Mehr als 5500 Sprünge und jahrzehntelange Erfahrung – Uwe Haagen hat sich als Fallschirm-Institution etabliert. Ans Aufhören denkt er nicht.
„Schon als kleiner Bub fasziniert“Mit 70 Jahren Weltrekordler: Leverkusener weiter im freien Fall

Uwe Haagen stellte erst vor Kurzem einen Weltrekord mit einem Fallschirmsprung auf.
Copyright: Philipp Exner/Eric Lorenz
Wenn der Leverkusener Uwe Haagen von einer über 80-jährigen Frau erzählt, die bei einem Rekord-Fallschirmsprung mit dabei ist, gerät er ins Schwärmen. Einerseits kommt zum Ausdruck, wie beeindruckt der Fallschirm-Routinier ist, darüber hinaus ist ihm auch die Lust anzumerken, das auch selbst zu schaffen.
Noch trennen Haagen einige Jahre davon, ein Über-80-Springer zu sein. In seinem 71. Lebensjahr stellte er aber schon mehrfach unter Beweis, wie fit er noch ist. Erst kürzlich stellte er im rheinland-pfälzischen Zweibrücken gleichzeitig einen Deutschen Rekord, einen Europarekord und einen Weltrekord auf.
Leverkusener auch mit 70 Jahren elektrisiert von Fallschirmsprüngen
Haagen war Teil einer Gruppe aus 21 erfahrenen Springern, die einen bisher einmaligen Sprung im „Night Sequential Skydiving“ wagten. Die Besonderheit, der besondere Nervenkitzel der Dunkelheit, liegt für Haagen auf der Hand. „Beim Tag ist so ein Sprung schon eine tolle Nummer, aber da sehen wir halt alles. Nachts aus dem Flugzeug zu springen, da sieht man im Grunde nichts“, erklärt der 70-Jährige im Gespräch mit dem „Leverkusener Anzeiger“.
Zuvor wurde das Vorhaben zweimal geprobt, die Testsprünge fanden jeweils tagsüber statt. Bei den Umständen des Rekord-Sprungs wird schnell deutlich, wie viel Planung investiert wurde. Alle Teilnehmenden waren mit Lichtbändern umwickelt, sechs von ihnen trugen an ihren Füßen Pyrotechnik. „Da passiert aber nichts“, betont Haagen, es habe sich um kalte Pyrotechnik gehandelt.
Darüber hinaus waren zwei Personen, die für die Aufnahmen des Sprungs verantwortlich waren, im Flugzeug mit dabei. Sie dokumentierten den Rekord, am Boden wartete ein Schiedsrichter, der das Geschehen genau beobachtete. Der Verantwortliche sah auch, wie die Pyrotechnik nach der ersten Formation der 21 Teilnehmenden per Fernsteuerung gezündet wurde. Dann galt es für alle Beteiligten, noch einmal die Formation umzubauen. Damit letztlich ein Weltrekord aufgestellt werden kann, musste zu einem komplett neuen Griff angesetzt werden.

Uwe Haagen aus Leverkusen mittendrin beim Rekord-Fallschirmsprung in Zweibrücken.
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Haagen berichtet: Über 5500 Sprünge habe er in seinem Leben schon hinter sich gebracht, seine Laufbahn umfasst mehr als 40 Jahren, in denen er schon als Springer, Lehrer und Tandemmaster tätig war. Da zählt der Rekord in Zweibrücken ebenso zu den Höhepunkten wie ein Sprung vor zwei Jahren im US-amerikanischen Arizona mit 102 Personen der „Skydiver over 60“, also den Fallschirmspringern über 60 Jahren.
Seit mehr als 60 Jahren trägt der Leverkusener auch schon seine Leidenschaft für das Fliegen und Fliegenlassen mit sich. „Das hat mich schon als kleiner Bub fasziniert“, erklärt Haagen und denkt zurück, wie er einst als Kind Puppen, umhüllt mit einem Stofftaschentuch, aus dem fünften Stock fliegen ließ. Auch nach seinem 70. Geburtstag brennt Haagen weiterhin dafür, mit ca. 200 km/h den freien Fall zu wagen – mittlerweile sei er das „Fossil der Gruppe“, scherzt er.
Damit der Fallschirm-Routinier immer noch fit und bereit für seine rund 100 Sprünge im Jahr ist, steht tägliches Training im Mittelpunkt. Eine Elf-Kilometer-Distanz bringt er täglich beim Walking hinter sich, dann folgt ein 30- bis 45-minütiges Krafttraining. Was noch hilft? „Ich gehe schon mein ganzes Leben in die Sauna und habe gute Gene“, erklärt Haagen, der seit seinem Renteneintritt mehrmals wöchentlich als Saunameister arbeitet.
Nicht nur der freie Fall gibt Haagen den Kick: In den kommenden Wochen und Monaten stehen noch ein Kletterausflug mit seinem Sohn und ein Tauchtrip mit seiner Frau nach Ägypten an, an mangelnder Betätigung wird es bei dem 70-Jährigen auch in naher Zukunft nicht scheitern.
Pläne für weitere Sprünge im kommenden Jahr stehen auch schon: Es geht zum jährlichen „Warmspringen“ in die Vereinigten Staaten, um den kalten Frühjahrstemperaturen in Deutschland zu trotzen. Darüber hinaus ist ein gemeinsamer Sprung mit einer 60er-Gruppe in Tschechien geplant. Haagen betont, als er über seine Sprung-Pläne für 2026 spricht, worauf es gerade im Alter für ihn ankommt: „Das Wichtigste ist, einfach im Training zu bleiben.“ Das bleibt er in Leverkusen sicherlich – und dann geht es nicht nur hoch hinaus, um dann den freien Fall zu wagen, sondern auch wieder für seine Leidenschaft in die große weite Welt.

