Abo

LeverkusenEin erstes Stück der neuen Autobahn 1 wird freigegeben

5 min
Das bauwerk K32 von unten Die Autobahn GmbH gibt Teilstücke in Kreuz Leverkusen West frei, unter anderem die Verbindungsbrücke von der Autobahn 59 auf die A1 in Richtung Dortmund.

Blick von unten: alte Spuren (links) und neue laufen neben- und übereinander her. 

Der Autobahnbau in Rheinnähe schreitet voran, Leverkusen will sich mit einem Gutachten gegen den Ausbau wehren. 

Leverkusenern und Merkenichern gilt die Autobahnbaustelle als die Mutter aller Dauerbaustellen. Seit 2012, als die Schäden im Stahl der alten Leverkusener Brücke schneller entstanden als die Schweißer sie reparieren konnten, wird an der Autobahn gebaut; komplett fertig geworden ist Anfang 2024 der erste Brückenzwilling der neuen Leverkusener Doppelbrücke.

An diesem Wochenende gibt die Autobahn GmbH zwei Abschnitte auf Leverkusener Rheinseite im Autobahnkreuz Leverkusen West für die Autofahrer frei.

Leverkusen: Neue Autobahnteilstücke fertig

Das spektakulärere Bauwerk, das jetzt nach dreijähriger Bauzeit fertig geworden ist, ist eine Verbindungsbrücke von der Autobahn 59 auf die A1 im Kreuz Leverkusen West, die mit 746 Metern sogar länger ist, als die Leverkusener Brücke, die den Rhein überspannt, wie Ingenieur Karl-Heinz Lorbach stolz erwähnt. Bei der Autobahn GmbH heißt die Brücke „Kunstbau 32“ oder kurz K32, andere sagen Überflieger. Über die Brücke kann man ab sofort in einem sanften Schwung wieder ohne Umweg von der A59 auf die A1 in Richtung Dortmund wechseln. 20 Höhenmeter überwindet die Brücke; und, vorausgesetzt es ist kein Stau, kann sich bei der Überfahrt ein Gefühl einstellen wie im Flugzeug.

Autobahn GmbH Leverkusener Brücke Bild: Ralf Krieger

Pfeiler sind schon gesetzt: Der Zwilling der neuen Leverkusener Brücke ist im Bau.

Gleichzeitig mit dem Neubau muss der alte Überflieger abgebaut werden. Alles bei laufendem Verkehr auf der A1, wie der Ingenieur mit erhobenem Zeigefinger sagt, eine Herausforderung, denn das bedeute hohe Sicherheitsanforderungen. „Es ist nicht ohne, wenn den ganzen Tag die Lkw an uns vorbeidonnern“, sagt der Ingenieur Vitali Meier. Parallel zum Neubau müsse die alte K32 abgebrochen werden. Das Kreuz Leverkusen West wurde 1974 mit Fertigstellung der Autobahn 59 freigegeben. Die alten Verbindungen im Kreuz sind aus reinem Stahlbeton gegossen, mit ihnen sind jetzt die Betonsäger beschäftigt, die Einzelteile werden mit einem Kran heruntergehoben.

Die Autobahn GmbH gibt Teilstücke in Kreuz Leverkusen-West frei, unter anderem die Verbindungsbrücke von der Autobahn 59 auf die A1 in Richtung Dortmund.

Die spätere Breite der erweiterten Autobahn 1 ist jetzt schon zu erkennen: freigegeben wird an diesem Wochenende der Streifen rechts, die Brücke mit den Spuren links wird in den kommenden Jahren erneuert.

„Heute bauen wir wesentlich robuster“, verspricht Ingenieur Meier. Die Kombination aus Stahl-Hohlkästen unter der Fahrbahn aus Beton und Asphalt soll dauerhaft den Belastungen durch die schweren Lastwagen standhalten, die alten Brücken mit der Zeit schwere Schäden zufügen.

Das zweite Teilstück, das an diesem Wochenende freigegeben werden soll, ist ein Stück der neu gebauten Autobahn 1, die unter dem Überflieger K32 verläuft.

Der alte Überflieger aus beton wird parallel abgebaut.  Die Autobahn GmbH gibt Teilstücke in Kreuz Leverkusen-West frei, unter anderem die Verbindungsbrücke von der Autobahn 59 auf die A1 in Richtung Dortmund.

Der alte Überflieger aus Beton verschwindet.

Es ist ein erstes Stück der neuen breiten Autobahn 1, die in der Verlängerung des Kölner Rings bis zum Leverkusener Kreuz durchgehend auf acht Spuren erweitert werden soll. Zurzeit noch wird die Autobahn 1 in Leverkusen sechsspurig geführt, also drei Fahrstreifen in jede Richtung. Analog zur Leverkusener Brücke, die zurzeit einen baugleichen Zwilling bekommt, arbeitet die Autobahn GmbH auch in Leverkusen an der Verdoppelung der Breite.

