Seit zehn Monaten ist Donald Trump an der Regierung – mittlerweile gibt es immer mehr Protest. Aber reicht das für die Demokraten bei den Midterms?
Zehn Monate „Alleinherrscher“Trump unbeliebt wie nie – Haben Amerikaner die Nase voll?

US-Präsident Donald Trumps Republikaner haben zuletzt eine Wahlschlappe erlitten.
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Gerade in Europa glauben viele, dass die USA unter Donald Trump unaufhaltsam in die Diktatur abrutschen. Doch allmählich bröckelt die Macht des Präsidenten. Die Kritik ist stark gewachsen, die Überheblichkeit und vor allem die innen- wie außenpolitische Inkompetenz der Administration werden immer deutlicher.
Wladimir Putin tanzt Trump auf der Nase herum und denkt gar nicht daran, ernsthaft über ein Ende des Kriegs in der Ukraine zu sprechen. Beim Treffen mit dem chinesischen Präsidenten letzte Woche in Süd-Korea war Xi Jinping nicht geneigt, Trumps Drohungen mit neuen Zöllen nachzugeben, sondern schwang selbst die Keule der Seltenen Erden. Letztlich knickte Trump ein, um einen Kompromiss im Handelskrieg mit China zu erzielen.
Rechtmäßigkeit von Trumps Zöllen wird überprüft
In den USA beschäftigt sich derweil der Oberste Gerichtshof damit, ob Trump denn überhaupt die Befugnis hat, ein fast 50 Jahre altes Gesetz von 1977 zu benutzen, um Zölle auf auswärtige Waren zu erheben. Die Richter scheinen skeptisch zu sein, denn das Gesetz gibt dem Präsidenten lediglich das Recht, bei einem nationalen Notfall die US-Handelspolitik zu „regulieren.“ Normalerweise ist der Kongress für die Handels- und Zollpolitik der USA verantwortlich, nicht die Exekutive. Trump behauptet nun wenig überzeugend, das Handelsdefizit der USA stelle eine „außerordentliche und ungewöhnliche Bedrohung“ dar, und daher dürfe er drastische Importzölle erheben. Möglicherweise wird die gesamte Zollpolitik Trumps gekippt oder zumindest drastisch zurechtgestutzt.
Nach zehn Monaten Regierungszeit und dem beinahe täglich von Trump herbeigeredeten Chaos haben viele Amerikaner inzwischen die Nase voll. Darauf deuten beispielsweise die landesweiten „No Kings“-Demonstrationen hin, die seit Juni mit immer größerem Zulauf in fast allen großen und auch kleinen Städten stattfinden. Sie richten sich lautstark, aber friedfertig gegen Trumps Tendenz, sich wie ein Alleinherrscher zu gebärden.
Seit Monaten befinden sich auch die Umfragen zu Trumps Politik im Keller. Nur 37 Prozent aller Amerikaner sind mit der Amtsführung des Präsidenten zufrieden. Zwei Drittel glauben, dass Washington einen völlig falschen politischen Kurs eingeschlagen hat. Gerade was die Wirtschaftslage und die demokratische Entwicklung des Landes angeht, hagelt es scharfe Kritik. 65 Prozent stehen Trumps kontroverser Zollpolitik kritisch gegenüber. Für seine brutale Deportationspolitik, auf die Trump so stolz ist, bekommt er ebenfalls keine Zustimmung. 56 Prozent sehen sie als verfehlt an.
Zudem ist der „Shutdown“ der Regierungsbehörden mit inzwischen fast 40 Tagen der längste der Geschichte der USA. Der zweitlängste (35 Tage) fällt in die erste Amtszeit Trumps. Republikaner und Demokraten im Kongress können sich nicht auf einen neuen Haushalt einigen. Über die notwendigen Einsparungen im Gesundheitsbereich und anderswo sind beide Seite heillos zerstritten. Ohne die Bewilligung neuer Gelder mussten alle Regierungsgeschäfte eingestellt beziehungsweise auf das absolut Notwendige heruntergefahren werden.
