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Vier Jahre nach der FlutBuchhändler kehrt in Bad Münstereifel in seinen alten Laden zurück

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Josef Mütter sitzt in seiner Buchhandlung in Bad Münstereifel auf einem roten Sofa. Rechts ist die Säule aus Salzsteinen zu sehen.

Das rote Biedermeiersofa, seit Jahren Markenzeichen in Josef Mütters Laden, ist liebevoll restauriert wieder ein zentrales Element. Neu hinzugekommen ist die eigens angefertigte Säule aus 650 rosa-orangenen Salzsteinen.

Gut vier Jahre nach der Flut ist Josef Mütters Buchhandlung an alter Stelle zurück – inklusive rotem Sofa und einer neuen Säule aus Salzsteinen.

Mütters Buchhandlung am Markt ist wieder da. Diesmal auch da, wo sie hingehört, am Markt 6 im Herzen der Stadt Bad Münstereifel. Inhaber Josef Mütter ist erleichtert und glücklich. Ziemlich erschöpft ist er allerdings auch, denn die vergangenen Monate und Jahre waren in vielerlei Hinsicht außerordentlich kräftezehrend. Die Flut im Juli 2021 hatte sein Geschäft in einem 500 Jahre alten Haus zerstört, und der Wiederaufbau gestaltete sich schwierig, zeitraubend und kostspielig. Doch nun ist es so weit: Zusammen mit seiner langjährigen Mitarbeiterin Sandra Köchner empfängt Mütter die Kundschaft in seinem Laden, der in neuem Gewand erstrahlt und dennoch wieder seine ganz persönliche Handschrift trägt.

Viele Höhen und Tiefen hat der 61-jährige Geschäftsmann seit dem Juli 2021 durchlebt. Zunächst einmal erfüllte ihn große Dankbarkeit: „Ich lebe noch! Angesichts der Katastrophe nicht selbstverständlich.“ Dankbar ist er aber auch für die vielfältige Unterstützung, vom tatkräftigen Anpacken über großzügige Spenden, treue Onlineshop-Kunden bis hin zu moralischer Unterstützung.

Wiederaufbau erforderte finanzielles und mentales Durchhaltevermögen

Der Weg forderte nicht nur finanzielles Durchhaltevermögen, sondern wollte auch mental gestemmt werden. „Die Baustelle ging mal vorwärts, mal nicht. Es war nicht absehbar, wie lange es dauern würde.“ Denkmalschutz, Brandschutz, die von der Versicherung geforderten Flutsicherheitsmaßnahmen und nicht zuletzt die Baustatik mussten unter einen Hut gebracht werden. Daran musste sich Josef Mütter mit seinen Vorstellungen immer wieder neu anpassen.

Die Baustelle ging mal vorwärts, mal nicht. Es war nicht absehbar, wie lange es dauern würde.
Josef Mütter über die lange Zeit des Wiederaufbaus
Im Regal der Buchhandlung steht ein aus rotem Garn gehäkeltes Miniatur-Sofa.

Das rote Häkelsofa ist ein Geschenk einer Lieferantin.

Am Tag der Wiedereröffnung empfindet der Buchhändler „so eine erschöpfte Ruhe, Stille, Demut und Freude. Ich bin außerdem gespannt, wie die Leute auf das neue Ambiente reagieren.“

„Geduld und Vertrauen haben mich durch diese Zeit getragen“, berichtet er. „Es war aber auch eine Zeit, in der alles auf den Prüfstand kam, ob das alles einen Sinn macht, für mich und für die Menschen in der Stadt.“ Das Getriebensein eines Geschäftsmannes ist einer Entspannung gewichen. „Ich habe noch mal einen neuen Blick darauf bekommen, was für mich wichtig ist im Leben. Früher hatte ich immer das Gefühl, ich muss in den Laden, ich muss präsent sein. Aus dem ständigen ‚Ich muss‘ ist ein ‚Ich darf‘ geworden. Ich gönne mir nun den Montag als Ruhetag, von Dienstag bis Samstag öffne ich von 11 bis 18 Uhr. So kann ich dann wirklich richtig präsent sein.“

