An den millionenschweren Investitionen ändert sich nach Angaben des neuen Betreibers nichts. Vor zehn Jahren standen Navis vor Herausforderungen.
Zehnter GeburtstagTherme Group hat Badewelt in Euskirchen übernommen – Freibad soll kommen

So soll das Areal an der Therme Euskirchen in einigen Jahren aussehen.
Copyright: Therme Euskirchen
Es ist eine Geburtstagsüberraschung, die so nicht zu erwarten war. Die Therme Group, Entwickler, Eigentümer und Betreiber von Thermen-, Spa- und Wellbeing-Destinationen, wird die Thermen Euskirchen, Sinsheim und Titisee-Neustadt von der Josef-Wund-Stiftung übernehmen – wenn das Bundeskartellamt zustimmt.
Zusammen mit der bereits 2024 übernommenen Therme Erding werden damit drei weitere von Josef Wund errichtete Standorte vollständig in die Plattform der Holdinggesellschaft Therme Horizon eingebunden. Dieser Schritt markiere „einen bedeutenden Meilenstein für die Therme Group und ihren Gründer Dr. Robert Hanea“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Verkauf und Geburtstag haben nichts miteinander zu tun
Verkauf und Geburtstag – hat das etwas miteinander zu tun? „Der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Integration ist das Ergebnis eines sorgfältig abgestimmten, langfristigen Prozesses sowie der entsprechenden formalen Abläufe. Die Bekanntgabe erfolgte unabhängig von anderen Anlässen und Projekten“, heißt es von der Therme Group auf Anfrage dieser Redaktion.
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Wie sowohl die Josef-Wund-Stiftung als auch die Therme Group berichten, werde sich im Tagesgeschäft und auch an den geplanten Investitionen am Standort in Euskirchen nichts ändern.
Die Entwicklung des Standorts sei noch lange nicht abgeschlossen. Geplant ist eine umfassende Erweiterung des textilen Familienbereichs. Ziel sei ein Gesundheits- und Erlebnisangebot für Familien aller Generationen – wetterunabhängig, nachhaltig und regional verwurzelt, heißt es von der Therme Group.
Freibad, Rutschenparadies und zahlreiche Arbeitsplätze
Die Pläne sehen mehrere tausend Quadratmeter zusätzliche Wasserfläche, die Integration eines Freibads, neue Gesundheits- und Präventionsangebote, Erlebnisrutschen, Spielbereiche sowie großzügige Ruhe- und Liegezonen vor. Investiert werden sollen laut Unternehmen mehrere hundert Millionen Euro. Gleichzeitig sollen zahlreiche neue Arbeitsplätze entstehen.
Die jetzige Übernahme durch die Therme Group sei das Ergebnis einer langjährigen, vertrauensvollen Partnerschaft mit dem verstorbenen Josef Wund, seiner Familie und der Stiftung, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung. Mit der Übernahme der Verantwortung für alle vier Standorte leite die Therme Group die nächste Entwicklungsphase ihrer globalen Strategie ein – mit dem klaren Fokus auf den Ausbau innovativer Wellbeing-Infrastrukturen und der nachhaltigen Stärkung der einzelnen Thermen in ihren jeweiligen Regionen.

Wellness auf einem anderen Level: der Immersive Sky.
Copyright: Tom Steinicke

Die in Florida, Costa Rica und Thailand gezüchteten Palmen wurden per Kran in den Badebereich gehoben.
Copyright: Tim Nolden
„Dieser Moment hat für mich eine tiefgreifende persönliche Bedeutung. Meine Freundschaft, Zusammenarbeit und langjährige Partnerschaft mit Josef Wund und seiner Familie erstrecken sich über mehr als zwei Jahrzehnte, und ich bin dankbar für das Vertrauen, das Therme Group in die nächste Entwicklungsphase dieser Destinationen führt. Mit nun allen vier Standorten unter unserer Verantwortung werden wir ihre Erlebnisse weiterentwickeln – in einer Weise, die ihre Ursprünge ehrt und gleichzeitig neue Besuchergruppen erschließt“, wird Dr. Robert Hanea, Gründer und CEO, Therme Group zitiert.
Auch Christoph Palm, Geschäftsführer der Josef-Wund-Stiftung, begrüßt die Übernahme: „Mit diesem Schritt sichern wir einen wesentlichen Teil des beruflichen Lebenswerks unseres Stifters. Gleichzeitig bleibt unsere Stiftung mit den Menschen in und um die Thermen unverändert eng verbunden.“
Zu Beginn fanden die Navis nicht die Thermenallee in Euskirchen
Vor zehn Jahren, am 18. Dezember 2015, öffnete die Therme ihre Pforte erstmals für Besucher – sieben Jahre später als ursprünglich geplant. Bereits einige Monate zuvor konnten die ersten Besucher im Sportbad ihre Bahnen ziehen.
