Wer zu recht misstrauisch gegenüber Konzern-KI ist, kann europäische Alternativen nutzen.
KI-Chatbot „Lumo“Künstliche Intelligenz ohne Datenklau nutzen

Lumo ist der KI-Chatbot von Proton.
Copyright: Proton AG
Bei der Nutzung von US-Cloud-Diensten hat man mittlerweile ein ungutes Gefühl. Das schreibe ich nicht nur aus eigener Erfahrung, sondern entnehme es auch der Berichterstattung in den Fachmedien sowie diversen Leserzuschriften. Wie aber ist es mit KI? Sollte man da nicht genauso wachsam sein? Doch, das sollte man auf jeden Fall! Beispielsweise bei vertraulichen Projekten, Geschäftsbilanzen oder Gesundheitsfragen.
Bei Gemini etwa wird man direkt darauf aufmerksam gemacht, dass „Prüferinnen und Prüfer“ sich „einen Teil der gespeicherten Chats“ ansehen, um die Google KI zu verbessern. Das bedeutet nichts anderes, als dass man die KI unentgeltlich mit dem eigenen geistigen Eigentum füttert. Von Fragen des Datenschutzes ganz zu schweigen. Aber gibt es Alternativen zu ChatGPT & Co.?
Die gibt es, und zwar in Form sogenannter Open‑Source‑LLMs. „Large Language Models“ bilden die Basis für die Antworten, die man auf seine Fragen bekommt. Zum Teil kommen aktuelle Informationen aus dem Netz hinzu. „Open Source“ heißt, dass die Dienste transparent agieren und monetäre Interessen zweitrangig sind.
Viele Daten verfeinern die Modelle, bergen aber Risiken
Die netzpolitische Bedeutung unabhängiger LLMs kann ich an dieser Stelle nur grob umreißen. Wenn kritische KI‑Infrastrukturen von Konzernen wie Google, Microsoft und OpenAI bereitgestellt werden, entstehen Datenmonopole. Im Sinne der digitalen Selbstbestimmung von Nutzern, Organisationen und Staaten kommt Open-Source-LLMs eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Betroffen sind Fragen der Meinungsfreiheit, des freien Wettbewerbs, des Zugangs zu Bildung und Forschung sowie der Resilienz gegenüber geopolitischen Spannungen.
Nun sammeln ChatGPT‑ähnliche Dienste große Mengen an Nutzerdaten und verwenden sie, um ihre Modelle zu verfeinern. Das führt zu schnellen Verbesserungen, birgt aber auch Risiken wie die ungewollte Weitergabe an Dritte. Außerdem ist ja allgemein bekannt, dass KI gern „halluziniert“, also schlichten Blödsinn als Information verkauft. Open-Source-LLMs beruhen dagegen auf öffentlich zugänglichen Datensätzen, Schwachstellen und Manipulationen können identifiziert werden, ohne dass man einer interessengeleiteten Konzern-Blackbox vertrauen muss.
Lumo speichert keine Fragen und Antworten auf Proton-Servern
Wie aber kann man Open‑Source‑LLMs nutzen? Zum Beispiel mit dem KI-Chatbot „Lumo“ des Schweizer Technologieunternehmens Proton AG, das ich hier schon einmal vorgestellt habe. Es wurde von einer Gruppe von europäischen Wissenschaftlern gegründet, größter Anteilseigner ist seit 2024 die gemeinnützige Stiftung „Proton Foundation“.
Lumo speichert jede Unterhaltung unter Zero‑Access‑Verschlüsselung. Das bedeutet, dass weder Proton noch Lumo jemals Klartext‑Zugriff auf Eingaben haben. Im Gegensatz zu anderen KI-Unternehmen, die alle Gespräche auf ihren Servern aufzeichnen, speichert Lumo keine Fragen oder Antworten auf den Proton-Servern. Stattdessen werden Chatverläufe verschlüsselt auf den Endgeräten der Nutzer abgelegt. Logischerweise können damit auch keine Daten an Dritte, Werbetreibende oder Regierungen weitergeben oder zu KI-Trainingszwecken verwendet werden. Fragen werden an das fachlich jeweils am besten geeignete LLM weitergeleitet.
Lumo kann ohne einen Proton-Account genutzt werden. Klicken Sie dazu unter http://lumo.proton.me auf „Als Gast starten“. Damit stehen Ihnen die Grundfunktionen gratis zur Verfügung, sie können Chats führen und Dateien hochladen, allerdings beides nur in begrenztem Umfang. Sollen Ihnen die Chats auch bei der nächsten Nutzung zur Verfügung stehen, brauchen Sie einen Proton-Account wie „Proton Unlimited“, mit dem Sie für 10 Euro monatlich bei jährlicher Abrechnung unter anderem auch die Proton-Cloud und den E-Mail-Dienst nutzen können. Die volle Lumo-Funktionalität mit unbegrenztem Datenvolumen, dem Erstellen von Illustrationen sowie der Einbeziehung aktueller Suchergebnisse aus dem Netz kostet noch einmal rund 13 Euro pro Monat oder rund 10 Euro bei 12 Monaten Laufzeit.
Lumo ermöglicht direkte Verbindung zu anderen Proton-Diensten
Das ist nicht billig, relativiert sich aber angesichts der Tatsache, dass auch Google & Co. um 20 Euro für ihre Pro-Versionen verlangen. Zudem nutzt Lumo dann nach eigenen Angaben die neuesten LLM-Modelle, liefert präzisere Antworten und erlaubt direkten Zugriff auf andere Proton‑Dienste wie Mail, VPN, den Passwort-Manager Proton Pass und den Cloudspeicher Proton Drive über Lumo. Die KI kann dann dabei helfen, E‑Mails zu entwerfen und bezieht Dateien aus dem – natürlich ebenfalls datengeschützten – Drive in die Antworten ein.
Sie können den monatlichen Obolus auch als Ihren persönlichen Beitrag zu mehr europäischer Unabhängigkeit gegenüber großen Konzernen und für informationelle Selbstbestimmung betrachten. In diesem Zusammenhang sei nur noch kurz erwähnt, dass die Trump-Administration in den USA gerade in großem Stil Daten löschen lässt, die ihrer eigenen Weltsicht widersprechen. Daraus mag nun jeder seine eigenen Schlüsse ziehen.