Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

JugendfußballU8-Trainer der JSG Erft Euskirchen findet: „Ergebnisse gehören dazu“

Lesezeit 7 Minuten
Viel los ist auf dem Trainingsplatz der JSG Erft 01 Euskirchen, auf dem die U8 trainiert. Die Spieler machen einige Übungen.

Viele Ballberührungen, viel Spaß beim Training, aber auch voller Ambitionen: Die U8 der JSG Erft 01 Euskirchen legt beim Training auch Wert auf ein einheitliches Auftreten.

Die U8 der JSG Erft Euskirchen hat sich viel vorgenommen. Funino als Spielform kommt mittlerweile gut an, aber es fehlt auch etwas.

Der Star ist die Mannschaft. Die Floskel ist abgedroschen und dennoch oft passend. Zumindest im Fall der U8 der JSG Erft 01 Euskirchen ist es (noch) der Fall. Das Team von Dominik Hochgürtel, der bei der Trainingsarbeit von Finn Harländer und Alex Guedes unterstützt wird, gilt in seinem Jahrgang als das beste im Kreis Euskirchen – und das ohne einen herausragenden Akteur in den eigenen Reihen zu haben.

Vielmehr hat Hochgürtel die Fußballer stetig weiterentwickelt und ihnen eine für ihr Alter bereits reife Spielanlage implementiert. „Klar, haben wir auch ein paar Kicker, die herausragende Fähigkeiten haben, aber wir haben keinen Alleinunterhalter, der uns die Spiele gewinnt“, sagt Hochgürtel.

Einen Alleinunterhalter gibt es bei der U8 der JSG Erft Euskirchen nicht

Einen solchen „Alleinunterhalter“ soll es in Jugendmannschaften auch gar nicht mehr geben. Dafür hat der DFB den Kinderfußball vor gut einem Jahr komplett umgekrempelt. Gespielt wird seitdem in den jüngsten Jahrgängen bei sogenannten Spielfesten auf kleine Tore mit wenigen Akteuren.

Junge Fußballspieler passen sich Bälle durch Hütchen hindurch zu. Der Trainer beobachtet die Fußballer.

Kritischer Blick auf die Passübung seiner Spieler: Trainer Dominik Hochgürtel.

Ein Fußballer steckt seinen Kopf in einen mit Wasser gefüllten Eimer, um sich abzukühlen.

Der Spaß samt Abkühlung kommen bei der U8 nicht zu kurz.

Eine Spielform, der Hochgürtel durchaus etwas abgewinnen kann. Nur mit dem Drumherum hat der Coach so seine Probleme – zumindest ab dem Moment, wenn Spieler rechnen und zählen können. „Für mich gehören ab der F-Jugend Ergebnisse und Tabellen einfach dazu. Die Jungs zählen ihre Tore und können Ergebnisse zusammenzählen. Dann ist es komisch, dass es offiziell keine Ergebnisse gibt“, sagt Hochgürtel, der mittlerweile noch etwas festgestellt hat: „Die Jungs zocken lieber auf Jugendtore.“

Aus Freundschaftsspielen wurden im Jugendfußball Leistungsvergleiche

Das geschieht dann nicht auf den Spielfesten, sondern in sogenannten Leistungsvergleichen. Das ist nichts anderes als ein Freundschaftsspiel, aber mit einer erst kurz vor dem Anpfiff festgelegten Spielerzahl. Die variiert meist zwischen 4+1 und 6+1. Dabei steht das „+1“ für den Torwart, der aber nicht in seinem Tor bleibt. Bei der U8 der JSG ist der Schlussmann ein Feldspieler, der im Angriff eine Überzahlsituation generiert. Wer gerade „Torwart“ ist, variiert ebenfalls. „Wir wollen alle Spieler spielerisch weiterentwickeln. Es bringt uns nichts, wenn der Torwart keinen geraden Ball spielen kann“, so der Coach.