Schon vor dem eigentlichen Bau hatte der Investor eine Reihe von Hürden und Problemen zu überwinden, hielt aber unbeirrt an seinem Vorhaben fest. Im Vergleich dazu war es marginal, dass nach Öffnung des Bades einige Navigationsgeräte die neue Adresse „Thermenallee“ nicht kannten und auch die Beschilderung rund um Euskirchen zunächst zu wünschen übrig ließ. Das ist zehn Jahre nach der Eröffnung alles kein Thema mehr. Rund zwei Millionen Gäste kommen nach Angaben der Wund-Gruppe jedes Jahr, um unter Palmen zu entspannen, in der Sauna abzuschalten oder einfach einen Tag Urlaub vom Alltag zu genießen.
In Euskirchen ist ein Ort entstanden, der für viele Menschen fest zur sogenannten Quality Time gehört.
„In Euskirchen ist ein Ort entstanden, der für viele Menschen fest zur sogenannten Quality Time gehört“, sagt Melinda Atzori, Teamleitung Marketing. Ob als kurzer Tapetenwechsel, kleine Entspannungsoase nach der Arbeit oder Ritual am Wochenende – für manche sei es sogar ein „Mini-Urlaub im Rheinland“. „Unser Ziel war von Anfang an, Wohlbefinden für alle zugänglich zu machen: Entspannung, Wärme, Wasser, Saunakultur und Ruhe – in einer Atmosphäre, die den Kopf sofort umschaltet“, sagt Atzori auf Anfrage dieser Zeitung.
Etliche der 140 Mitarbeiter sind seit der ersten Stunde dabei
Unabhängig vom Wechsel zur Therme Group feierte das Euskirchener Bad am 18. Dezember mit den Gästen im kleinen Rahmen sein zehnjähriges Bestehen. Ein besonderer Anlass war das auch für das Team: Etliche Mitarbeitende sind seit der ersten Stunde dabei. Rund 140 Beschäftigte sorgen laut Atzori Tag für Tag dafür, dass aus Wasser, Palmen, Gastronomie und Service ein stimmiges Gesamterlebnis entsteht. „Viele Leistungen bleiben für unsere Gäste unsichtbar – etwa Wasseraufbereitung, Gebäudetechnik oder Hygienekonzepte. Doch sie sind entscheidend, um unseren Gästen ein rundum gelungenes Erlebnis zu bieten“, sagt Atzori.
Wie die gesamte Branche wurde auch die Therme Euskirchen in der Corona-Pandemie hart getroffen. Mehrere Monate lang musste der Betrieb vollständig ruhen – allein zwischen November 2020 und Juli 2021 war die Anlage rund acht Monate geschlossen. Der Neustart am 6. Juli 2021 erfolgte unter strengen Auflagen, mit begrenzten Besucherzahlen und großem organisatorischen Aufwand.
Corona und die Flutkatastrophe hinterließen ihre Spuren
Nur kurze Zeit später brachte die Flutkatastrophe im Sommer 2021 den nächsten Rückschlag. Wieder musste die Therme vorübergehend schließen. Erst im September konnte sie schrittweise wieder öffnen. „Beide Ereignisse hatten natürlich Auswirkungen – besonders emotional für Mitarbeitende wie Gäste. Gleichzeitig haben sie den Standort nachhaltig geprägt“, so Atzori. Prozesse seien professionalisiert, Sicherheits- und Hygienestandards weiterentwickelt worden: „Und der Zusammenhalt im Team sowie die Verbundenheit mit der Region sind spürbar gewachsen.“ Seit der Wiedereröffnung nehmen die Besucherzahlen kontinuierlich zu. „Die Nachfrage nach Sauna, Wohlbefinden und kurzen Auszeiten ist deutlich gestiegen“, sagt Atzori.
In den vergangenen Jahren hat sich die Therme stetig weiterentwickelt – auch digital. Mit der eigens entwickelten App „Bluphoria“ sei ein Meilenstein gesetzt worden. Gäste können digital ein- und auschecken, ihren Aufenthalt planen oder Wellbeing-Inhalte wie Meditationen, Sinnesreisen und KI-generierte Musik auch zu Hause genießen. „Wellness findet längst nicht mehr nur vor Ort statt“, erläuterte Atzori das Konzept.
Die Therme Euskirchen hat sich von einem klassischen Thermenbetrieb zu einer vielseitigen Wohlfühlwelt entwickelt – mit höchsten Ansprüchen an Qualität, Digitalisierung und Erlebnisvielfalt.
Auch das Angebot selbst ist deutlich gewachsen. Ein Highlight ist das immersive Erlebnis „Forest Bathing Lupuna“, das Technologie, Natur, Kunst und Neurowissenschaften miteinander verbindet. Ergänzt wird es durch neue Rückzugsorte wie die Sky Balance, durch eine weiterentwickelte Gastronomie und den großzügigen Außenbereich mit Paradise Beach, Beachbar und Textilsauna.
„Die Therme Euskirchen hat sich von einem klassischen Thermenbetrieb zu einer vielseitigen Wohlfühlwelt entwickelt – mit höchsten Ansprüchen an Qualität, Digitalisierung und Erlebnisvielfalt“, so Atzori.