US-Familien können sich nicht mehr ernähren
Die schlimmen Folgen werden immer deutlicher. Fast eine Million öffentliche Angestellte haben schon seit anderthalb Monaten kein Gehalt mehr bekommen. Ungezählte Familien können sich ohne die Hilfe von Lebensmitteltafeln nicht mehr ernähren. 42 Millionen an der Armutsgrenze lebende Amerikaner sind auf staatliche Lebensmittelhilfen angewiesen. Diese Gelder fließen derzeit nur vermindert oder gar nicht mehr.
Im Luftverkehr haben sich viele derzeit unbezahlte Fluglotsen krankgemeldet, was den Flugbetrieb in den USA ins Chaos stürzt und auch zunehmend gefährlicher macht. Die Amerikaner geben überwiegend Trump und den Republikanern, die ja die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses haben, die Schuld an der ganzen Misere.
Wahlschlappe für Trump
Vor wenigen Tagen haben jetzt zum ersten Mal seit dem Beginn von Trumps zweiter Amtszeit die Wähler in drei US-Bundesstaaten sprechen können. Das Votum war verheerend für Trump. Die Gouverneurswahlen in Virginia und New Jersey und die Oberbürgermeisterwahl in New York gewannen die demokratischen Kandidaten mit überraschend hohem Abstand. Obwohl Trump nicht auf dem Wahlzettel stand, sich kaum im Wahlkampf engagierte und keine Reden hielt, ging es um seine konfuse Politik und nicht zuletzt um die Preissteigerungen der letzten Zeit.
In Virginia gewann mit über 57 Prozent und einem Vorsprung von 15 Punkten die ehemalige Kongressabgeordnete und CIA-Mitarbeiterin Abigail Spanberger. Sie wird damit die erste Gouverneurin Virginias. Auch die Bewerbung für andere hohe Ämter in dem Staat wurden haushoch von demokratischen Kandidaten gewonnen. In New Jersey besiegte die Kongressabgeordnete Mikie Sherrill ihren republikanischen Gegenkandidaten mit mehr als 13 Punkten Vorsprung. Die tiefe Abneigung der Wähler gegen die Politik Trumps war ausschlaggebend für den hohen Wahlsieg.
Trump nennt Mamdani Kommunist
In der Wahl des Oberbürgermeisters in der Neun-Millionen-Stadt New York ließ der 34 Jahre alte demokratische Sozialist Zohran Mamdani trotz seiner Unerfahrenheit dem etablierten, aber kontroversen Ex-Gouverneur Andrew Cuomo keine Chance. Mamdani, künftig der erste Muslim an der Stadtspitze, wurde vor allem von jungen und von zugewanderten Amerikanern gewählt. Im Wahlkampf war er in den sozialen Medien omnipräsent und betonte immer wieder seine tiefe Abneigung gegen Trumps Politik, verurteilte nicht zuletzt dessen Kreuzzug gegen illegale Einwanderer. Trump wiederum bezeichnet ihn als Kommunisten, der in New York sehr viel Schaden anrichten werde.
Auch das von den Demokraten unterstützte Referendum in Kalifornien mit dem Ziel, durch eine Neueinteilung der Wahlkreise zugunsten demokratischer Bewerber entsprechende Initiativen der Republikaner zu deren Vorteil in Texas, North Carolina und anderswo zu neutralisieren, wurde mit großer Mehrheit angenommen. In Pennsylvania und Georgia konnten die Demokraten überdies die Wahlen für mehrere Richterstellen an den obersten Gerichten dieser Bundesstaaten für sich entscheiden.
Vor den Demokraten liegt noch viel Arbeit
Mit Blick auf die Zwischenwahlen 2026, die über die Mehrheit im Kongress entscheiden werden, wittern die Demokraten inzwischen Morgenluft. Doch sind diese Wahlen noch lange nicht gewonnen. Trump wird sich nächstes Jahr viel mehr im Wahlkampf engagieren, als er es diesen Herbst tat. Auch wird er sich bald weniger um die Außenpolitik und viel mehr um die Wirtschaftspolitik und die Preisentwicklung in den USA kümmern.
Vor allem aber fehlt es den Demokraten vielerorts nach wie vor an einer guten Parteiorganisation, erfolgreichen Spendenkampagnen und nicht zuletzt an überzeugenden politischen Zugpferden. Hier muss noch viel geschehen. Trump und seine MAGA-Bewegung sind noch lange nicht besiegt. Aber vielleicht haben die USA in den vergangenen Tagen den Anfang vom politischen Ende Trumps erlebt.