Die Mannschaft habe sich kontinuierlich entwickelt, sei an den Herausforderungen gewachsen. So hießen die Gegner zuletzt auch schon mal Fortuna Köln, TuS Koblenz oder Juventus Turin. „Wenn man eineinhalb Stunden für ein Freundschaftsspiel fährt, – eine Strecke –, dann verlangt das den Kindern und Eltern viel ab. Aber sie ertragen meinen Ehrgeiz mit viel Geduld“, sagt Hochgürtel augenzwinkernd. Er habe ein Ziel vor Augen: unter die Top zehn des Jahrgangs in der Region zu kommen. Aus dieser Rangliste rechnet er Mannschaften wie den 1. FC Köln oder Bayer Leverkusen per se heraus. Aber mit allen anderen wolle er sich mit seinem Team auf (ungefährer) Augenhöhe messen.

Euskirchener Spieler sind begehrt, weshalb neue Kicker gesucht werden

Deshalb macht Hochgürtel mit seinem Trainerteam gerade etwas, was er die drei, vier Jahre zuvor nicht gemacht hat: Es werden potenzielle Verstärkungen von anderen Vereinen gescoutet – auch, weil Spieler aus seinem Team ebenfalls von anderen Vereinen umgarnt werden. Ein Spieler sei bereits zur 1. Jugend-Fußball-Schule Köln gewechselt, ein anderer sucht zur neuen Saison eine neue Herausforderung.

Und noch etwas macht das Trainerteam: Vor jeder Saison werden Ziele ausgegeben, an denen im Training und Spiel gearbeitet wird. Beispielsweise Bewegung ohne Ball, spielerische Lösungen finden – alles immer aufs Leistungsvermögen und das Alter der Kicker angepasst.

Das Training habe sich in den vergangenen Jahren immer weiterentwickelt – im Allgemeinen, aber auch im Speziellen für die U8 der JSG Erft, sagt Hochgürtel, der die B-Lizenz als Trainer anstrebt. Schließlich sollen sich nicht nur seine Spieler weiterentwickeln, sondern auch der Coach. Und dann gibt es bei der JSG noch etwas, was in diesem Alter doch eher die Ausnahme ist: Jeder Leistungsvergleich wird aufgenommen, um ihn später mit den Spielern zu analysieren. Videoanalyse in der U8, um in die Top zehn zu kommen.


Der Kader der U8 der JSG Erft 01 Euskirchen

Spieler: Lukas Schellenberg, Alexander Morgenstern, Paul Frank, David Reinhardt, Leo Aigner, Julian Kremer, Maxim Zimmermann, Matteo di Pumpo, Noah Harländer, Mats Steffes, Sergio Guedes, Lenny Hochgürtel, Sami Aydin, Jonas Mahlberg.

Trainer: Dominik Hochgürtel.

Co-Trainer: Finn Harländer, Alex Guedes.

Sportlicher Leiter: Marco Frank.

Die Mannschaft der U8 der JSG Erft 01 Euskirchen hat sich zum Gruppenfoto aufgestellt. Im Hintergrund steht das Trainerteam, ganz vorne kniene sechs Spieler, dahinter stehen acht.

Gilt als starke Jahrgangsmannschaft: die U8 der JSG Erft Euskirchen.


Die Revolution im Jugendfußball greift nicht überall

Der DFB hat den Kinderfußball umgekrempelt. Funino heißt die neue Spielform, die deutschlandweit bei den Jüngsten verpflichtend gespielt wird – ausgenommen sind Nachwuchsleistungszentren.

Der neue Kinderfußball soll die Nachwuchsarbeit in Deutschland revolutionieren. Weg vom klassischen Sieben gegen Sieben, hin zu mehr Ballkontakten, mehr Erfolgserlebnissen und vor allem mehr Spaß. Der Name Funino setzt sich aus den Wörtern „Fun“ für Spaß und „Niño“ für Kind zusammen.

Nicht nur das Kind wächst, sondern auch die Teamgröße und das Spielfeld

Die Idee: Tore, Ball, Teamgröße und Spielfeld, alles wächst parallel zum Kind und fängt dementsprechend klein an. In der F-Jugend und bei den Bambini bedeutet das konkret: Die Kids spielen Drei gegen Drei auf vier Tore. Ohne Schiedsrichter, ohne feste Zuordnung, also ohne Torwart, aber auch ohne Positionszuordnung als Abwehr-, Mittelfeldspieler oder Stürmer.