Altes Ladenlokal mit viel Kreativität zu etwas Neuem gemacht

Ganz offensichtlich bot die lange Zeit auch Raum für Josef Mütters Kreativität, die einen im neuen Ladenlokal aus vielen Ecken anlacht. Besonders stolz ist er auf den mit Salzkristallen verkleideten Stützpfeiler. Obwohl nun weniger Quadratmeter als früher zur Verfügung stehen, verzichtete er darauf, diesen mit Regalen zu versehen. Neben dem liebevoll restaurierten roten Biedermeiersofa, das seit vielen Jahren das Markenzeichen der Buchhandlung ist, sorgen rund 650 rosa-orangene Salzsteine für reizvolle Lichteffekte und reinigende Energien. Die Steine sind auf Plexiglas befestigt und von innen beleuchtet.

Wir haben in der Stadt so viele Läden fürs Äußere. Mir war wichtig, dass dieser Laden für das innere Wohlbefinden ist.
Josef Mütter über sein „neues“ Geschäft

„Bad Münstereifel braucht einen Leuchtturm hier im Zentrum“, sagt Josef Mütter, dem die Erlebnisse der Flutkatastrophe noch immer sehr gegenwärtig sind. Einen solchen gibt es nun in seinem Geschäft – ein Element ist geschaffen aus Salzblöcken, jeder etwa drei Zentimeter dick. Zur Herstellung der Steine wurden in Persien rund 20 Tonnen Salz verarbeitet und drei Wochen lang von einem Lkw nach Bad Münstereifel gefahren. Mütters Freund Morteza Bayat von der Firma Blausalz Gourmet GmbH baute zusammen mit zwei seiner Mitarbeiter die Säule im Ladenlokal auf.

Zimmerspringbrunnen erinnert an das Erft-Hochwasser vom 14. Juli 2021

Zum Glück läuft inzwischen die neue Belüftungsanlage, die optisch für einen gewissen Industrie-Charme sorgt. Auch praktisch ist sie unentbehrlich, denn die Salzkristalle binden Wasser aus der Luft. Ist die Luftfeuchtigkeit zu hoch, bilden sich Pfützen rund um die Säule. Und auf Wasser im Laden hat Josef Mütter absolut keine Lust mehr.

Auf einem Turm aus Büchern thront die mit Steinen gefüllte Schale eines Zimmerspringbrunnens.

Erftwasser sprudelt heute auf Fluthöhe in einem Zimmerbrunnen.

Auf Fluthöhe, in seinem Geschäft bei 1,40 Meter, erinnert nun ein Zimmerbrunnen an die Geschehnisse vom 14. Juli 2021. In ihm sprudelt Erftwasser in einer Schale, die auf einem Stapel Bücher steht, die thematisch allesamt mit Wasser zu tun haben. Dafür durchbohrte er eigenhändig etliche gebrauchte Bücher, um sie stabil auf einen Ständer zu spießen. Ein Monitor im Schaufenster bietet die Möglichkeit, sich die Bilder der Flutkatastrophe noch einmal zu vergegenwärtigen.

Buchhandlung soll wieder zu einem Ort der Entschleunigung werden

Beim Mobiliar setzt Josef Mütter auf Nachhaltigkeit. Die Theke baute er vor zwölf Jahren in seinem alten Ladenlokal an der Orchheimer Straße 39 ab, um sie „für ein paar Monate“ im Lager des Haushaltwarenhändlers Hubert Roth unterzubringen. Doch die Theke passte im Laden am Markt 6 damals nicht. Dankenswerterweise stellte Roth darüber hinaus für zwei Jahre die Regale unter, die Mütter von einer Buchhandlung in Bayern gekauft hatte, die ihre Tore schloss. Nun ist alles schön aufgearbeitet wieder im Einsatz.

Sogar seine alte Telefonnummer, die 02253/6633, ist wieder aktuell, ebenso sein Mitarbeiterinnen-Team, das ihn auch schon im Ausweichquartier an der Orchheimer Straße 10 seit November 2024 unterstützt hat. Den Onlineshop gibt es nach wie vor. „Dort kann man auch bestellen und die Bücher zur Abholung in den Laden schicken lassen.“

„Ein Ort der Entschleunigung soll das hier sein. Wir haben in der Stadt so viele Läden fürs Äußere. Mir war wichtig, dass dieser Laden für das innere Wohlbefinden ist.“ Und das ist Josef Mütter gelungen.