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VideoinstallationDie Mauern von Kloster Steinfeld erstrahlten wie nie zuvor

Lesezeit 6 Minuten
Auf dem langgestreckten Torbau ist eine biblische Szene in leuchtenden Farben zu sehen. Im Hintergrund werden die Zwillingstürme des Klosters rot vor dem nächtlichen Himmel angestrahlt.

Die Fassade des Torbaus von Kloster Steinfeld wurde zum himmlischen Bilderreigen mit Motiven der Renaissance-Malereien auf den Fensterscheiben des Klosterkreuzgangs.

Erfolgreiche Premiere von „Steinfeld Calling“: Ein Höhepunkt war eine Videoinstallation auf den Klostermauern. Zu sehen waren Motive von 15 Fenstern, die einst den Kreuzgang schmückten.

So viele Erzengel, Teufel und Heilige in Überlebensgröße hat man in Steinfeld noch nicht gesehen. Auf der Fassade des Torbaus von Kloster Steinfeld wurden sie am Samstagabend kurz „lebendig“: als Videoinstallation mit Motiven der lange Zeit verloren geglaubten Renaissance-Glasfenster aus dem Klosterkreuzgang. Es war ein Höhepunkt des traditionellen Hermann-Josef Festes.

Die kirchlichen Feierlichkeiten haben in diesem Jahr einen neuen Oberbegriff: „Steinfeld Calling“ fasst das kirchliche Hochfest in Steinfeld samt kleinem Klostermarkt und mit Livemusik, das noch folgende Eifeler Musikfest, eine Kammermusikreihe und anderes mehr zusammen – ein Experiment.

Kaller Bürgermeister stand am Zappes des Bierwagens

Pater Wieslaw Kaczor, Leiter des Pastoralen Raums Hl. Hermann-Josef Steinfeld und so „Hausherr“ des vor allem geistlichen Hermann-Josef-Festes, wirkte kurz vor Beginn der Videoinstallation am Samstagabend mit Blick auf den mit Besuchern gefüllten Klosterhof zufrieden. Einige kleine Jahrmarktbuden boten etwa süße Mandeln an. Der Bierwagen – unter anderem mit Kalls Bürgermeister Hermann Josef Esser am Zappes – stand bereit und auf der Bühne gab es Livemusik.

In bunte Farben ist die Fassade des Torbaus gehüllt.

Die Steinfelder Schülerinnen Nora und Mia hatten ein Gemälde zur Video-Show beigesteuert.

Kaczor: „Ich bin schon immer der Meinung gewesen, dass die Menschen nach der Kirche noch zusammenkommen sollen. Das sehen wir auch bei den Pilgern der Hermann-Josef-Dienstage. Die freuen sich nach der Messe auch auf das gemeinsame Pilgerfrühstück.“

Sponsoren für das Konzept von „Steinfeld Calling“ gefunden

Pater Wieslaw sollte Recht behalten. „Es sind an die 300, in der Spitze 400 Leute, die heute Abend hier waren“, so Martin Reinicke von der Stiftung Kloster Steinfeld, der die Idee zum „Steinfeld Calling“-Konzept hatte und von dieser neben den Verantwortlichen des Regionalen Kulturprogramms NRW auch Sponsoren wie die Kreissparkasse Euskirchen, die VR-Bank Nordeifel, die e-regio und das Kulturnetzwerk East Belgica überzeugen konnte.

Die siebenköpfige Band bei ihrem Bühnenauftritt.

Die Shabby Chicks aus Ostbelgien spielten im Klosterhof.

Kurz vor Einbruch der Nacht war er nach dem Auftritt der ostbelgischen Band „Shabby Chicks“ selbst auf der Bühne im Klosterhof gefragt: „Die Gäste im Torbau Zimmer 105, 106, 107: Bitte die Fenster schließen“, so seine Mikrofonansage. Denn nun sollte die Videoinstallation auf eben der Torbaufassade beginnen. Genauer gesagt: ein „Video-Mapping“ aus 15 von 50 erhaltenen Motiven aus den früheren Glasfenstern des Steinfelder Klosterkreuzgangs. Dabei handelt es sich um religiöse Motive aus der Bibel, die vor rund 500 Jahren, zu Beginn des 16. Jahrhunderts, entstanden sind.

