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GerichtsurteilMit Sozialleistungen erschlichen: Bekommt Al-Zein-Clan Villa neue Besitzer?

Lesezeit 4 Minuten
Das Haus von Mohamed El Zein in Leverkusen-Rheindorf. Vor der Tür liegen Turnschuhe, in einer Ecke ein Laubbläser.

Das Haus von Mohamed Al-Zein in Leverkusen-Rheindorf. 

Der Al-Zein-Clan lebte auf großem Fuß. Für eine Zwangsversteigerung muss allerdings auch der Staat einige Hindernisse überwinden.

Schwere Schlappe für den Leverkusener Al-Zein-Clan: Der kurdisch-libanesischen Großfamilie droht der endgültige Verlust ihrer Villa im Stadtteil Rheindorf. Während das Clan-Oberhaupt Badia Al-Zein sechs Jahre wegen Geiselnahme und Sozialbetrugs absitzt, bekam sein drittgeborener Sohn Mohamed vor dem Düsseldorfer Landgericht nun einen weitreichenden Schuldspruch wegen Geldwäsche. Die Jugendstrafkammer hatte den Spross eines mutmaßlich kriminellen Zweigs des Clans vor einer Woche zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt.

Offiziell von damaligen Hartz-IV-Bezügen abhängig pflegte die Familie Al-Zein in der Rheindorfer Villa einen aufwändigen Lebensstil. Das Eigenkapital für den Kauf des Hauses stammte aus 15 Überweisungen an den drittältesten Sohn Mohamed. Mit diesem sechsstelligen Betrag als Referenz und einer Scheinanstellung als Gebäudereiniger zog Sohn Mohamed einen Bankkredit von einer halben Million für den Hauskauf in Leverkusen an Land.

Insgesamt zahlten die Al-Zeins 650.000 Euro im Jahr 2018 für das Haus. Zum Schein vermietete Mohamed Al-Zein Wohneinheiten in der Villa an seine Familie. Die Mietzahlungen übernahm das Leverkusener Jobcenter. Somit bediente die Stadt über Umwege zu 90 Prozent das Darlehen für den Erwerb der Immobilie.

Geld für Kauf der Villa stammte aus kriminellen Einnahmen

Mit dem Düsseldorfer Schuldspruch geht ein vier Jahre langes juristisches Tauziehen um die Leverkusener Clan-Villa in die entscheidende Runde. Im Juni 2021 stürmte ein Spezialeinsatzkommando (SEK) das Gebäude, Badia Al-Zein und seine drei ältesten Söhne kamen in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelte anfangs wegen Sozialleistungsbetrug von gut 400.000 Euro sowie Geldwäsche, Geiselnahme, erpresserischem Menschenraub, gefährlicher Körperverletzung, räuberischer Erpressung und anderer Delikte. Die abgehörten Telefonate der Verdächtigen zeichneten das Bild einer kriminellen Vereinigung, die seit Jahrzehnten von Leverkusen aus im Ruhrgebiet und auch international operierte.

Al zein Clanprozess, Düsseldorfer Landgericht. Foto: Ralf Krieger

Am Düsseldorfer Landgericht fand der Clan-Prozess statt.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und sein Parteifreund Peter Biesenbach, damals Minister der Justiz, werteten die Aktion als Riesenerfolg im Kampf gegen mutmaßliche Köpfe der Clan-Unterwelt. Inzwischen herrscht eher Ernüchterung. Bereits ein halbes Jahr nach dem Prozessauftakt schloss die Düsseldorfer Wirtschaftsstrafkammer einen Deal mit Verteidigern und der Staatsanwaltschaft.

