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Klimaneutral bis 2045?Erste Ergebnisse zur Wärmeplanung wurden in Zülpich vorgestellt

Lesezeit 4 Minuten
Vor einem Publikum, das auf Stühlen sitzt, stehen eine Frau und vier Männer sitzen auf Stühlen.

In einer von Martina Lanzrath moderierten Expertenrunde stellten sich Vertreter von Stadt und Energieanbieter den Fragen der Zuschauer.

Die Abwärme von Fabriken könnte in Zülpich für Zentralnetze genutzt werden. Sorgen, Bedenken und Zweifel bleiben nach der Veranstaltung bestehen.

Immer wiederkehrende Bilder von verheerenden Umweltkatastrophen verdeutlichen, was im letzten Jahr auch messtechnisch festgehalten wurde. 2024 lag die Erderwärmung erstmals 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau. Die ebenfalls im vergangenen Jahr durch die Bundesregierung beschlossene Wärmewende, nach der Deutschland bis 2045 klimaneutral werden soll, hat das Thema „Klimawandel“ auch in Zülpich stärker in den Fokus gerückt.

„Auch wenn andere aktuelle Ereignisse den Klimawandel ein wenig aus den Medien verdrängt haben, hat sich die Stadt Zülpich in einer Art Vorreiterrolle schon um die Durchführung einer Wärmeplanung bemüht, bevor dies für alle Kommunen zur Pflicht gemacht wurde“, sagte jetzt Bürgermeister Ulf Hürtgen.

Wärmewende: Zülpich bemüht sich um Vorreiterrolle bei Planung

Bei einer Informationsveranstaltung wurden am Dienstagabend die ersten Ergebnisse interessierten Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt, und die Beteiligung an der Diskussion wusste der Bürgermeister durchaus zu würdigen. „Ich bin sehr froh, dass wir zu diesem Thema sogar noch Stühle dazustellen mussten, weil sich so viele von Ihnen über die Zukunft der Wärmeplanung informieren möchten.“

Die Vorgabe der Klimaneutralität lasse sich schließlich nicht nur von einigen wenigen Personen erfüllen, sondern betreffe Anwohner, Gewerbetreibende und die Industrie gleichermaßen.

Leiter der Wärmewende bei e-regio besprach Möglichkeiten für Anwohner

Doch die endgültigen Schritte sollten auch an diesem Abend nicht Schwerpunkt der von Manuel Thom gehaltenen Einführung in die kommunale Wärmeplanung werden. „Heute geht es vielmehr darum, welche Möglichkeiten sich Anwohnern in unterschiedlichen Bezirken der Kernstadt und den umliegenden Ortschaften überhaupt bieten“, führte Thom aus, der beim Energieversorger e-regio das Team Wärmewende leitet. Dabei könne zunächst grob zwischen verschiedenen Szenarien unterschieden werden.

In Ballungsräumen und der Umgebung von größeren Industrieanlagen sei die Anbindung an ein Wärme- oder Wasserstoffnetz denkbar, während ländlichere Gebiete mit vielen alleinstehenden Häusern sich eher für eine dezentrale Wärmeversorgung eigneten. „Hier würden sich unter anderem Solaranlagen auf den Dächern oder auch die Nutzung von Geothermie durch eine Wärmepumpe anbieten“, so Thom.

Mithilfe zahlreicher Schautafeln konnten sich die Anwesenden im Anschluss an den Vortrag einen Überblick über die gesammelten Daten in ihrem jeweiligen Wohnort verschaffen, um ihre persönlichen Planungen mit dem Konzept zu vergleichen.

Abwärme der Industrie könnte ins Zentralnetz eingespeist werden

„Ich bin heute hier, weil es mich sehr interessiert, wie die Stadt für unsere Zukunft plant“, sagte Detlef Twielemeier. „Die Erklärungen fand ich bisher sehr gut nachvollziehbar, und endlich verstehe ich auch die Symbole auf den Karten. Die Entfernung von unserem Haus zur Papierfabrik scheint doch ein wenig zu groß, so dass sich für uns wohl nur eine dezentrale Lösung anbietet.“

Eine Übersicht über Möglichkeiten, CO₂-Emissionen einzusparen, lieferte Manuel Thom in seinen Ausführungen ebenfalls gleich mit. „Denkbar wäre die Nutzung sogenannter unvermeidbarer Abwärme.“ Dabei handele es sich um Hitzeerzeugnisse der Industrie, die aus unterschiedlichen Gründen nicht im Produktionsprozess nutzbar seien. Zur Einspeisung in ein Wärmenetz hingegen eigne sich diese Abwärme sehr wohl.

Zülpicher Seen und Flüsse sind potenzielle Wärmequellen

Ein Beispiel ließ sich anhand der Schautafeln im Ortsteil Sinzenich erkennen. Während der Nachbarort Schwerfen nach aktuellem Stand wohl nur ausschließlich auf eine dezentrale Wärmeversorgung setzen kann, macht die Sinzenicher Papierfabrik für große Teile die Schaffung eines Zentralnetzes möglich.

Auch die Zülpicher Seen und Flüsse könnten durch Nutzung der Wassertemperatur als Wärmequellen dienen. „Ohne das Ökosystem zu schädigen, werden bei diesem Prozess tiefere und wärmere Wasserschichten abgepumpt, wobei 8 Grad Celsius in diesem Fall bereits als warm gilt“, so Thom. „Das Wasser wird dann weiter heruntergekühlt und die gewonnene Wärme dem Netz zugeführt.“

Fragerunde offenbarte Sorgen und Unsicherheiten der Anwesenden

Der Einblick in die kommunale Wärmeplanung und die Vorstellung mehrerer Varianten zur CO₂-freien Wärmeerzeugung sorgte am Dienstag jedoch nicht ausschließlich für Freudenstimmung. Die anschließende Fragerunde mit Energieberatern und Vertretern der Stadtverwaltung offenbarte auch viele Sorgen und Unsicherheiten unter den Anwesenden.

Während Fragen zur Versorgungssicherheit mit Öl oder Gas bis 2045 durch die e-regio schnell geklärt werden konnten, blieb anderer Ärger, den die Veranstaltungsgäste wohl am liebsten direkt auf Bundesebene zur politischen Debatte gestellt hätten, unbeantwortet.

Ärger über die nach der Flutkatastrophe eingebauten Heizungssysteme, die bis 2045 nun erneut komplett ersetzt werden sollen, konnte die Expertenrunde mit den Energieberatern Pascal Diefenbach und Manfred Scheff sowie Christoph Hartmann von der Stadtverwaltung Zülpich und Manuel Thom beispielsweise nicht zerstreuen.

Dennoch blieben am Ende des Abends zumindest einige handfestere Orientierungsmöglichkeiten, wie sich die kommunale Wärmeplanung in Zülpich weiterentwickeln könnte, um der Forderung der Klimaneutralität bis 2045 ökonomisch und ökologisch zu begegnen.