Videoinstallation aus 15 der insgesamt 50 Bildmotive erstellt

Dagmar Täube, Kunsthistorikerin und spezialisiert auf Glasmalereien der Renaissance, wirkte erfreut: „Die Glasfenster waren mein Herzensprojekt. Jetzt sehe ich sie hier wieder – und dann auch noch auf so ungewöhnliche Weise.“

Milton Raggi von der Hochschule für Künste in Bremen und Andrea Sunder-Plassmann von der Alanus-Hochschule in Bonn haben schließlich die 15-minütige Videoinstallation aus 15 der insgesamt 50 noch vorhandenen Bildmotive aus Steinfelds Kreuzgang entwickelt. Raggi komponierte dazu als begleitenden Soundteppich Ambient-Musik.

Vor dem aufgebahrten Holzsarg haben sich Gläubige aufgereiht.

Einen Blick auf die dank Glasscheiben im Holzsarg teilweise sichtbaren sterblichen Überreste des heiligen Hermann-Josef konnten die Gläubigen werfen.

Die Zuschauer des Bilderreigens waren gebannt: „Von der Hölle zum Himmel“ war die Schau betitelt. Erzengel mit gezücktem Schwert gegen Tod und Teufel, die Versuchungsszene im Paradies, ein gekrönter Christus, dazu weiteres Engelpersonal und viel Ornamentik. In diesem Pop-up-Format war das so noch nie zu sehen.

Steinfelder Schülerinnen steuerten ein eigenes Gemälde bei

Bernhard Grosz aus Rheinbreitbach wirkte überzeugt: „Das Konzept des Festes finde ich super. Und mit der Videoinstallation haben wir natürlich nicht gerechnet.“ Er und Ehefrau Anica hatten ein Zimmer im Gästehaus des Klosters fürs Brückenwochenende in Steinfeld gebucht. Die religiöse Bedeutung des Hermann-Josef-Festes und dass das Kloster von den Salvatorianern geleitet werde – beides sei ihnen zuvor unbekannt gewesen.

Der Aachener Weihbischof mit Mitra und Bischofsstab.

Weihbischof Karl Borsch, Hauptzelebrant des Hochamtes beim Hermann-Josef-Sonntag, dankte den Salvatorianern für Ihre Präsenz am Ort-

Drei Musiker mit Trompete, Saxophon und Klarinette auf der Bühne.

Die Copper Town Dixie Cooperation spielte auf der Bühne im Klosterhof.

Ihren Anteil an der sehenswerten Präsentation hatten auch Nora und Mia, zwei Elftklässlerinnen am Hermann-Josef-Kolleg. Sie steuerten ein großes Gemeinschaftsbild zur Videoinstallation bei, das zwischen den einzelnen Durchläufen der Kreuzgang-Bilder in wechselnden Ausschnitten gezeigt wurde: bunte abstrakte Farbflecken im Maßwerk schwarzer Linien.

Aachener Weihbischof feierte mit Mitbrüdern und Gläubigen das Hochamt in der Basilika

So farbenfroh wie am Samstag ging es am Sonntag rund um die Basilika weiter. Zunächst stand ein feierliches Hochamt in der Basilika auf dem Programm. Dabei lobte der Hauptzelebrant, der Aachener Weihbischof Karl Borsch, in einer kleinen Ansprache die aus geistlicher Sicht gastgebende Brüdergemeinschaft der Salvatorianer in Steinfeld: „Ich danke Ihnen für Ihre Präsenz hier am Ort, ich danke Ihnen für die Dienste, die Sie tun. Ich bin froh, dass Sie hier sind“, so Borsch.

