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Einstimmiger BeschlussEuskirchen macht zwei Politiker zu Ehrenstadtverordneten

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Ein Blick in den voll besetzten Ratssaal in Euskirchen.

Der Euskirchener Stadtrat beschloss in der letzten Sitzung des Jahres, Josef Schleser (SPD) und Manfred van Bahlen (FDP) die Auszeichnung „Ehrenstadtverordneter“ zu verleihen.

Josef Schleser (SPD) und Manfred van Bahlen (FDP) werden Ehrenstadtverordnete – zwei Grüne nicht, obwohl sie die Voraussetzungen erfüllen.

Josef Schleser (SPD) und Manfred van Bahlen (FDP) sollen Euskirchener Ehrenstadtverordnete werden. Dies hat der Rat einstimmig beschlossen. Die beiden Politiker waren am 31. Oktober aus der Stadtvertretung ausgeschieden – Schleser nach 39 Jahren, van Bahlen nach 26 Jahren.

Der Vorschlag, ihnen für ihr Engagement besagte Ehrenbezeichnung zu verleihen, war von ihren jeweiligen Fraktionen gekommen. Ehrenstadtverordneter oder Ehrenstadtverordnete kann in Euskirchen werden, wer dem Rat mindestens 25 Jahre angehörte, wie es in den 2021 festgelegten städtischen Richtlinien heißt. Seither wurden Leo Pelzer und Horst Belter (beide SPD) ausgezeichnet, ebenso Irmgard Preißmann-Jung (CDU), die im Mai dieses Jahres gestorben ist.

Ehrenbezeichnungen werden beim Neujahrsempfang verliehen

Die Verleihung der Ehrenbezeichnungen an Schleser und van Bahlen plant die Stadtverwaltung für den Neujahrsempfang am 17. Januar 2026.   Bürgermeister Sacha Reichelt (CDU) hatte für den Rat Daten und Fakten zum politischen Wirken der Politiker zusammengestellt, die als Ratsmitglieder über Jahrzehnte hinweg auch in zahlreichen Fachausschüssen und anderen Gremien mitarbeiteten.

Ein Porträt von Josef Schleser.

Josef Schleser, SPD, gehörte 39 Jahre dem Euskirchener Stadtrat an.

Ein Porträt von Manfred van Bahlen.

Manfred van Bahlen war 26 Jahre Ratsmitglied.

Über Josef Schleser, der bereits 1969 Sachkundiger Bürger im Schulausschuss geworden war und von 2012 bis 2017 die SPD-Fraktion leitete, schrieb Reichelt überdies: „Neben Schulthemen lag ihm das Soziale immer besonders am Herzen, auch wenn er gerade dem Ausschuss für Generationen und Soziales nur eine kurze Zeit angehörte. Außerdem war ihm eine positive Entwicklung der Stadt wichtig, an der er im Laufe der Jahre mitgewirkt hat.“

Manfred van Bahlen, der von 2004 an mehr als 20 Jahre FDP-Fraktionsvorsitzender war, hatte seine lokalpolitische Laufbahn 1989 als Sachkundiger Bürger im Sportausschuss begonnen. „Nach eigenen Angaben“, so Reichelt, „ist er in die Politik gegangen, weil er nicht über bestimmte Zustände meckern, sondern aktiv mitgestalten wollte.“

Grüne schlugen zwei langjährige Ratsmitglieder nicht vor

Wie Schleser und van Bahlen erfüllen auch Guido Bachem und Dorothee Kroll die Voraussetzungen für die Auszeichnung als Ehrenstadtverordnete. Sie war 31 Jahre Ratsmitglied, er sogar 34 Jahre. Beide wurden jedoch von ihrer Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen, nicht für die Ehrung vorgeschlagen.

Das Verhältnis zwischen den erfahrenen Ex-Führungskräften und der Partei ist schon längere Zeit getrübt. Dass Krolls und Bachems Rückhalt bei den Grünen bröckelte, hatte sich bereits 2023 gezeigt, als sie, nach jeweils 27 Jahren, als Fraktionssprecherin und Vizesprecher abgewählt wurden. Vor der jüngsten Stadtratswahl platzierte der Ortsverband sie dann derart tief auf der Reserveliste, dass für beide eine weitere Legislaturperiode unmöglich wurde.

Ein Porträt von Guido Bachem.

Guido Bachem vertrat Bündnis /Die Grünen 34 Jahre im Euskirchener Stadtrat.

Ein Porträt von Dorothee Kroll.

Dorothee Kroll, Bündnis 90/Die Grünen, schied nach 31 Jahren aus dem Euskirchener Stadtrat aus.

Nun hat die Fraktion die Gelegenheit ausgelassen, eine Ehrung des Duos für die lange Ratsarbeit in die Wege zu leiten. Dr. Simone Galliat, Krolls Nachfolgerin an der Fraktionsspitze, sagte dazu auf Anfrage: „Das hat ja überhaupt keine Eile. Die Möglichkeit für diese Auszeichnung bietet sich zu jedem weiteren Neujahrsempfang. Die Fraktion wird sich Zeit nehmen, über die Angelegenheit in Ruhe zu beraten.“

Ich finde es ein bisschen erbärmlich, auf diese Art alte Rechnungen zu begleichen.
Guido Bachem, Ex-Grüner

Bei Dorothee Kroll hat das Verhalten der Fraktion Verwunderung ausgelöst. Wie Schleser und van Bahlen seien Bachem und sie in der Sitzung im Oktober von Bürgermeister Reichelt wegen der jeweils besonders langen Ratszugehörigkeit gesondert verabschiedet worden. Dass sie jetzt von der Fraktion nicht für die Ehrung vorgeschlagen werde, finde sie befremdlich, sagte Dorothee Kroll. Und weiter: „Für mich ist es äußerst enttäuschend, dass meine und Guido Bachems mehr als 30-jährige Ratsarbeit von den Grünen auf derart klägliche Art gewürdigt wird. Andererseits steht ihr Verhalten für die neue Geisteshaltung der Fraktion.“

Guido Bachem, der die Partei Anfang November verlassen hat („Ich zähle die Grünen nicht mehr zu den progressiven Kräften“) und neuerdings als Sachkundiger Bürger Politik für die Linke macht, sagte dieser Zeitung: „Ich finde es ein bisschen erbärmlich, auf diese Art alte Rechnungen zu begleichen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sachliche Erwägungen hinter der Entscheidung stehen.“

Dass Dorothee Kroll nicht für die Ehrung vorgeschlagen worden ist, hält er für besonders traurig: „Sie war meines Wissens nach in Euskirchen die erste Frau an der Spitze einer Fraktion und hatte diesen Posten länger inne als alle anderen.“

Seltsam ist nach Bachems Ansicht, dass die Fraktion sich noch Zeit für Beratungen nehmen wolle: „Das Thema ist doch schon im Oktober in der Fraktionsvorsitzendenbesprechung aufs Tapet gekommen. Seither gab es wahrlich genug Zeit zum Beraten.“