Stattdessen spielen alle auf allen Positionen und nach jedem Tor oder spätestens alle zwei Minuten wird ausgewechselt. Tore dürfen nur aus einer „Schusszone“ erzielt werden, die es, vergleichbar mit dem Strafraum, vor jedem Tor gibt.

Feste Spielpositionen sind im Mini-Fußball nicht vorgesehen

Im Mini-Fußball lernen die Spieler sehr schnell, weil nur einige fast identische Spielsituationen immer wiederkehren. Es gibt keine festen Spielpositionen. Dadurch werden alle Spieler universal geschult. Alle Spieler sind Hauptdarsteller des Spiels und haben viele Ballkontakte.

Auch im Spielbetrieb hat sich einiges geändert. Es gibt keine Tabellen mehr und der klassische Spieltag mit nur einem Match pro Team ist Vergangenheit. Stattdessen treffen sich mehrere Mannschaften zu kleinen Turnieren, alle spielen abwechselnd gegeneinander.

Als Funino eingeführt wurde, dachte ich nur: Mein Gott, was ist das für eine Kirmes
Christian Hammes, zukünftiger Trainer der SG Dahlem-Schmidtheim

Christian Hammes trainiert in der kommenden Saison die Senioren der SG Dahlem-Schmidtheim. Bis vor wenigen Wochen war der Sötenicher aber noch Co-Trainer bei den B-Junioren von Viktoria Köln. In Köln hatte Hammes mit „Funino“ kaum Berührungspunkte, weil Mannschaften, die ein Nachwuchsleistungszentrum betreiben, klassischen Fußball spielen – auch in den jüngsten Altersklassen.

Aber sein eigener Nachwuchs spielte die ersten Jahre bereits in dem neuen „Jeder-soll-möglichst-viele-Kontakte-erhalten“-System. Ein Konzept, das zunächst überhaupt nicht bei Hammes ankam. „Als Funino eingeführt wurde, dachte ich nur: Mein Gott, was ist das für eine Kirmes“, sagt der Übungsleiter, der lange Trainer des SV Sötenich war, bevor er nun Bezirksliga-Absteiger Dahlem-Schmidtheim übernimmt: „Da werden gefühlt 100 Fußballfelder aufgebaut, auf denen mindestens so viele Kinder rumspielen, ohne zu wissen, was sie da tun.“

Aus Fußballlehrersicht sieht Christian Hammes mittlerweile viel Positives

Mittlerweile hat sich seine Meinung geändert, berichtet Hammes: „Aus Fußballlehrersicht kann ich dem Ganzen mittlerweile viel Positives abgewinnen, weil das System viele Vorteile mit sich bringt. Alle sind nämlich einbezogen. Es beschränkt sich nicht nur auf zwei Spieler, die viel besser sind als alle anderen und deshalb immer den Ball haben.“

Zudem lernen laut Hammes die Nachwuchsspieler schneller, „dass es nicht nur einen Punkt gibt, wo das Spielgeschehen stattfindet, sondern, dass das Spiel auch mal verlagert werden kann, weil es eben vier Tore statt nur einem Tor gibt.“

Auch Christian Hammes vermisst Ergebnisse und Tabellen

Aber es gibt dennoch Dinge an dem Konzept, denen Hammes nicht viel Positives abgewinnen kann: „Was mich nervt, ist der Gedanke ‚Wir sind alle gleich‘, es gibt keine Tabellen oder richtige Ergebnisse. Jeder, der einen Sport macht, weiß am Ende des Tages, ob er gewonnen oder verloren hat.“

Dass es keine Tabelle in dem Alter gebe, passe ein wenig zur aktuellen Diskussion in der Gesellschaft. „Dass es bei den Bundesjugendspielen keine Unterscheidung mehr bei den Leistungen gibt, ist auch nicht richtig“, so Hammes: „Kinder sollen und müssen lernen, mit Niederlagen umzugehen. Das prägt fürs Leben und gehört zum Sport dazu.“

Bei Viktoria Köln habe man sich aber nicht komplett dem Funino verschlossen. Das Konzept sei immer wieder in Trainingsformen eingebunden worden. „Wir trainieren genau das, aber gespielt wird eben im normalen Modus auf zwei Tore“, so Hammes, der sich wünscht, dass es auch in den jüngsten Klassen wieder ein Tabellensystem mit richtigen Ergebnissen gibt.