Die Glasfenster waren mein Herzensprojekt. Jetzt sehe ich sie hier wieder – und dann auch noch auf so ungewöhnliche Weise.“
Dagmar Täube, Kunsthistorikerin

Das Hochamt zum Fest des heiligen Hermann-Josef, dessen Gebeine im Edelholzsarg mit Glaseinlagen tags zuvor feierlich erhoben und an einem Seitenaltar bis zum heutigen Montag für die persönliche Anbetung der Gläubigen ausgestellt sind, gestalteten neben Steinfelds Organist Michael Pützer an der König-Orgel auch Chor und Orchester der Basilika unter der Leitung von Erik Arndt. Gespielt und gesungen wurde die Missa Cellensis in C-Dur von Joseph Haydn.

Zwei Jungen mit gelben Bauarbeiter-Helmen stapeln Klötzchen zum Turm.

Den Klötzchen-Turm zu bauen, war bei den jungen Besuchern des Marktes im Klosterhof eine beliebte Abwechslung.

Auch die Teilnehmer einer Pilgergruppe, die am Sonntagvormittag in Nettersheim gestartet war, erreichte gegen Mittag Steinfeld, wo im Anschluss an das Hochamt im Klosterhof unter anderem ein Markt mit „Kostbarem und Köstlichem aus der Region“ öffnete. Dazu gab es bis zum späten Nachmittag Livemusik mit Brazzanova und der Copper Town Dixie Cooperation, das mobile Kinderprogramm „Karlo Klötzchen“ des Kreissportbundes oder auch zwei Basilika-Führungen.

Einer der Aussteller war Pascal Raviol aus Düren, der viele Märkte der Region regelmäßig besucht. In Steinfeld hatte er seinen kleinen Wagen mit gerösteten Mandeln und Lebkuchenherzen aufgestellt. Raviol hatte beide Tage des Hermann-Josef-Festes unter dem neuen Motto „Steinfeld Calling“ miterlebt. Der Begriff erinnere ihn an einen Missionsauftrag, so Raviol, was ja irgendwie auch passe. Denn viele traditionsreiche Feste und Märkte ließen sich auf kirchliche Feste zurückführen. „Ich bin zum ersten Mal hier. Ich finde die Mischung aus Spiritualität, Markt und Veranstaltungsprogramm wie der tollen Video-Projektion auf die Klostermauern wirklich gelungen“, meinte er anerkennend.

Mit diesem Urteil war er am Ende nicht allein. Es konnte nur Ansporn für die Veranstalter der Stiftung Kloster Steinfeld, des Pastoralen Raums und der Sponsoren sein, „Steinfeld Calling“ nach einer vielversprechenden Premiere im kommenden Jahr zu wiederholen.


Die Geschichte der lange Zeit verschollenen Steinfelder Fenster

Die Kunsthistorikerin Dagmar Täube berichtete über die Geschichte der Fenster und deren Wiederentdeckung. Einst seien sie in die Fensteröffnungen des Kreuzgangs eingebaut worden, damit sich die Klostermönche beim meditativen Rundgang besser vor der Witterung schützen konnten. Natürlich keine bloßen Glasscheiben, sondern in ein feines Gerüst aus Bleistangen eingefasste, von einer spezialisierten Werkstatt in Köln gemalte Motive des Heilsgeschehens. Meisterlich gemalt, bunt – und mittels ihrer Ästhetik vor allem der geistlichen Erbauung der Klosterbrüder dienend. Ähnliches war schon einige Jahre zuvor mit den neuen Scheiben des Kreuzgangs von Mariawald geschehen.

Im Zuge der Säkularisation gegen Ende des 18. Jahrhunderts aber gingen die wertvollen Gemälde zunächst verloren.

Heute im Victoria-and-Albert-Museum in London

Ihre weitere Geschichte hat Täube 2007 für eine Themenausstellung im Kölner Museum Schnütgen recherchiert. Und sie erfuhr, dass die Fensterbilder damals von einem englischen Adligen gekauft und in dessen Privatkapelle eingebaut worden seien und dass darüber in den 1940er-Jahren auch in einer Tageszeitung berichtet wurde.

In alten Handschriften seien die Stifter der Glasmalereien entdeckt worden und die Echtheit der Gemälde habe so verifiziert werden können. Diese seien schließlich von einem anonymen Verkäufer bei einer Auktion angeboten und vom Londoner Victoria-and-Albert-Museum angekauft worden. Dort sind sie heute zu sehen.