Sollten die Angeklagten einen Teil der Vorwürfe einräumen, falle das Strafmaß entsprechend überschaubar aus. Der Clan-Chef und seine Gefolgsleute nahmen dankend an. Über ihre Anwälte gaben sie Teilgeständnisse ab. So räumten sie den gewerbsmäßigen Sozialbetrug ein. Im Gegenzug stellte das Gericht etliche Anklagepunkte ein. Boss Badia erhielt sechs Jahre Gefängnis, zwei Söhne kamen mit bis zu drei Jahren Strafhaft davon. Letztere haben erst jetzt ihre Strafe angetreten.

Großfamilie darf die Villa nicht weiterverkaufen

Bis heute darf die Großfamilie die Villa nutzen. Die Strafverfolger haben allerdings im Grundbuch einen Sperrvermerk eintragen lassen: Sie darf das Objekt nicht weiter veräußern. Auch gestand Mohamed Al-Zein, dass er den Hauskauf mit einem sechsstelligen Grundbetrag angeschoben habe, der aus kriminellen Einnahmen stammte. Woher genau, ließ er offen. Durch dieses Geständnis der Geldwäsche zeigte sich die Staatsanwaltschaft zuversichtlich, dass man die Villa einziehen könne. Auch die beschlagnahmten Barmittel in sechsstelliger Höhe nebst Luxusutensilien sollten an die Staatskasse fallen.

Doch Mohamed Al-Zein wehrte sich: Er legte über seine Anwälte Revision beim Bundesgerichtshof ein. Der Senat in Karlsruhe verwies das Verfahren zurück an eine Jugendstrafkammer in Düsseldorf. Im Kern ging es um die Frage, ob der Clan-Nachkomme die Villa im Alter eines Heranwachsenden oder eines Erwachsenen erworben hatte. Nur im letzteren Falle hätte die Justiz das Anwesen endgültig einziehen können.

Am 16. April bestätigte das Gericht das Urteil aus erster Instanz. Es blieb bei einer 21-monatigen Bewährungsstrafe. Zudem wurde der Angeklagte nach Erwachsenenstrafrecht schuldig gesprochen, da er bei dem Kauf der Villa bereits 21 Jahre alt war – also kein Heranwachsender mehr. Die „Bild“-Zeitung hatte zuerst berichtet.

Welcher Käufer bietet gegen den Al-Zein-Clan?

Laut einem Justizsprecher ordnete die Jugendstrafkammer auch die Einziehung des Hauses in Leverkusen nebst Grundstück an. Der Umsetzung dieser Entscheidung stehen laut Staatsanwalt Julius Sterzel einige Hindernisse im Weg. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. So kann der verurteilte Al-Zein-Sohn bis Mittwoch nochmals Revision beim Bundesgerichtshof einlegen. „Dies hätte aufschiebende Wirkung für die Einziehung der Immobilie“, erläuterte der Sprecher der landesweiten Zentralstelle im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität (OK) bei der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft.

Noch weitere Unwägbarkeiten kommen in Betracht, sollten die Al-Zeins auf den Gang zum BGH verzichten. In dem Fall wird das Haus durch die Justiz zwangsversteigert. Dabei kann auch die Familie mitbieten – womöglich über Strohleute. So soll es auch bei einem anderen Objekt in Berlin durch eine arabische Großfamilie geschehen sein, die dem kriminellen Milieu zugeordnet wird. „Der Staat kann nicht kontrollieren, wer die Immobilie kauft“, konstatiert Behördensprecher Sterzel.

Zudem könnten die Mietverträge, die die Al-Zein-Familie mit ihrem Sohn Mohamed geschlossen hat, potenzielle Mitbieter abschrecken. Die Staatsanwaltschaft muss prüfen, inwieweit diese Verträge gültig sind, sollte ein seriöser Käufer das Objekt bei der Zwangsversteigerung erwerben. Womöglich müsste er Eigenbedarf anmelden oder versuchen, die Familie zivilrechtlich aus dem Haus zu klagen. Wer aber legt sich gerne mit einem der mächtigsten Clans Deutschlands an? Das rechtliche Kapitel der Al-Zein-Villa in Leverkusen ist noch längst nicht abgeschlossen.