In den Anfangsjahren hatte es in Sozialen Netzwerken vereinzelt Kritik gegeben, die Therme sei nicht familientauglich und Kinder nicht willkommen. Das Unternehmen betont heute: „Wir wollen beides ermöglichen – Erholung für Ruhesuchende und ein respektvolles Miteinander für Familien. Das zeigen auch unsere Erweiterungspläne deutlich.“
Schon jetzt erfreue sich der Familiensamstag großer Beliebtheit. In den Ferien öffnet die Therme zudem das Palmenparadies für jüngere Gäste. „Dieses Angebot bauen wir weiter aus – mit einem bunten Kinderferienprogramm und neuen Elementen wie einem Familienaufguss in unserer Textilsauna. Für uns bedeutet Familienfreundlichkeit nicht Lautstärke, sondern Wertschätzung“, sagt Marketing-Leiterin Atzori.
Die Chronologie der Euskirchener Therme
- Juli 2006: Die Stadt Euskirchen schließt überraschend das Hallenbad am Keltenring. Begründung: bauliche Mängel. Die Kosten einer Grundsanierung werden mit mindestens 1,4 Millionen Euro angegeben. Gespräche mit möglichen Partnern zur Realisierung eines neuen Bades im Rahmen eines Investorenmodells werden geführt, darunter auch mit der Firma Wund.
- April 2007: Josef Wund stellt erstmals konkrete Pläne vor. Er will das Bad planen, bauen und betreiben. Geplanter Eröffnungstermin: Dezember 2008.
- September 2007: Der Artenschutz führt zu Verzögerungen. Weil Flächen in der Nähe als Rückzugsgebiet für Lurche und Vögel eingestuft werden, müssen Gutachten her.
- April 2008: Der Zeitplan sieht mittlerweile vor, das Bad im Herbst 2009 zu eröffnen. Doch jetzt verlangt die Bank, die das 20-Millionen-Euro-Projekt zu zwei Dritteln finanzieren soll, zusätzliche Sicherheiten. Auch rechtliche Bedenken werden laut – mit der Folge, dass der Bau das Bads europaweit ausgeschrieben wird.
- November 2008: Wund stellt dem Stadtrat überarbeitete Pläne vor. Die Eröffnung plant er jetzt für Oktober 2010.
- Februar 2010: Bürgermeister Uwe Friedl verbreitet weiter Optimismus: NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers vermittelt Gespräche zwischen dem Landeswirtschaftsministerium, Wund und einer Bank. Friedl: „Die Kreditklemme scheint gelöst zu werden.“
- August 2010: Wirtschaftsminister Voigtsberger bewilligt Wund die beantragte Landesbürgschaft, auf deren Basis eine Großbank ihre Finanzierungszusage erteilt.
- November 2010: Investor Josef Wund reicht im Rathaus persönlich den Bauantrag ein.
- Januar 2011: In Stuttgart beginnt ein Prozess gegen Josef Wund. Die gegen ihn im Zusammenhang mit einem anderen Bauprojekt erhobenen Vorwürfe: Bestechung und Steuerhinterziehung.
- März 2011: Die Firma Monte Mare, die das Freizeitbad in Rheinbach betreibt, legt bei der Europäischen Kommission Beschwerde ein, um die Rechtmäßigkeit der Landesbürgschaft prüfen zu lassen. Wunds Banken zögern mit der Finanzierung.
- Juli 2011: Das Gerichtsverfahren gegen Wund, der alle Vorwürfe stets bestritten hat, wird gegen die Zahlung von einer Million Euro eingestellt.
- Februar 2012: Monte Mare verfolgt die Beschwerde nicht weiter. Dem Baubeginn in Euskirchen steht nun nichts mehr entgegen.
- September 2012: Die Stadt und Investor Wund schließen einen Vertrag über das Bauvorhaben.
- April 2013: Auf dem Gelände an der Stresemannstraße rücken die Bagger an. Die Arbeiten dauern länger als angekündigt – auch, weil die Planung erneut geändert wird.
- August 2014: Richtfest.
- 18. Dezember 2015: Eröffnung.
- 14. Dezember 2017: Josef Wund stirbt drei Tage nach seinem 79. Geburtstag bei einem Flugzeugabsturz.
- 14. Juli 2021: Die Flut richtet großen Schaden an. Vor allem Technikbereiche werden zerstört – nur eineinhalb Wochen nach langer coronabedingter Zwangspause.
- Juni 2022: Der Außenbereich wird mit Pools neu gestaltet. Zudem wird eine Textilsauna eingeweiht.
- 22. März 2024: Der neue Wellnessbereich Immersive Sky wird eröffnet.
- 20. Juni 2025: Die Expansionspläne für die Therme werden vorgestellt. Mehrere 100 Millionen Euro werden in ein Hotel, ein Rutschenparadies und ein Freibad investiert.