Leverkusen will sich wehren

Die Hoffnung auf eine dann vielleicht immer flüssige Fahrt auf acht Spuren, erfreut vermutlich viele Auto- und Lkw-Fahrer. Nicht wenige Leverkusener, vor allem Wiesdorfer, sehen dem aber mit Grausen entgegen: Die Asphaltbahn, die mitten durch die Stadt gezogen werden soll, von der Rheinbrücke bis zum Leverkusener Kreuz, wird an den breitesten Stellen über 70 Meter breit, was breiter ist als die Hauptlandebahn des Frankfurter Flughafens. Auf über 700 Metern Länge, zwischen dem Wohngebiet Küppersteg und dem Bayer-Stadion, wird sie als Hochstraße geführt, auf Stelzen. Auch dieser Abschnitt soll aufs Doppelte verbreitert werden, wenn es nach dem Verkehrsministerium geht.

In Leverkusen hat dieses Zukunftsbauwerk deshalb den Namen „Megastelze“ bekommen. Die ist noch nicht genehmigt, dafür braucht es einen Planfeststellungsbeschluss, der für 2029 frühestens erwartet wird. Die „Stelze“ stammt aus den 1960er-Jahren, sie soll auch nicht mehr ewig halten.

Die Autobahn GmbH gibt Teilstücke in Kreuz Leverkusen-West frei, unter anderem die Verbindungsbrücke von der Autobahn 59 auf die A1 in Richtung Dortmund. Bild: Ralf Krieger

Viel Asphalt

In Leverkusen will man sich wehren. Die Einschätzung, dass die heutige Breite der A1 von sechs Spuren ausreichen würde und die Stauprobleme gelöst wären, wenn nur das Autobahnkreuz ausgebaut wird, diskutieren auch Fachleute.

Beim Widerstand will die Stadt einen neuen Weg beschreiten: Nicht eine Bürgerinitiative, sondern die Stadtverwaltung hat eine Studie ausgeschrieben, mit der erfasst werden soll, welche Folgen und Kosten durch den Autobahnausbau in Leverkusen entstehen. Durch die Baustelle werden die Wirtschaft und die Einwohner unter Sperrungen und Stau leiden, die gesundheitlichen Folgen für die Menschen und ökologische Verluste und die Auswirkungen aufs Stadtklima und Luftqualität sollen neben vielen anderen Aspekten, etwa Enteignungen von Anwohnern und der übermäßigen Beanspruchung der Infrastruktur, sollen sauber beziffert werden, um Argumente gegen den großen Ausbau zu bekommen. In diesen Tagen soll der Auftrag an eine von der Autobahn GmbH unabhängige Institution vergeben werden.

Auf die Freigaben am Wochenende wird das alles keinen Einfluss haben, diese Bauten sind, wie auch der Brückenzwilling seit langem genehmigt.


Der Umbau des Autobahnkreuzes Leverkusen West geht nahtlos weiter. Ab Samstagmittag, 13. Dezember bis voraussichtlich Mitte 2027 wird das nächste Verbindungsbauwerk gesperrt, das die A 1 aus Dortmund kommend mit der A 59 in Fahrtrichtung Düsseldorf verbindet. Eine Umleitung über Köln-Niehl ist ausgeschildert.


Chronik

Dezember 2012: Straßen NRW bekommt die Ermüdungsbrüche in der 1965 gebauten Rheinbrücke nicht unter Kontrolle und sperrt sie für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht. Die Überlastung rührt auch daher, dass der ehemalige Seitenstreifen als Fahrspuren genutzt wurde, über die dann jahrzehntelang schwere Lkw fuhren.

Dezember 2017: Der erste Spatenstich für den Neubau der neuen Leverkusener Brücke wird gesetzt.

2018: Der rechtsrheinische Rheinradweg, der unter der Brücke entlangführt, wird gesperrt. Seither ist der Radweg fast durchgehend unterbrochen.

Juli 2020: Die Brückenbaustelle ruht, weil die Autobahn GmbH den Vertrag mit dem Generalunternehmer Porr auflöst. Der Stahl neuer Brückenbauteile hatte Mängel.

Ende März 2021: Die Arbeiten gehen mit neuen Firmen weiter, der Stahl kommt jetzt aus Europa.

Februar 2024: Ungefähr gleichzeitig mit der Einweihung der ersten der beiden Brückenneubauten am 4. Februar 2024 beginnt der Abbruch der alten Brücke.

2027: In diesem Jahr soll die zweite Brücke fertig werden, zehn Jahre nach dem ersten Spatenstich. Damit ist der Autobahnbau aber längst nicht erledigt. Kommen alle Ausbauten, die das Bundesverkehrsministerium immer noch plant, könnte die letzte Baustelle für die Megastelze, das Leverkusener Kreuz und die A3 bis weit nach 2040 dauern.