Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

GroßeinsatzZwei Dutzend Verletzte in Gummersbach waren nur Teil einer Übung

3 min
Das Bild zeigt eine Szene von der Katastropenschutzübung in Gummersbach.

Der Eingang zur Dekontaminations-Strecke während der Übung am Samstagvormittag vor dem Kreiskrankenhaus in Gummersbach.

100 Einsatzkräfte überwiegend aus Marienheide, Wipperfürth und Gummersbach übten eine Szenerie, in der es auch um chemischen Kampfstoff ging.

Der Mann wirkt desorientiert und hilflos, als er auf die Einsatzkräfte zuwankt. Hustenkrämpfe schütteln seinen Körper, er ist aschfahl und kriegt kaum Luft. Doch Hilfe ist nah: Männer und Frauen, die in ihren orangefarbenen Schutzanzügen aussehen wie Astronauten, nehmen ihn am Eingang eines Zeltes in Empfang und bringen ihn rein – Oberbergs „Dekon-Einheit“ schreitet zur Tat und bereitet den Verletzten für die weitere medizinische Versorgung vor. 

Darsteller mimen 25 Verletzte

Samstagvormittag in der Kreisstadt: Auf dem Platz vor der Notfallambulanz des Gummersbacher Kreiskrankenhauses  fahren Krankentransporter vor; immer mehr. Auf Beobachter wirkt alles wie ein Großeinsatz, aber die Lage ist zum Glück nur gestellt. „Es ist eine gemeinsame Übung des Katastrophenschutzes des Oberbergischen Kreises und des Krankenhauses“, erklärt Matthias Kritzler vom Amt für Brand-, Zivil- und Katastrophenschutz des Oberbergischen Kreises. Mit seiner Kollegin Doreen Busch hat er die Lage ausgearbeitet.

Szenario: Eine „schmutzige Bombe“

Das fiktive Szenario, das allem zugrunde liegt, hat es in sich: „Am Busbahnhof in Overath ist eine schmutzige Bombe gezündet worden, Menschen wurden kontaminiert“, erklärt Kritzler. Freigesetzt wurde der chemische Kampfstoff S Lost, dessen Wirkung mit deutlicher Zeitverzögerung einsetzt. „Fünf Passanten aus Oberberg sind an der Dekontamination vorbeigegangen und nach Hause gefahren, weil sie dachten, sie hätten nichts.“ Leider falsch: Statistisch, so Kritzler, kontaminiert jeder Betroffene fünf weitere Personen im eigenen Umfeld. „Wir werden dem Krankenhaus heute also 25 Verletzte in verschiedenen Verletzungskategorien zuführen“  – von Lebensgefahr bis leichtverletzt ist alles dabei.

Bevor die Patientinnen und Patienten ins Krankenhaus können, müssen sie dekontaminiert werden. Das geschieht in zwei Zelten und dem Abrollbehälter „Dekon V“. 25 Verletzte können pro Stunde durch diese mobile Dekon-Strecke geschleust werden. Dort werden sie zunächst von Medizinern in Augenschein genommen, dann tatsächlich entkleidet (weshalb sie drunter Badebekleidung tragen), teils gar aus ihren Klamotten geschnitten, und dann per warmer Dusche dekontaminiert.

Durch eine Fahrzeughalle und die Notaufnahme geht es für die Verletztendarsteller in die Triage, erklärt Dr. Timo Puschkarsky, Chefarzt der Klinik für Akute Notfallmedizin. Dort werden sie als Patienten aufgenommen und ärztlich gesichtet. Und dann geht auch dort alles einen Gang, gemäß Alarm- und Einsatzplanung für einen Massenanfall von Verletzten. Für manch echten stationären Krankenhauspatienten, der nicht bettlägerig ist, ist das samstägliche Spektakel übrigens willkommene Abwechslung. Von vielen Fenstern aus hat man einen guten Blick aufs Geschehen.

Ein laut Übungs-Drehbuch mit S Lost kontaminierter Patient (rechts) wird versorgt.

Ein laut Übungs-Drehbuch mit S Lost kontaminierter Patient (rechts), in Wirklichkeit ein Verletzten-Darsteller, wird versorgt.

Die 100 teilnehmenden Dekontaminations-Experten sind Feuerwehr-Kräfte aus Gummersbach, Marienheide und Wipperfürth. Unter der Einsatzleitung von Gummersbachs stellvertretendem Wehrführer Lars Homuth zeigen sie heute, was sie zu leisten im Stande sind. Eingeweiht war vorher niemand, auch Homuth nicht. Es war nur bekannt, dass es eine Übung gibt, erklärt Kritzler, aber wo und was auf der Tagesordnung steht, das hatten die Ausrichter bis zur Alarmierung unter Verschluss gehalten.

Kleinigkeiten fallen auf, die man dann vielleicht mit wenig Aufwand planerisch ändern kann und die in einer Real-Lage den Einsatz vereinfachen.
Matthias Kritzler, Oberbergischer Kreis

Die Übung, so Mattias Kritzler, sei auch dafür da, das Zusammenspiel zwischen Feuerwehr, Katastrophenschutz und dem Krankenhaus  zu verbessern: „Kleinigkeiten fallen auf, die man dann vielleicht mit wenig Aufwand planerisch ändern kann und die in einer Real-Lage den Einsatz vereinfachen.“

Eingebunden in die Übung am Samstag war auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das die Teilnehmer versorgt und auch Verletztendarsteller stellt. Weitere „Kontaminierte“ kommen aus Reihen der Agewis, Bundeswehr-Reservisten und Feuerwehr. Genau hingeschaut, wie alles klappt, haben nicht nur die Übungsleiter. Auch Beobachter vom oberbergischen Rettungsdienst, aus dem Rheinisch-Bergischen und aus Leverkusen waren vor Ort.

Jetzt folgen Manöverkritik und Nachbearbeitung.