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Jazztage LeverkusenChristone „Kingfish“ Ingram begeistert Blues-Fans zu später Stunde

3 min
Christone „Kingfish“ Ingram spielte mitten im Publikum im Terrassensaal.

Christone „Kingfish“ Ingram spielte mitten im Publikum im Terrassensaal.

Der junge US-Bluesmusiker machte den Abend im Forum zu einem Ereignis. 

Bassist Paul Rogers, Drummer Christopher Black und Keyboarder „Deshawn D-Vibes“ Alexander haben erkennbar Spaß auf der Bühne des Terrassensaals. Am späten Dienstagabend improvisieren die drei Begleitmusiker von Christone „Kingfish“ Ingram minutenlang allein auf der Bühne im Forum, die der junge US-Bluesstar während „Not gonna lie“ einfach mal verlassen hat. 

Das Publikum im kaum halb besetzten Terrassensaal fühlt sich offenbar gut unterhalten, manch einer tanzt zu den treibenden Rhythmen. Und dann taucht links von der Bühne, die nur ein paar Treppenstufen vom Parkett trennt, Christone Ingram wieder auf. Der Mann hat seine Gitarre um, kommt im Licht eines Handscheinwerfers die paar Stufen herunter und spielt – mitten im erst erstaunten, dann total begeisterten Publikum ein famoses Solo. Umringt von seinen Fans steht der nicht besonders groß gewachsene, gerade 26-jährige Musiker aus Clarksdale, im US-Bundesstaat Mississippi, da und genießt den engen Kontakt zu den Leuten, die wegen seiner Musik ins Forum gekommen sind.

Christone „Kingfish“ Ingram mit Band auf der Bühne des Terrassensaals

Christone „Kingfish“ Ingram mit Band auf der Bühne des Terrassensaals

Diese Minuten sind der Höhepunkt in einem vom ersten Augenblick an mitreißenden Konzert. Ob mit dem energiegeladenen „She calls me Kingfish“, dem langsameren „Fresh out“ von seinem Debütalbum aus 2019 oder bei „Voodoo Charm“ von seinem im Sommer erschienenen dritten Album „Hard Road“: Ingram reißt die Leute mit seiner tenoralen Blues-Stimme ebenso mit wie mit seinem unglaublich variablen Gitarrenspiel. 

In „Not gonna lie“ erzählt er von seiner Kindheit in Clarksdale, Heimatort einer ganzen Galerie von berühmten Bluesmusikern, von John Lee Hooker über Sam Cooke bis zu Junior Parker: Die Intensität, die energiegeladene Virtuosität sind ansteckend. Und ehrlich. Ingram setzt sich in dem Song auf seinem zweiten, mit Grammy ausgezeichnetem Album „662“ aus dem Jahr 2021 auch damit auseinander, ob man so einem jungen Typen wie ihm denn bestimmte typische Blues-Themen überhaupt abnehmen kann. Er habe anfangs viele Worte gesungen, zum Beispiel von verflossener Liebe: „I was too young at the time“, singt er da. Um dann fortzufahren: „Get ready for the truth. Music was my way out from poverty and crime. My guitar is what saved me. And I'm not gonna lie.“

Man hätte an diesem Abend gern noch mehr gehört und erfahren von Christone „Kingfish“ Ingram und dessen unglaublich variabler Musik. Doch er ist leider nur der letzte Act und fängt deutlich nach 22 Uhr sein Konzert an. Als Vorbands treten ab 20 Uhr erst mal der schottische Folk-Musiker Cammy Barnes mit Band und der deutsche Hartrocker Andreas Kümmert mit Combo auf die Forum-Bühne. Barnes und Kümmert spielen ihr je 50-minütiges Programm, mühen sich redlich, dem Terrassensaal ein wenig Stimmung einzuhauchen. 

Die geht freilich in den Umbaupausen gleich wieder flöten. Und man kann sich des Eindrucks einer gewissen Beliebigkeit bei der Zusammenstellung der Bands für den Abend nicht erwehren. Gab es wirklich keine Bluesmusiker, die bereit gewesen wären, vor Ingram aufzutreten? Dann hätte dieser Jazztage-Abend wenigstens ein einheitliches musikalisches Konzept gehabt. Oder noch besser: Man lässt Ingram einfach zwei Stunden früher auftreten, aber dafür eine halbe Stunde länger. Dann wäre der Konzertabend um 22 Uhr statt um 23.30 Uhr zu Ende gewesen und der Terrassensaal mitten in der Woche womöglich auch ein bisschen voller. Wunschdenken. In der Realität trollt man sich nach Ingrams allzu kurzem Auftritt aus dem Saal und geht mit Bedauern nach Hause.