Zum ersten Mal wird in St. Nikolaus die Kooperation mit der Kunst eingegangen. Das soll neue Zugänge zum Glauben schaffen.
Ausstellung „Lichtzeichen“Premiere in Gemünder Kirche soll Menschen anlocken

Das kaum sichtbare Fenster über der Orgel von St. Nikolaus inspirierte Jutta Höfs zum Oktogon und der Ausstellung „Lichtzeichen“.
Copyright: Stephan Everling
Ein wenig wirkte es, als sei die Regie für die Eröffnung der Kunstausstellung „Lichtzeichen“ in der Gemünder Pfarrkirche St. Nikolaus auf höherer Ebene angesiedelt gewesen. Denn auch wenn der Tag eher trübe war, strahlten die Fenster der Kirche, als seien dahinter Scheinwerfer installiert. Durchaus angemessen angesichts des Titels und des Konzeptes, das die Viersener Künstlerin Jutta Höfs für die Installation ausgewählt hatte.
Licht ist das zentrale Thema der Ausstellung „Lichtzeichen“, die als erste Schau mit zeitgenössischer Bildender Kunst in der Gemünder Kirche eröffnet wurde. Insofern ein großer Schritt, den der Pfarreirat da unternahm, auch wenn die Kollaboration zwischen Kunst und Kirche keine Erfindung der Neuzeit ist.
Evangelische Kulturkirche ist seit der Flut 2021 geschlossen
Denn wenn es um die künstlerische Ausgestaltung ihrer Gotteshäuser ging, ließen sich die Kirchenfürsten selten lumpen. So bieten die Kirchen in Italien bisweilen eine Ausstattung, die mit so manchem Museum mithalten kann. Ob Tizian, Tintoretto oder Leonardo da Vinci, keiner der namhaften Künstler konnte es sich einst leisten, den Auftrag eines Papstes oder Bischofs zu ignorieren.

In einen Dialog mit den Fenstern der Kirche trat die Künstlerin bei der Gestaltung der Ausstellung.
Copyright: Stephan Everling
Doch auch heute gehen Kunst und Kirche gerne Kooperationen ein. Aus Köln ist die Kunststation St. Peter bekannt, das Kunstforum in St. Clemens in Köln-Mülheim zeigte bis 2023 über 43 Jahre lang Werke von zeitgenössischen Künstlern. Auch in der Eifel ist die Praxis nicht unbekannt. So wurde die Evangelische Kirche in Gemünd mit großem Anklang beim Publikum als Kulturkirche betrieben, bis die Flut 2021 den Veranstaltungen und Ausstellungen bis heute ein Ende bereitete.
Künstlerin ist in Schleiden aufgewachsen
Für die Katholische Kirchengemeinde in Gemünd ist das Feld jedoch Neuland. Zum ersten Mal finde so etwas in Gemünd statt, sagte Birgitt Weimbs, Mitglied des Pfarreirates, die die Ausstellung initiiert hat. Vor rund einem Jahr sei die Frage aufgekommen, wie denn Menschen, die nicht in den Gottesdienst kommen, in die Kirche gelockt werden könnten. Sie habe um ein Zeichen gebeten, das dann auch prompt gekommen sei. Noch am selben Tag habe sie Kontakt zu der Künstlerin Jutta Höfs bekommen. Einige Tage später sei diese nach Gemünd gereist. „Es war, als hätte die Kirche sich fein gemacht“, so Weimbs. Und: „Diese Kirche ist ein wichtiger Ort für Gemünd. Das haben wir gemerkt, als wir sie nicht hatten.“
Wir wollen den Menschen in diesem Ort, in dem noch so viel Schmerz über das Verlorene nach der Flut herrscht, ein Licht- und Hoffnungszeichen schenken.
Jutta Höfs nannte das Zustandekommen des Kontakts bei der Eröffnung „Netzwerk und Fügung“. Obwohl sie in Viersen wohnt, ist die Eifel der Grafikdesignerin und Künstlerin alles andere als fremd: Sie ist in Schleiden geboren und aufgewachsen. Vor einem Jahr habe die Arbeit für die Ausstellung mit einem Besuch in der Kirche begonnen.
„Ich habe vom Chorgang aus das Fenster hinter der Orgel gesehen, das normalerweise den Gottesdienstbesuchern verborgen bleibt“, berichtete sie von dem ersten Wiedersehen mit St. Nikolaus.Pfarrer Thomas Schlütter habe ihr für die Ausstellung sämtliche Freiheiten gegeben.

Das große Oktogon von Jutta Höfs ist im Altarraum zu sehen.
Copyright: Stephan Everling

Pfarrer Thomas Schlütter führte in die Ausstellung ein.
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So entstand die Idee, mit einer großformatigen Arbeit, die im Chor installiert werden sollte, eine Korrespondenz zu dem Fenster über dem Hauptportal zu schaffen. Genau wie die Fensterrosette ist die Arbeit als Oktogon ausgeführt und transportiert die Glasgestaltung in das Kircheninnere. Einen ungewöhnlichen Weg ist Höfs in der Materialgestaltung gegangen. Mit Aquarell arbeitete sie auf Büttenpapier, das dann ausgeschnitten und auf Keilrahmen und Leinwand genäht wurde. Auch Textilien sind in die Werke eincollagiert. So ist etwa ein Stück eines Altartuches aus Viersen in einem der Bilder zu sehen.
Pfarrer will neue Angebote machen, um mehr Menschen zu erreichen
Die Installation in der Kirche beschränkt sich nicht auf die große, auffällige Arbeit, die hinter dem Altar hängt. Auch im Chorgang rund um den Altarraum sind Bilder zu sehen, die in Korrespondenz zu den Fenstern im Gang gestaltet sind. Eine Vielzahl von Tauben lässt Höfs außerdem an der Orgelempore aufsteigen. Hier sind kleinformatige Arbeiten zu sehen, die die Höhe zur Orgel erklimmen.
Nicht jede Kunst gefalle jedem, sagte Pfarrer Schlütter bei der Eröffnung der Ausstellung. Aber für viele Menschen werde durch die Kunst ein neuer Zugang zum Glauben erschlossen. „Auch wir müssen zugeben, dass die Formen des Glaubens, die wir in unseren Gemeinden anbieten, der traditionellen Liturgie, kaum noch oder nur einen Bruchteil der Menschen unserer Zeit ansprechen und erreichen“, sagte er selbstkritisch. Doch es sei die Aufgabe der Kirche, allen Menschen einen Weg zum Glauben zu zeigen, „und nicht nur einer kleinen Gruppe, die sich in alte Traditionen flüchtet“.
Die allerdings auch allen wichtig seien, betonte er im Gespräch. Doch er wolle in Gemünd, wo mit dem Kunstforum eine Kunsttradition bestehe, einen neuen Weg gehen: „Wir wollen den Menschen in diesem Ort, in dem noch so viel Schmerz über das Verlorene nach der Flut herrscht, ein Licht- und Hoffnungszeichen schenken.“
Die Ausstellung „Lichtzeichen“ hat folgende Öffnungszeiten: Di.-So., 9 - 17 Uhr, außerhalb der Gottesdienste.