Bundesregierung hat nun einen Punkt gemacht, dass sie nicht jede Provokation hinnimmt. Das ist wichtig. Die Beziehungen zwischen Deutschland und China sind dadurch nicht grundsätzlich gefährdet. Mit den Amerikanern liefern sich die Chinesen ständig deutlich schärfere Kämpfe und trotzdem gibt es immer wieder Gespräche. Denn die beiden größten Volkswirtschaften der Welt können nicht ohneeinander. Und die drittgrößte Volkswirtschaft Deutschland – wenn auch mit einigem Abstand – kann China ebenfalls nicht ignorieren.

Möglichst bald will Wadephul mit seinem chinesischen Amtskollegen telefonieren und dann einen neuen Besuch planen – unter anderen Bedingungen.